7. Sitzung am 20. November 1912. Referate und kasuistische Mitteilungen. Prof. Freud: Zwei Frauenschicksale 1912-526/1912
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    7. Sitzung
    am 20. November 1912.
     


    Referats und kasuistische Mittheilungen


    Prof. Freud: Zwei Frauenschicksale.

    Die Krankengeschichte der Exkönigin Charlotte von Mexiko, die
    derzeit in Sterben liegt, enthält ein für uns interessantes Problem.
    Sie litt an Vergiftungswahn, der ausbrach, als ihr Gemahl ermordet wur-
    de. Ihren ersten Anfall hatte sie in der Unterredung mit Napoleon.
    Sicher fühlte sie sich nur beim Papst. Auch in einem Waisenhaus in
    der Nähe Roms scheint diese der Fall gewesen zu sein, da sie dort ei-
    nen Knochen aus einem Topf heisser Suppe zog und zu benagen begann.
    Das Schicksal allein kann es nicht gewesen sein, was ihre Erkran-
    kung verursachte, denn wir sehen an dem gewiss ebenso schweren Schick-
    sal der Eugenie von Frankreich, die nach dem Sturze ihres Gemahls
    flüchten musste und der später der Sohn in Afrika erschlagen wur-
    de, dass sie gesund blieb.

    Versuchen wir also in erstem Falle die geheimen Motive hinter
    den Symptomen zu erraten, so entspräche der Vergiftungswahn dem Wunsch
    ein Kind zu bekommen, resp. der Abwehr dieses Wunsches. Nun ist es auch
    erotischer Quelle zu erfahren, dass ihr Mann absolut impotent war und
    nie den Koitus versuchte. Darum hat sie, gleich der Lady Macbeth, alls
    ihre Energie auf ehrgeizige Pläne geworfen und ihr Schicksal wollte
    es, dass sie gerade dort gescheitert ist. Dass sie sich beim Papst
    und in der Kinderrube, wo die Verauchungsgefahr nicht besteht, sicher
    fühlt ist dann begreiflich.

    Auch erwähnt man den Wahn einer paranoischen Frau, die sich
    vorstellt, als wäre sie vergiftet. Sie ist seit zwei unber-
    wachsene Kinder, lebt aber seit Jahren ohne Sexualverkehr
    mit ihrem eunuchen. Sie beobachten, wenn sie sie bei der
    Toilette verrichten, nicht, was man von anfangs an nur mit
    grösster Zurückhaltung hingeben hatte. Ihr Wahn erweist sich
    als eine Verdrängung des Sexualtriebes. Denn sie will er
    stärker Stillen, gescheitert habe. Ihre Eifersucht auf die
    weiblichen Hauswesen, die ihr dann infolge ihrer Krankheit
    zugefügt werden müssen, ist bei der Kontrolle wurzeln, wiebri-
    gens auch ihre Apathie ist beim Volke.

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    Ferenczi bemerkt, dass die an Stelle des Kindes vorgeschobene
    Aetiologie noch richtiger auch in der feministischen Be-
    wegung eine Rolle spielt.

    Hitschmann: Goethes-ein Vatersymbol.

    Drei Träume von verschiedenen Personen, mit oedipusartigem Ein-
    schlag, in denen sich Goethe als Symbol des Vaters erweist.

    Weiss meint, es wäre interessant, Näheres über die Person
    des Vaters zu erfahren, die dem unbezeichnete Ein-
    stellung der weiblichen Verwandten mit Goethes in der
    selben Bedeutung sei. Auch bei Frauen verrate Goethes-ver-
    ehrung ein Stück Vaterkomplex.
    Hitschmann: Die inzestuösen der Träumer die Inzuffiziens des
    Vaters können gelegt habe und nun das Höchste was er
    kennen mag, d.i. Goethes-sei. Die innereinzestuöse Beziehung
    wobei auf einer gewisse Culturhöhe das einzelnnen sich
    ein idealer Ersatz für die Kaiser symbol einstellt
    Ferenczi meint, dass wir die der Tatsache der(Vaterwiss)
    nichts über die Symbolwahl erfahren wurden, im sowohl die
    inzeftuöse als auch die negative Einstellung zugrunde
    liegen könne.

    Reitler: Ein Beitrag zur Sexualsymbolik des Auges.

    Es handelt sich um eine obsessive Holafügur, die bei entsprechender
    Druck einen erigierten Penis zeigt. Auffallend sei, dass sie an der Sti-
    ne ein drittes (zyklopisches) Auge trage. Der Verfertiger der Figur, ein
    einfacher Bauer im Salzkammergut, gibt auf Befragen an, das Auge beden-
    te, dass dahinter eine Schweinerei verborgen sei. Leute, die keine Kin-
    der mehr zeugen können, denne den übrige blind (hinsichtlich des heis-
    sen Blendlings).

    Markus verweist auf dem Okkulieren,
    Ferenczi auf die Entstehung der Augensymbolik auf Grund der
    Berührungsphobie des Augenlides.
    Prof. Freud mit dem allgemeinen Hinweis bestätigt, dass sich
    bei und die Symbolbildung überhaupt über den Bewegungs-
    eindruck verständige. Er aber wisse, dass die Masse des Kli-
    nes Mannes, der seine Gastration seitsdem dargestellt. Von der
    Console früh durch die Gastrationsdrohung abgeschreckt, hat
    er bereits die Sektionen seiner Patienten bis an sein Leben
    führ zu vermeiden; er weigert sich unbedenklich und erst als
    ihm mit Pleidigung gedroht wird, gibt er nach.

    Rosenstein: Ueber Periodizität in Träumen.

    An Hand einiger Beispiele wird die Zurückführung auffälliger
    Traumelemente auf die Fliess-Swohoda'schen Perioden (resp.deren Viel-
    feche) demonstriert, allerdings auch nicht veräumt darauf hinzuweisen,
    dass in vielen Fällen für die betreffenden Elemente auch die
    Veranlassungen am Vortage nachweisen lassen. Dies genüge aber nicht
    immer; oft bleiben Reste, die Vortr.mit der Periodenfälligkeit ausfül-
    len zu können glaubt. Ein Widerspruch zwischen der Periodenlehre und

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    der Freudschen Traumdeutung könne darin nicht gefunden werden; es han
    le sich lediglich um eine neue Art der Ueberdeterminierung.

    Dattner kann die Auffassung Rosensteins aus eigener Erfahrung
    bestätigen.
    Prof. Freud findet auch keine prinzipielle Schwierigkeit
    im Gebrauch der in der Periodenlehre begründeten Tatsache.
    aber nie klar gewesen, ob es sich um manifeste oder latente
    Elemente handelte. Die eigene Erfahrung hatte ihn gelehrt,
    dass sich hier die Perioden aufteilen regelmässig auch
    der aktuelle Anlass vom Vortage nachweisen lasse, dass sich
    jedoch nicht oft auf die betreffenden Elemente einschränken
    lassen. Da eine Entscheidung in dieser Frage müsste man na-
    türlich auch diese negativen Fälle heranziehen.
    Prof. Freud meint, dass die Periodenlehre auch um die wirk-
    liche Periode des Weibes gehandelt, die offenbart bei diesen
    Frauen auch unbewusst werden könne, da dann die Perioden
    mit der Periodizität des Seelenlebens zusammenfallen würde.
    Ferenczi weist auf die Grundbedingung aller derartigen Ex-
    perimente, nämlich die gänzliche Unbekanntheit des Träumers
    mit der Perioden lehre hin.

    Federn: Verdrängung bei einem visuellen Menschen.

    Bei einem Menschen, der mehr unterrichtet als behandelt wurde,
    stellt sich die Erinnerung an wichtigste verdrängte Kindererlebnisse
    auf dem Wege der stückweise ins Bewusstsein tretenden visuellen
    Szenerie dieser Erlebnisse (der Kindheitwohnung) ein; dabei kommen be-
    wegte Teile früher ins Gedächtnis als unbewegte, glänzende früher als
    matte. Der Teil des Zimmers, wo die soeben Erlebnisse waren, ganz zu-
    letzt.

    Hitschmann weist darauf hin, dass häufig Träume in der Loka-
    lität der pathogenen Träumen spielen.
    Tausk hält es für typisch, dass nur mehr gefunden: das ef-
    fektgesetzte kommt zuerst zum Vorschein.
    Tausk weist auf die allgemeingültigkeit dieser Erfahrung
    hin. Die Frage: Stück für Stück werde ein Geschehen, d.h.
    ist das nächste, von dem er allerdings gleich wieder abzu-
    kommen sucht.

    Tausk eine Traumdeutung.

    bei der in einem Worte der ganze Schicksal der Person zusammenge
    fasst ist und bei der Assoziation sich abwickelt.

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