• S.

    PROF. DR. FREUD    WIEN IX., BERGGASSE 19

    10.V.1927.

    Lieber Herr Doktor!

    Ich hatte mir diesmal vorgenommen, die 
    völlige Ignorierung des so sehr ungeraden 
    71. bei allen Freunden durchzusetzen und mit 
    dieser Politik bis zum 75. fortzufahren. Ein 
    Mittel zur Verwirklichung dieser Absicht schien 
    mir nun, dass ich auf die gegen meinen Wunsch 
    eingetroffenen Glückwünsche nicht antworte. 
    Bei Ihnen aber muss ich wohl eine Ausnahme ma-
    chen, denn Sie fügen den herzlichen Worten 
    Ihres Wunsches die Mitteilung Ihrer neuen Pläne 
    an, die meinerseits den Wunsch hervorrufen 
    müssen, dass sie sich alle und zu Ihrer Zu-
    friedenheit verwirklichen.  Und wenn auch nicht 
    alle Blütenträume reifen, so doch manche und 
    es wird eine gute Ernte geben.

    Ihre Absicht, mir das nächste Heft der 
    Zeitschrift für psychoanalytische Pädagogik 
    zu widmen, nehme ich erfreut zur Kenntnis,

  • S.

    bedauere nur, dass das junge, brave Organ gegen-
    wärtig eines unserer Sorgenkinder ist. Ich 
    habe seine Uebernahme in unseren Verlag warm 
    befürwortet, aber die Entscheidung liegt nicht 
    bei mir.  Der bevorstehende Abgang von Storfer 
    macht eine Neugestaltung des Verlags notwendig 
    und Dr. Eitingon meint, gewiss mit Recht, dass 
    wir nichts übernehmen können, ehe die Zukunft 
    des Verlags nicht definitiv geregelt ist.  

    Hoffen wir, dass alles noch gut ausgeht.

    Mit herzlichem Dank und Grüssen 
    Ihr
    Freud