Protokoll der 8. Sitzung am 13. Dezember 1911. Dr. Hanns Sachs: Ueber Naturgefühl 1911-532/1911
  • S.


    P R O T O K O L L
    der
    S I T Z U N G
    am 13.Dezember 1911.


    Dr.Hanns Sachs:

    Ueber Naturgefuhl.

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    In Anwendung der zwei Prinzipien des Seelischen Geschehens
    auf das Verhältnis des Menschen zu seiner Umgebung gelangt man zu
    einer doppelten Konsequenz:sucht der Mensch die Natur zu beherr-
    schen (Realitätsprinzip),z.Lust aus ihr zu ziehen (Lustprinzip),was
    wir eben Naturgefühl nennen(Die Naturwissenschaft nimmt eine Mittel
    stellung zwischen beiden ein).Als eine Vorstufe der künstlerischen
    Wiedergabe der Natur gehört das Naturgefühl in die Aesthetik,ist
    aber der Untersuchung wegen des Wegfalls der individuellen und spe-
    zifisch künstlerischen Momente leichter zugänglich.

    Als "Eispiele zeitlich weit entfernter,klar umschriebener und
    allgemein bekannter Typen an verschiedenen Zeitaltern wechseln
    den "aturgefühls wird das frühgriechische es in den homerischen
    Epen gekennzeichnet ist(Stelle aus der Odyssee,V.63) und das mo-
    derne,wie es etwa durch die Namen Rousseau,Goethe,Eichendorff,Böck-
    lin gekennzeichnet ist(Stelle aus "Werther")angeführt.-Der Hauptun-
    terschied liegt darin,dass die Wertherstelle ausserordentlich ge-
    fühlsbetont ist,während in der Homerstelle das Gefühl gänzlich man-
    gelt.Bei Griechen äussert sich eben das Naturgefühl in der Bildung
    der Göttergestalten,also nicht durch Schilderung sondern durch
    Personifikation.Zur Erklärung dieser Tatsache zieht der Vortr.die
    Erklärung heran,dass der sozial werdende Mensch sich die notwendi-
    ge Verdrängung des Autoerotismus in einem Zustand sexueller Span-
    nung versetzt wird und zur Entladung derselben alle von ihr ausge-
    henden Besetzungen sexualisiert:die angenehmen direkt,die unangeneh-
    men über die Angst,was durch den ambivalenten Charakter der Sexual-
    triebe möglich ist.Die Personifikation ist der Mechanismus,durch
    den sich diese Sexualisierung in Erscheinung setzt und die Wieder-
    kehr des verdrängten Autoerotismus zeigt sich darin,dass jede Perso-
    nifikation urgründlich nichts als eine Projektion des Ich in die
    Natur ist.Doch bleibt es nicht bei dieser Projektion,bald tritt der
    Oedipuskomplex hinzu und entsprechend dieser Verdrängung bekommt
    die Gestalt neue Züge,von denen immer der einer den anderen überla-
    gert,eine Untersuchung,die bereits in das Gebiet der Mythologie
    fällt.Die "atureignisse sind bei diesen weiteren Ausgestaltungen
     

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    der Personifikationen nur das auswählende und formgebende nicht das
    eigentlich bildende Moment.Der Vortr.gelangt auf Grund dieser Aus
    führungen zu folgenden Ergebnissen:


    1.Das N.G.ist ein Ausdrucksmittel verdrängten Trieblebens,ins
    besondere des autoerotischen.


    2.Es ist das Ergebnis der Sexualisierung des Verhältnisses zur
    Aussenwelt,die teils direkt,teils auf dem Umweg des Angstme-
    chanismus erfolgte;


    3.Diese Sexualisierung fand ihren Ausdruck in der Personifika
    tion der nun libidobesetzten Natureindrücke;


    4.Bei dieser Personifikation diente die Denkvereinfachung,die
    darin liegt,die Aussenwelt dem Innenleben (primäres Beobachtungs
    objekt)analog darzustellen als Vorlustprämie;


    5.Die Personifikation selbst ist eine Projektion des als direk
    tes Lustobjekt verbotenen Ich in die Aussenwelt,also die Rück
    kehr des verdrängten Autoerotismus in der Verdrängung.


    6.Diese so geschaffene Ersetzlichkeit wurde zur Darstellung
    von Phantasien benutzt je nach Fortschritt des Verdrängungsvor
    ganges und nach Eignung der betreffenden Naturphänomene.
    Diese Rückkehr zur Autoerotik mittels des Projektionsmechanismus
    und der damit verbundenen,besonders für die Mythologie charakteristi
    schen Abspaltungen des Ich,erinnert an die gleichen Vorgänge bei der
    Paraphrenie (Dem.Praeco.),die auf diese Art eine intensiv übertriebene
    Rückkehr zu einem Zustand wäre,der einmal in der Entwicklung der
    Menschheit notwendig und wesentlich war,also sich als Folge einer
    Regression darstellt.

    Zum modernen Naturgefühl übergehend wird als Gegensatz zur anti
    ken Hochschätzung des Objektes die Uneingeschränktheit in der Wahl
    desselben hervorgehoben (Naturalismus)Ferner betont die Moderne das
    Gefühl selbst sehr stark,während die Antike darauf keinen Wert legte.
    Das steht in direktem Gegensatze zu dem,was Freud in der Sexualtheo
    rie von der Stellung des antiken und modernen Menschen zum Sexual
    trieb gesagt hat:es ist eben die Ergänzung dazu:da eine ersetzt das
    andere.Freud hat einen Verdrängungsvorgang geschildert,seine "irkun
    gen sehen wir im Naturgefühl.Das moderne N.G.ist der Ausdruck einer

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    sehr weit fortgeschrittenen Verdrängung,die vollkommen auf die Per
    sonifikation verzichten muss infolge der vorherrschenden Geltung
    des Realitätsprinzips.Wir müssen unsere Affekte direkt in die Na
    tur hinausprojizieren,wo sie uns assoziative Anknüpfungen bietet:
    wir nennen das Stimmung.Ein weiterer Unterschied liegt darin,dass
    die Antike an die Realität ihrer Projektionen glauben konnte,wäh
    rend uns die Selbstkritik nie zu einer vollkommenen Befriedigung
    gelangen lässt.So ist der ehe mals sozial wichtige Mechanismus
    heute nur noch in spielerischer Wirkung tätig.
    (Im Verlaufe seiner Ausführungen hat der Vortr.einen kleinen
    Exkurs in die Metaphysik unternommen um seine Auffassung von der
    Gleichsetzung der ambivalenten und der sexuellen Triebe zu stützen.
    Von einem metaphysischen Standpunkte aus scheinfein das Sexualtrieb
    denn der Sexualtrieb für die Erhaltung des Individuums die Bedeutung
    haben,dass seine latente Ambivalenz eine vollkommene Befriedigung
    des "Willens",als dessen Objektivation der Mensch im Sinne Schopen
    hauers aufzufassen sei,verhindere.)


    D I S K U S S I O N

    Reik teilt zu "eweise wie sich dieser psychische Mechanismus in
    den Träumen spiegle.einen in Hauptmanns Griech.Frühling enthaltenen
    Traum mit.

    Ranck findet im eigentlichen Inhalt des Vortr.bedeutsam und wert
    volle Aufklärungen,findet aber den ersten Teil,der die Grundlagen
    enthält,terminologisch und psychologisch unzureichend.So könne nach
    seiner Auffassung die Ambivalenz nicht im Affekte gelegen sein,der
    als eine ausgesprochene Stellungnahme zu einem bestimmten Objekt
    mit Rücksicht auf ein bestimmtes Ziel erschiene:Eie sei nicht klar
    worauf sich die Ambivalenz beziehe.Ebenso seien andere "inge zu seh
    als Voraussetzung hereingebracht.Der homo sapiens beginne nicht
    erst dort,wo das Individuum auf Lust verzichten kann,sondern schon
    dort,wo er sich gegen nicht immanente Gefahren zu schützen sucht.
    Die Aufstellung,dass der Mensch zuerst autoerotisch sei und dann
    zur Alsexualität übergehe,widerspreche der Fänckschen Auffassung
    von der ursprünglichen Alsexualität.Die Autoerotik gelte für den
     

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    primitiven Menschen vielleicht nur in dem Sinne,wie wir mit einem
    uns aus der späteren Zeit geläufigen Ausdruck von einer Säuglings
    onie sprechen.

    Sachs entgegnet die meisten Einwendungen beruhen auf Missverständnis
    sen,die oft nur sprachliche seien wie die Gleichsetzung von Affekt
    und Trieb.Mit der Autoerotik meine er dasselbe,was mit der Allsexua
    lität gemeint sei:diese Gleichstellung bestehe so lange zu Recht als
    die Aussenwelt nicht Subjekt sondern Objekt ist.Die Sicherung vor
    nicht drohenden Gefahren habe er in der Menschwerdung hervorgehoben.
    Im ganzen habe er auf den allgemeinen psa.Voraussetzungensgut,die
    gewiss im Detail noch zu klären sein werden.

    Prof.Freud betont,dass der Vortr.eigentlich die Entstehung der ani
    mistischen Weltanschauung erklärt habe,die sich bei den Naturvöl
    kern in gleicher Weise wie bei Homer als Vorläufer der religiösen
    und späteren naturwissenschaftlichen Weltanschauung finde.Bur wäre
    statt des Autoerotismus der Terminus Narzissmus einzuführen.Von
    Autoerotismus sprechen wir insofern als einzelne Triebkomponenten
    ihre Befriedigung an der eigenen Person finden.Der Narzissmus dage
    gen verdiene als eine Stufe besondere Hervorhebung,auf der schon
    die Zusammenfassung der Partialtriebe gelungen ist und nicht mehr
    die einzelnen Organe,sondern das ganze Ich das Objekt des Triebes
    wird.Die Alten haben die animistische Anschauung und wenig ästhe
    tisches Naturgefühl.Sachs hat darauf hingewiesen,dass mit dem Unter
    gang des Animismus die Aesthetik,das Naturgefühl,beginnt.Erst mit
    der Entgötterung der Welt tritt das Naturgefühl allmählich auf,also
    mit der Abziehung der Libido von den früheren Objekten.Dieser Vor
    gang wird uns verständlich auf Grund seiner Parallele bei der Dem.
    prae.,die drei Reihen von Phänomenen biete:1.das Phänomen der Libido
    entziehung(manchmal nur dieses),2.das Phänomen der Wiederkehr der
    Libido,die eigentliche Krankheit,die wir als aussichtslos Heilungs
    versuch auffassen müssen,und 3.die Phänomene des Kampfes zwischen di
    sen beiden Vorgängen.Diese sekundäre Lididobesetzung(Stadium der
    Hysterisierung),die bei der Demenz als Affektation auftritt,kennen
    wir am Naturgefühl als Sentimentalität,die das moderne,auf dem Wege
    der sekundären Libidobesetzung entstandene Naturgefühl von dem pri
    mitiven und primären unterscheidet.

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    Auch die Idee des Vortr.,dass der Animismus mit dem Sozialwer
    den des Menschen beginne,lässt sich von anderer Seite her stützen.
    Die Neurosen sind Produktionen,von derselben Art wie das Wertvollste
    was wir haben.Der Unterschied liegt nur darin,ob diese Produktionen
    rein individuelle sind,oder ob sie die Menschheit als ganzes mit eh
    also in der sozialen oder asozialen Schöpfung.So ist jede Hysterie
    die individualisierte Lyrik.Jede Religion eine universelle Zwangs
    neurose und jede Philosophie eine Paranoia.-Wenn es aber das Zurück
    treten des sozialen Faktors ist,was die hochwertigen Erscheinungen
    zu den Neurosen erniedrigt,so muss wohl ein anderer Faktor die Ober
    hand haben:nämlich der sexuelle.Aehnlich müssen wir uns auch die
    Fiktion des primitiven asozialen Menschen vom Narzissmus beherrscht
    denken:mit dem sozial werden kommt er zu einer Art Objektliebe und
    wird auch in Bezug auf die Welt Animist.

    Was die psychologischen Voraussetzungen betreffe,so liege im
    Wesen der Psa.von keinerlei Voraussetzungen über Trieb,Affekt etc.
    auszugehen.Die Psa.macht den umgekehrten Weg,indem sie über das Ver
    ständnis der einzelnen Erscheinung zur Klärung der letzten Grund
    lagen zu gelangen sucht.Auch die Annahmen des Vortr.über das Trieb
    leben erscheinen nicht durchwegs im Material gerechtfertigt.So sei
    die Berechtigung für eine Gleichsetzung der ambivalenten und sexuel
    len Triebe zweifelhaft,ebenso ob die Ambivalenz ein ursprünglicher
    Charakter der Sexualtriebe sei.Dass der Sexualtrieb die Fähigkeit
    habe,nicht restlos zu befriedigen,sei unzweifelhaft,aber wohl einer
    anderen Erklärung fähig,die auf seine Ablösung vom Tier hinweise.
    Diese Eigentümlichkeit enthält nämlich die Möglichkeit unserer gan
    zen Kulturentwicklung,weil sie die Grundlage der Sublimierung ist.
    In der Frage der Ambivalenz ist besonders vor naheliegenden und rech
    gefährlichen Schlüssen zu warnen,wie etwa ihre Zurückführung auf die
    Tatsache der beiden Geschlechter etc.

    Vielleicht wäre in diesem Zusammenhang eine Analogie zwi
    schen der Aesthetik und der Kunstübung herzustellen,die ja auch zu
    den sekundären psychischen Leistungen gehört.Die Kunst,die früher
    die höchsten und deutlichsten Tendenzen hatte ist tendenziös gewor
    den ("art pour l'art").Dasselbe ist mit der Aesthetik der Fall,die
    auch eine sekundäre psychische Leistung ist,die erst möglich wird,

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    nachdem etwas vor ihr untergegangen ist,nämlich die animistische
    Weltanschauung.So scheint es nichts in unserer Mitte zu geben,was
    der Erklärung fähig wäre,ohne dass wir auf die ganze Vorgeschichte
    zurückgreifen.

    Sachs möchte in dem vielen und Überwältigenden Neuen nur wenig berüh
    ren.An das Verhältnis zum Narzissmus habe er wohl gedacht,es aber
    nicht so scharf zu fassen vermocht.-Bei der Entstehung des
    Animismus müssen die einzelnen Vorgänge der Libidoentziehung und
    Wiederbesetzung zeitlich wohl nicht streng geschieden sein.Dass sie
    die neurotische Leistung von der kulturell hochwertigeren durch
    das mangelnde soziale Element unterscheide,habe er gelegentlich
    der Besprechung des Spitzschen Buches über Wortneu bildungen am
    Zentralblatt ausgeführt und dort auch folgende Reihe aufgestellt:
    Traum - Kunst,Fehlleistung - Witz,Zwangsneurose - Religion.Uebri-
    gens habe Prof.Freud diesen Gesichtspunkt vor einigen Jahren be
    reits in der Vorlesung betont.

    Tausk möchte die Priorität des Gedankens,dass der Sexualtrieb nicht
    imstande sei ganz zu befriedigen,für sich in Anspruch nehmen,so weit
    sie nicht Prof.Freud für sich in Anspruch nehme.Der Kampf zwischen
    dem Ich und dem Sozialen geht daraus hervor,dass in jedem unserer
    beiden Grundtriebe zwei einander widersprechende und unvereinbare
    Tendenzen liegen,die der Arterhaltung untergeordnet sind.Dass also
    der Fresstrieb,der primär dem Individuum und sekundär der Arterhal
    tung dient,ebenso zu Konflikten führen kann wie der Sexual trieb,der
    primär der Arterhaltung und sekundär dem Individuum dient.

    Die von Prof.Freud ausgegangene Warnung vor dem Hereinbringen
    psychologischer Voraussetzungen kann sich nicht auf alle Stücke be
    ziehen,weil sie uns sonst lahmlegen würde.

    Federn erwähnt,dass Prof.Freud gelegenblich einer Diskussion
    über die Freundschaft als Quelle derselben auf den Autoerotismus
    hingewiesen(alter ego) und die Tatsache,dass die Freundschaft bei den
    Griechen eine so grosse Rolle spielte,gewähre vielleicht im Rahmen
    der heutigen Ausführungen dadurch an Bedeutung.

    Zur Erklärung des Animismus scheine der Narzissmus nicht auszu
    reichen,sondern wir müssen dazu auf die Träume zurückgehen,die ja
    auch dramatisieren,weil eben die primitive Psyche nicht anders vor

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    gehen kann,als dass sie alles,was durch sie hindurch geht,lebendig
    zu gestalten sucht.Der Primitive macht den umgekehrten Weg:er denkt
    symbolisch und setzt das dann gleich einem psychischen Vorgang.Der
    Animismus ist also durch die notwendige primitive Denkart der Psyche
    entstanden und wurde dann nur vom Autoerotismus besetzt.-Aus einzel
    nen neurotischen Fällen,die nach der Analyse erst zu einem Natur-
    empfinden kamen,erwies sich,dass gerade die mangelnde Sublimierung
    des Autoerotismus die Entstehung des Naturgefühls verhindert hatte,
    dass also die psychische Anästhesie soweit sie sich auf die Natur
    erstreckt eine Entwicklungsstörung des sonst sublimierten Autoerotis
    mus ist.-Das Naturgefühl recht normaler Menschen scheint dagegen
    heterosexuell zu sein und wird in der Betrachtung der Natur
    als Staffage der sexuellen Erlebnisse nichts Sentimentales auf.

    Reik erwähnt zu den Freudschen Ausführungen über die Kunstübung
    und ihre Beziehung auf die Tendenz der Kunst("l'art pour l'art)ein
    Buch,das diesen Gedanken sehr nahe stehe:Guyau:Les Problemes aesthe
    tique.

    Rank muss sich unter dem hier gebrauchten Begriff der Ambivalenz
    nur die Fähigkeit zur Triebverdrängung vorstellen,wie er dies auch in
    der Trieblehre durchzuführen versuchte.

    Die alltägliche Beobachtung zeige uns schon die zwei vom Vortr.
    als kulturhistorisch bedeutsam geschilderte Typen des Naturempfindens
    in den Menschen,welche die Natur nur allein geniessen können und in
    denen,die erst mit einem geliebten Objekt und durch dasselbe hindurch
    zum Naturgefühl kommen.

    Sachs möchte den Einwand bezüglich der Ambivalenz mit dem Hinweis er
    ledigen,dass die Ambivalenz als "edingung der Verdrängung zu gelten
    habe.-Die beiden Typen möchte er so fassen,dass nur der allein im Ge
    nuss der Natur schwelgende das echte,auch zur künstlerischen Gestal
    tung führende Naturgefühl habe,während sie dem andern meist mittel
    zum Zwecke sei.

    Prof.Freud empfiehlt bei der Ambivalenz auf folgende Punkte Rück
    sicht zu nehmen:die Verdrängung ist ein Spezialfall,neben dem wir
     

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    noch andere Triebschicksale unterscheiden können:Die Abwehrvorgänge
    (die ursprünglich die Verdrängung eingeleitet haben)/die Triebver
    wandlung(Trie bumskehrung),die verwandlung eines Triebes aus der Akti
    vität in die Passivität,die Wendung des Triebes gegen die eigene Per
    son.-Ambivalent heisst man Triebe,die eine Verwandlung aus dem
    Aktiven ins Passive zeigen./
    Friedjung möchte zu bedenken geben,dass wahrscheinlich Goethe und
    Homer einander so nahe stehen,wie der einfache griechische Landmann
    unserem heutigen urwüchsigen Bauern,die beide kein Naturgefühl zei
    gen,und darin den infantilen Standpunkt beibehalten haben.Das Natur
    empfinden ist ein sekundäres Produkt des Kulturmenschen sowohl im
    Altertum als in der Moderne,das einen starken Verdrängungsprozess
    voraussetzt.Solange der Mensch auf dem Standpunkt der Rankschen All
    sexualität steht,hat er kein Naturempfinden.Erst auf einer späteren
    Stufe,wo er sich auf sich zurückzieht und sich mit allem identifi
    ziert,entwickelt sich das aesthetische Anschauen der Natur.

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