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Zur psychoanalytischen Bewegung.
In Memoriam Johan Stärcke.
Am 17. Mai machte ein plötzlicher Tod dem arbeitsamen Leben einen
der eifrigsten Schüler Freuds, des holländischen Arztes **Johan Stärcke**
in seinem 35. Lebensjahre ein Ende. Zwar hatte sein Aussehen in der letzten
Zeit Grund zu Besorgnis gegeben, aber, daß ein schweres Leiden ihn so un-
erwarteterweise wegraffen würde, konnte niemand vermuten. Bis zuletzt war
er derselbe tüchtige, muntere Mensch, den wir immer gekannt hatten.
Die noch so junge Niederländische Vereinigung für Psychoanalyse ver-
liert in ihm ihren fleißigen, unermüdlichen Schriftführer und eines ihrer
treuesten Mitglieder. Seitdem Stärcke sich für die Psychoanalyse zu inter-
essieren begann, hat er nicht aufgehört, seine Überzeugung durch (original-
arbeiten,$\text{^1}$) durch Übersetzungen$\text{^2}$) und durch Vorträge auszuprechen. In
seiner allgemeinen Praxis fehlte ihm die Gelegenheit, sich spezifisch psycho-
analytische Erfahrung zu erwerben, um so mehr bewunderungswert war seine
tiefe Einsicht in die Bedeutung der neuen Wissenschaft. Seinen feinen und
geistreichen Bemerkungen während der Diskussionen, nicht weniger wie seine
persönlichen Eigenschaften machten ihn zu einem gern gesehenen Teilnehmer
an den Sitzungen.
Nur ganz vereinzelte, in Druck erschienene literarische Arbeiten legen
Zeugnis ab von der künstlerischen Begabung Stärckes, aber wir wissen, daß
noch vieles der Veröffentlichung harrte und daß einer unserer größten Schrift-
steller und Kritiker sich gern bereit erklärt hatte, dem seiner Zeit ein Be-
gleitwort mitzugeben.
Die große Schar von Patienten, die sich um seine letzte Ruhestätte
versammelt, durfte als Beweis dafür gelten, wie sehr Stärcke sich beliebt zu
machen verstanden hatte. An der offenen Gruft wurde in mehreren Reden
seiner liebenswürdigen Eigenschaften und seines Interesses für das allgemeine
Wohl gedacht.
Dr. A. W. van Renterghem, Vorsitzender der Niederländischen Ver-
einigung für Psychoanalyse, öffnete die Reihe der Redner, indem er schilderte,
was die psychoanalytische Bewegung in Holland durch den zu frühzeitig der-
$\text{^1}$) **Neue droomexperimenten** in verband met oudere en nieuwere droom-
theorien. Psychiatrische en Neurologische Bladen, 1912, Nr. 2. — Neue Traumexperi-
mente in Zusammenhang mit älteren und neueren Traumtheorien. — Psychoanalyse.
De Beweging, Nov. 1914. — Sexuele opvoeding. Maatschappij voor goede en goed-
koope lektuur. — Aus dem Alltagsleben. Internat. Zeitschr. f. ärztl. Psychoanalyse,
IV. Jahrgang 1916, Heft 1 u. 3.
$\text{^2}$) S. Freud, Der Traum. 1913. (Zweite Auflage in Vorbereitung.) — Abraham,
Traum und Mythus. 1914. — Freud, Zur Psychopathologie des Alltagslebens. 1916.
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Zur psychoanalytischen Bewegung.
begabten Kollegen und Mitarbeiters verliert. Ref. war es gestattet worden,
den trauernden Hinterbliebenen im Namen von Prof. Freud zu sagen, wie
tief er den Schickalsschlag beklage und daß er sich immer mit Dank-
barkeit erinnern werde, was sein begeisterter Schüler Stärcke für die Ent-
wicklung der Psychoanalyse und den Fortschritt der psychoanalytischen
Bewegung getan habe.
von Ophuijsen.
Übersicht über die Vereinstätigkeit der Wiener Ortsgruppe
der Internationalen psychoanalytischen Vereinigung.I. Sitzung am 11. Oktober 1916.
Geschäftliche Besprechung und Neuwahl der Funktionäre.
II. Sitzung am 8. Oktober 1916.
Vortrag der Frau Dr. v. Hug-Hellmuth: Aus den Lebensschick-
salen dreier Urrunden.
III. Sitzung am 13. Dezember 1916.
Kasuistische Mitteilungen.
1. Frau Dr. Schmiedl: Ein Referat der Züricher Zeitung über
Psychoanalyse.
2. Dr. Tausk: Zwei Fehlleistungen. Ein Fall von Fundverheimlichung.
3. Dr. Sachs: Zwei Fälle von Verlesen.
4. Dr. Steiner: Ein Versprechen.
5. Dr. Hitschmann: Aus Goethes Jugend, von Bettina.
6. Prof. Freud: Eine Jugenderinnerung Goethes.
7. Dr. Hitschmann: Bettnässen einer 52jährigen Frau.
8. Dr. Tausk: Ein klinischer Beitrag zur Melancholie.
IV. Sitzung am 10. Jänner 1917.
Vortrag des Dr. Nurnberg: Beobachtungen an einem Fall von
Hypochondrie.
V. Sitzung am 7. Februar 1917.
Gastvortrag des Dr. Ludwig Levy: Die Sexualsymbolik der bibli-
schen Paradiesgeschichte.
VI. Sitzung am 7. März 1917.
Vortrag des Dr. Ludwig Jekels: Ein Versuch über „Macbeth“.
VII. Sitzung am 18. April 1917.
Kasuistische Mitteilungen:
1. Dr. Hitschmann: Kinderbeobachtung.
2. Dr. Sachs: Eine Kinderszene aus Humboldts Briefen.
3. Dr. Sachs: Ethnologische Parallele zu einer infantilen Sexual-
theorie.
4. Dr. Hitschmann: Bruchstück einer Analyse.
5. Frau Dr. v. Hug-Hellmuth: Kinderbeobachtungen.
6. Frau Dr. v. Hug-Hellmuth: Eine Fehlleistung.
7. Dr. Federu: Narzißmus und Egoismus.
8. Dr. Federu: Deutung einer hysterischen Parästhesie.
9. Dr. Federu: Ein Fall sexueller Neurasthenie.
10. Prof. Freud: Eine Analysenbeobachtung anschließend an die
Kindheitserinnerung Goethes.
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