Vorwort 1906-061/1925
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    VORWORT

     

     

    ZUR ERSTEN AUFLAGE DER „SAMMLUNG KLEINER SCHRIFTEN ZUR NEUROSEN-
    LEHRE AUS DEN JAHREN 1893–1906“

     

    Mehrfach geäußerten Wünschen folgend, habe ich mich entschlossen,
    meine kleineren Arbeiten über Neurosen seit dem Jahre 1893 den Fachgenossen
    gesammelt vorzulegen. Es sind vierzehn kurze Aufsätze, meist vom Charakter
    vorläufiger Mitteilungen, die in wissenschaftlichen Archiven oder ärztlichen
    Zeitschriften veröffentlicht wurden, drei unter ihnen in französischer Sprache.
    Die beiden letzten (XIII. und XIV.), sehr knapp gehaltenen Darlegungen
    meines gegenwärtigen Standpunktes in der Ätiologie wie in der Therapie
    der Neurosen, sind den bekannten Werken von L. Löwenfeld, „Die psychischen
    Zwangserscheinungen“, 1904, und „Sexualleben und Nervenleiden“, 4. Auflage,
    1906, entnommen, für welche ich sie über Aufforderung des befreundeten
    Autors abgefaßt hatte.1

    Diese Sammlung bildet die Vorbereitung und Ergänzung meiner größerer
    Publikationen, welche die gleichen Themata behandeln (Studien über
    Hysterie [mit Dr. J. Breuer], 1895. — Traumdeutung, 1900. — Zur
    Psychopathologie des Alltagslebens, 1901 und 1904. — Der Witz und seine
    Beziehung zum Unbewußten, 1905. — Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie,
    1905. — Bruchstück einer Hysterienanalyse, 1905). Daß ich den
    Nachruf an J. M. Charcot an die Spitze der hier vereinigten kleinen Aufsätze
    gestellt habe, soll nicht nur einer Pflicht der Dankbarkeit genügen, sondern
    auch den Punkt hervorheben, an welchem die eigene Arbeit von der des
    Meisters abzweigt.

    Wer mit der Entwicklung menschlicher Erkenntnis vertraut ist, wird ohne
    Verwunderung hören, daß ein Teil der hier vertretenen Meinungen seither
    überwunden, einen anderen zu modifizieren verstanden habe. Doch habe ich
    den größeren Teil unverändert festhalten können und brauche eigentlich
    nichts als völlig irrig und ganz wertlos zurückzunehmen.

    1 [Diese beiden letzten Arbeiten der „Sammlung 1893–1906“ („Die Freudsche
    Psychoanalytische Methode“, 1904, und „Meine Ansichten über die Rolle der Sexu-
    alität in den Neurosen“, 1905) sowie die vorhergehende („Über Psychotherapie“, 1905),
    sind nicht in diesem Bande der „Gesammelten Schriften“ unter den „Frühen Arbeiten“
    eingeräumt, sondern eröffnen die Gruppe der Schriften „Zur Technik“ in Band VI
    der „Gesammelten Schriften“.]

    Freud. I. 16

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    242 Frühe Arbeiten zur Neurosenlehre

    Nachruf an J. M. Charcot an die Spitze der hier vereinigten kleinen
    Aufsätze gestellt habe, soll nicht nur einer Pflicht der Dankbarkeit ge-
    nügen, sondern auch den Punkt hervorheben, an welchem die eigene
    Arbeit von der des Meisters abzweigt.

    Wer mit der Entwicklung menschlicher Erkenntnis vertraut ist, wird
    ohne Verwunderung hören, daß ich einen Teil der hier vertretenen
    Meinungen seither überwunden, einen anderen zu modifizieren verstanden
    habe. Doch habe ich den größeren Teil unverändert festhalten können
    und brauche eigentlich nichts als völlig irrig und ganz wertlos zurückzu-
    nehmen.