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    PROF. DR. FREUD         WIEN IX., BERGGASSE 19

    15. 5. 26

    Lieber Herr Doktor

    Ich habe Ihnen für zwei Gaben 
    zu danken, für die Zusend-
    ung Ihres Buches über die 
    Technik der Analyse und 
    für Ihren Aufsatz in der 
    N. Rundschau zu meinem 
    70sten Geburtstag. Letzterer 
    ist schön und geschickt ge-
    schrieben, in Ihrer Anschau-
    ung von mir sicherlich 
    ein großer Fortschritt 
    gegen die „Biographie“. 
    Das Buch ist besonders in seinen 
    ersten Abschnitten voll von 
    gutem analytischem common 
    sense, klar u ehrlich, leider 
    noch mit der Front gegen 
    das breite Publikum gerichtet. 
    Ich weiß, das war bei diesem 
    Buch nicht zu vermeiden.

    Ich bedauere es natürlich 
    sehr, daß ich meine Rolle 

  • S.

    im Verein nicht wieder aufnehmen 
    kann. Ich kann nicht erwarten, 
    daß die Anderen meine 
    Intentionen in Bezug auf 
    Sie bereitwillig ausführen 
    werden, und will hoffen, 
    daß Sie trotz mancher un-
    günstiger Eindrücke dort 
    ausharren, um sich die er-
    forderliche Vertiefung 
    Ihrer analytischen Kenntnis 
    zu holen.

    Nebstbei eine Bitte. Ich lese (und 
    besitze) Stekels Werke nicht, 
    kann aber vielleicht von 
    Ihren früheren Beziehungen 
    zu ihm profitiren. Er hat irgend-
    wo – wahrscheinlich mehrmals – 
    von einer Annulirungstendenz 
    gehandelt, mit der ich mich wahr-
    scheinlich auseinandersetzen 
    werde. Kann ich von Ihnen 
    erfahren, wo er das thut?

    Mit den besten Wünschen 
    Ihr ergebener 
    Freud