S.

Wien, am 12. Februar 1922
Liebe Freunde!

Der Berliner Brief ist diesmal – offenbar infolge des Eisenbahn-
erstreiks – ausgebliebene – Sachs ist, nach zweiwöchigem Aufenthalt hier, am
vorigen Samstag abgereist.

Von hier ist nichts besonderes zu berichten. Es gibt zahlreiche
Krankheitsfälle und es scheint, daß die Grippe an keinem Hause ganz spurlos
vorübergeht; auch an den Patienten macht sich die Epidemie bemerkbar.
Die Angelegenheit mit dem Verlagslokal ist vom Wohnungsamt aus
noch nicht erledigt, steht jedoch günstig.

ad Bdpst. Was die Traumdeutung betrifft, so bitte sich direkt an
Deuticke zu wenden, der mir gesagt hat, daß Dick noch nicht gezahlt hat; er ist
wohl der einzig Kompetente in dieser Angelegenheit. (Übrigens hat Deuticke
dieser T. a. dem Professor mitgeteilt, daß eine neue Auflage der Traumdeutung
nötig ist.) Mit Deiner Antwort an Kolnai, l. Ferenczi, sind wir ganz einverstan-
den. – Der Übersetzer von Totem und Tabu, Zoltan Partoz, hat sich brieflich an
den Professor gewendet und eine Anzahl psa. Bücher leihweise verlangt, sowie
die Erlaubnis, einige Artikel ins Ungarische zu übersetzen; wie es scheint für
eine von ihm in Wien herausgegebene ungarische Zeitschrift. Der Professor wird
ihn an Dich, l. Ferenczi, weisen. Bezüglich des Ms. von Varro habe ich
bereits geschrieben, daß ich es für nicht sehr geeignet zur Publikation hal-
te. Jedenfalls müßten wir in noch größerer Manuskriptnot als jetzt sein, um
es abzudrucken. Wenn Frau Varro es auf unbestimmte Zeit bei uns lassen will,
wäre es möglich, daß wir es gelegentlich publizieren.

ad London: Was die englisch library betrifft, so haben wir Dir, l.
Ernest, bereits privatim mitgeteilt, daß wir vorziehen würden, wenn die klei-
nen Schriften des Professors in der Reihe viel weiter nach vorn geschoben wür-
den und nicht als Bände 11, resp. 15 figurieren würden. Dies wird auch darum
besonders wichtig, weil, wie Du selbst schreibst, die deutschen Ausgaben nicht
mehr das Copyright haben! Was mein Buch über die Träume betrifft, so habe ich
Dir auch vorgeschlagen, dasselbe am besten ganz wegzulassen, da die Arbeiten
zu sehr veraltet sind und ich, sobald ich nur etwas Zeit finde, ein neues
Buch über die „Traumdeutung in der Analyse“ schreiben will.

Brills neues Buch ist schon erschienen und der Professor hat bereits
ein Exemplar bekommen („Fundamental Conceptions of Psa.“ Harcourt, Brace & Co,
New York 1921). Es enthält nichts Originelles.

Das Buch von Baudouin: „Études de Psychanalyse“ ist bei Delachaux &
Niestlé S.A., Paris, 26, rue St. Dominique erschienen (auch Neuchâtel, 4, rue de
l’Hôpital).

Trotters Buch (2. Auflage) ist noch nicht angekommen und der Prof.
braucht es schon, da die „Massenpsychologie“ schon gesetzt wird.

Mit herzlichen Grüssen

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