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Berlin-Grunewald, den 2. Mai 1922.
Bismarckallee 14.Liebe Freunde!
Wir beginnen damit, Herrn Professor zum Geburtstag unsere herz-
lichsten Glückwünsche darzubringen. Eitingon ist auf der Reise nach
Wien und ist in der glücklichen Lage, sie persönlich aussprechen zu
können.²Wien. Wir erhielten die neuen Prospekte des Verlages. Diese sind
in ihrer ganzen Einrichtung und Druckart außerordentlich geschickt
angefertigt und werden sicher das Ihrige dazu tun, um unsere Litera-
tur noch populärer zu machen. Auch einige neue Bücher aus dem Verlag
sind in unserem Lager eingetroffen und machen im äußeren einen sehr
günstigen Eindruck. Bei dieser Gelegenheit eine Anfrage an Dich, lie-
ber Rank. Ist es Absicht, daß die Bücher des Verlages in Format,
Einbanddecke u.s.w. so sehr verschieden sind? Oder liegt das an den
Verhältnissen der Materialbeschaffung? Im allgemeinen ist es sicher
günstiger, wenn die Werke eines Verlages einander möglichst ähnlich
sind, schon um in den Fenstern der Buchhandlungen durch ihr gleich-
artiges Äusseres aufzufallen.Die beiden neuen Hefte der Zeitschriften sind eingetroffen. In
beiden fehlt leider eine Ankündigung des Kongresses. Besonders
fällt dies im Korrespondenzblatt unangenehm auf. Da bis zum Erschei-
nen der nächsten Nummer wieder längere Zeit vergeht, so ist diese Un-
terlassung recht mißlich. Von London aus ist bisher auch keine Ein-
ladung ergangen, wenigstens an unsere Gruppe nicht. Wir schlagen vor,
jetzt unverzüglich an alle Gruppen die Mitteilungen zu versenden und
dabei die Termine für die Anmeldung von Vorträgen anzugeben. Viel-
leicht könnte die nächste Nummer der Zeitschrift an auffälliger
Stelle einen eingeklebten Zettel enthalten, der besonders auf den
Kongress hinweist.Auf Anfrage hat Boehm mir mitgeteilt, daß er das Buch von
Sadger zu referieren bereit ist. Ein Exemplar des Buches besitzt er
bereits.Sachs übernimmt die Übersetzung für Rorschach, wenn die deutsche
Fassung vor Anfang Juli hier eintrifft. Er lässt gleichzeitig sagen,
daß er Schlußabrechnung des Bücherlagers und Geldüberweisung in
nächster Zeit regeln wird.In Bezug auf die Produktivität von Pfister sind wir hier nicht
ganz so erfreut, da die Massenhaftigkeit doch eine Verfälschung mit
sich bringt. Die neue Nummer von Imago ist nicht ganz so erfreulich,
wie die vorhergehende. Der Artikel von Groddeck ist etwas grobkörnig
und einseitig. Die meisten Beiträge stechen etwas zu sehr von dem er-
sten Artikel des Heftes ab.Bezüglich der Zeitschrift von Tannenbaum sind wir der Meinung,
daß ein regelmäßiges Eingehen auf sie nicht Zeit und Mühe lohnt. Man
sollte stattdessen bei passender Gelegenheit ein für alle Mal Stel-
lung zu diesem Produkt nehmen. Das müßte z. B. im nächsten Jahres-
bericht
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bericht geschrieben, indem man zum Nutzen der Fernerstehenden einmal
darlegen würde, warum man auf die Literatur dieser Richtung im allgemeinen
überhaupt nicht eingeht.Unser Mitglied Simonson hat vor längerer Zeit für die Zeit-
schrift ein Buch von Schleich referiert. Wie er mir sagt, liegt das
Referat seit über 1 Jahr in Wien und erscheint nicht. Vermutlich ist
es für unsere Zwecke zu weitschweifig, aber dann sollte es dem Verfas-
ser lieber zurückgegeben werden, als dass es liegen bleibt.Eine Bitte an die Redaktion der Zeitschrift: Ich erhielt vor kur-
zem eine Korrektursendung, auf welcher der Vermerk „Korrektur“ nicht
angebracht war. Infolgedessen ging der Brief durch das Zollamt, um auf
seinen Inhalt untersucht zu werden. Damit wird unnötig Zeit verloren.
Es sollte daher auf jeder Korrektursendung der Vermerk stehen, damit
sie ungehindert passiert. Übrigens fehlte bei der Sendung auch die
Angabe, wohin die Korrektur zurückgesandt werden soll. Auf dem Kuvert
stand der Name der Zeitschrift, aber ohne nähere Adresse. Ich habe die
Sendung dann an Dich, lieber Rank privat adressiert, wüsste aber gern
ein für alle Male, wohin Sendungen für die Zeitschrift gerichtet werden
sollen. (Vgl. 4)Dass bezüglich des Festessens beim Kongress kein Zwang zur Teil-
nahme bestehen soll, ist als selbstverständlich nun wohl von allen
Seiten bestätigt. Dagegen halten wir an der Abstufung des Preises un-
bedingt fest. Ein Grund für die Ablehnung ist uns nicht ersichtlich.
Es erscheint uns eine ausserordentliche Ungerechtigkeit, wenn die Teil-
nahme für ein englisches Mitglied 5 Shilling und für ein öster-
reichisches Mitglied 10.000 Kronen kosten sollte. Wenn einerseits ge-
gen den Zwang zur Teilnahme protestiert wird, so sollte man auch da-
ran denken, die Teilnahme niemandem unmöglich zu machen.Budapest: Deinem Wunsch, lieber Ferenczi, bezüglich Uebersendung
des englischen Journals stimmen wir bei und wären ebenfalls froh,
es wie verabredet zu erhalten.An Ophuijsen werde ich in den nächsten Tagen schreiben und
versuchen, zwischen Euch zu vermitteln.Von Interesse wäre es für uns zu erfahren, was für ein Leser-
kreis die ps. a. Literatur in ungarischer Sprache liest. Soweit uns
bekannt ist, ist gegen die deutsche Sprache jetzt in Ungarn nicht
mehr das Vorurteil wie früher vorhanden und wir glaubten, die Inte-
ressenten der Ps. A. seien alle der deutschen Sprache mächtig.Wenn Róheim im Anschluss an den Kongress einige Zeit in Berlin
bleiben will, so werden wir versuchen, ihm die Wege zu ebnen. Aller-
dings sehen wir im Augenblick keine Möglichkeit, ein ihn und seine Frau
für längere Zeit unentgeltlich unterzubringen.Die Veranstaltung von Vorträgen dürfte möglich sein. In der
nächsten Sitzung des Vereins werde ich die Sache zur Sprache bringen
und werde im nächsten Brief darauf zurückkommen.Deinen Dank, lieber Ferenczi, an Herrn Professor für Korrektur des
Deutschen in Deinen Aufsätzen, gibt mir den Anlass zu der Bemerkung,
dass in dieser Beziehung auch sonst einiges mehr geschehen müsste.
Ich sah vor kurzem ein Referat über das Buch von Kolnai, inhaltlich
durchaus anerkennend, aber das „unmögliche“ Deutsch scharf kritisie-
rend.
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London: Zum Kongress melde ich (A.) einen Vortrag über die manisch-de-
pressiven Geistesstörungen an. Ich werde den Titel noch genauer formu-
lieren und bald mitteilen.In den soeben erhaltenen beiden Heften der Zeitschriften sind Auf-
sätze von 3 neuen Autoren. Es dürfte sich empfehlen, diese Mitarbeiter zum
Kongress einzuladen. Es handelt sich um Stöcker in Jassy (Rumänien),
Kinkel in Sofia und ferner um einen Belgier, Craybeck, der auf Seite 106
der Zeitschrift erwähnt wird.Deinen Brief, lieber Jones, vom 2. März haben wir nicht erhalten.
Wenn Du nächstes Mal eine Kopie mitsenden willst, so werden wir sie das
folgende Mal zurücksenden.Den Bericht über die englischen Verhältnisse haben wir mit grossem
Interesse gelesen. Mich persönlich würde interessieren, einiges darüber
zu vernehmen, wie die 3 von mir analysierten Ärzte sich in der Vereinigu-
ng eingeführt haben. Ich meine die beiden Brüder Glover und Frau Herford.
Ist letztere dem Verein lästig geworden? Die Frau, vor welcher wir im
letzten Brief warnten, befindet sich zur Zeit wieder in Berlin.Das erbetene dünne Papier von Wien ist noch nicht eingetroffen. Wir
möchten daher noch einmal darum bitten.Deiner Anregung, lieber Jones, folgend, füge ich diesem Briefe zwei
ganz kleine wissenschaftliche Beiträge an. Sie eignen sich wohl zum ge-
legentlichen Abdruck in der Zeitschrift, scheinen mir aber so interes-
sant in ihrer Art, dass ich sie dem Komité sofort unterbreiten wollte.Für Dich, lieber Rank, noch die Mitteilung zur Aufnahme in die Zeit-
schrift, dass in diesem Quartal folgende Kurse bei uns stattfinden:1.) Dr. Abraham, Erfahrungen aus der psycho-analytischen Praxis
(5 Vorträge)2.) Dr. Sachs, Die Anwendung der Psycho-Analyse auf die Geisteswis-
senschaften. Seminaristische Übungen. (6 Vorträge)3.) Dr. Eitingon und Dr. Simmel, Praktische Einführung in die Psycho-
Analyse in der Poliklinik.Durch die seltenere Versendung scheinen unsere Briefe bedeutend an
Umfang zuzunehmen. Wenigstens der vorliegende ist ein Zeichen dafür.Mit unseren besten Grüssen.
Abraham Sachs