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    PROF. DR. FREUD 
    WIEN, IX. BERGGASSE 19

    7. XI. 12

    Liebe Frau Doktor

    Schönen Dank für den Kugeltraum, den 
    ersten Beitrag, den meine Aufforderung 
    bisher erzielt hat. Ihre Beschwerde über 
    die ungerechten Nachreden von Burg-
    hölzli aus, thut mir sehr leid. Es ist also 
    überall dasselbe, auch in der kulturell 
    angeblich soviel höher stehenden Schweiz. 
    Ich mag Ihnen nicht abraten sich an Bleuler 
    zu wenden, sonst möchte ich aber im 
    Gegensatz zu Ihrem Rechtsfreund be-
    haupten, daß solche Gerüchte sich von selbst 
    zu verflüchtigen pflegen, während sie 
    durch eine Reaktion fixirt und verdichtet 
    werden können. Ich habe auf alle über 
    mich verbreiteten Schauermärchen nie 
    mit einem Wort reagirt.

    Die gegenwärtige Überhäufung mit Geschäften 
    soll mich entschuldigen, wenn ich Ihrem 
    Mann, dem ich für einen inhaltsreichen 
    Brief verpflichtet bin, nicht besonders 
    antworte. Zu allem Notwendigen habe ich 
    jetzt noch viel Überflüssiges zu thun. 
    Es wird Sie beide interessiren zu hören, 
    daß ich die Herausgeberschaft des 

  • S.

    Zentralblattes wegen nicht mehr zu schlichtender 
    Differenzen mit Dr Stekel niedergelegt habe 
    u im Begriffe bin, ein neues Organ an 
    dem alle früheren Mitarbeiter theil-
    nehmen, zu gründen. Sie werden durch 
    Zirkular davon verständigt werden, 
    ich bitte Sie aber schon jetzt, Ihre Beiträge 
    nicht mehr ans Zentralbl, sondern 
    an mich für das neue Organ zu richten. 
    Solche persönlichen Kämpfe habe ich infolge 
    der unkorrigirten persönlichen Fehler 
    der Mitglieder ohne viel Unterlaß.

    Ich grüße Sie beide herzlich 
    u bitte Sie, auch Ihrem Chef Dr Bertschinger 
    eine Empfehlung von mir zu sagen.

    Ihr ergebener
    Freud