S.
Dr. Emil Houghberg: (Ass.-Arzt an der Irrenanstalt Lappvik bei
Helsingfors, Finland). Beiträge zur Kenntniss der Aetiologie
der progressiven Paralyse mit besonderer Berücksichtigung
der Syphilis. (Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und psy-
chisch-gerichtliche Medicin, 50 Bd., 3. u. 4. Heft.)
Verf. formulirt nach kurzer historischer Betrachtung der
Frage und mit Beziehung von über 100 Krankengeschichten und
Sectionsbefunden folgende Schlüsse:
1. Die progressive Paralyse, welche bei weitem häufiger bei
männlichen Individuen als bei weiblichen auftritt, ist eine Krank-
heit, die besonders die städtische Bevölkerung ergreift, aber nicht
unter Frauen der besseren Stände auftritt.
2. Die ätiologische Bedeutung der Syphilis für die progres-
sive Paralyse scheint sehr gross zu sein, während diese Krankheit
bei anderen Formen von Psychosen keine wichtige Rolle spielt.
3. Die progressive Paralyse, welche am meisten zwischen dem
30. und 45. Jahre vorkommt, bricht erst 4 bis 5 Jahre nach Er-
werbung der Syphilis hervor.
4. Die syphilitischen Symptome, welche einem paralytischen
Process vorausgehen, scheinen relativ gelinder Art zu sein.
5. Im Vergleich mit Syphilis haben hereditäre Prädisposition,
psychische Ursachen, Alkoholmissbrauch, Excesse in venere und
Traumen nur eine untergeordnete Bedeutung für die progressive
Paralyse.
6. Von den verschiedenen Formen der Paralyse kam die
maniakalische am öftersten vor, darauf die demente und schliess-
lich die melancholische Form.
7. Die Prognose ist in keinem der Fälle günstig gewesen.
Die Dauer der Krankheit ist in 81·8⁄°, 4 Jahre gewesen, in
43·4⁄° nur 2 Jahre. Remissionen können selten vor.
8. Eine Paralyse nach vorheriger Syphilis zeigt in ihrem
Verlauf keine besonderen für Syphilis charakteristischen Symptome.
9. Durch eine antisyphilitische Behandlung ist keine Ver-
besserung beobachtet worden.
10. Durch Section konnten auch keine Veränderungen nach-
gewiesen werden, welche speciell syphilitischer Natur gewesen
wären.
F.
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