S.
Accessorius, der [accedere von ad-cedere, acces
so das Hinzutreten], hinzutretend. 1. Nervus
accessorius s. recurrens Willisii, Beinenerv.
Der A. tritt als elfter in der Reihe der Hirn
nerven mit dem Vagus durch das Foramen
jugulare aus, zerfällt aber nach kurzem
Verlauf sowohl zentral- als peripheriewärts
in zwei verschiedene Portionen. Die obere
dieser Portionen entspringt aus der Ob
longata unmittelbar hinter dem Vagus mit
einer Reihe von Wurzelfäden und trennt
sich ausserhalb der Schädelhöhle wieder ab,
um sich dem N. vagus anzuschliessen (Ac
cessorius vagi als dessen Bestandtheil einer
seits aufzufassen ist). Die untere Portion
stammt aus dem Halsmark und bildet einen
vertikal aufsteigenden Faden, der vom 5.
oder 6. Cervicalnerven an quere Wurzel
fäden in sich aufnimmt und durch das
Hinterhauptsloch in die Schädelhöhle ge
langt, um sich dann mit der oberen Portion
zum gemeinsamen Accessoriusstamm zu ver
einigen (Accessorius spinalis). Der A. ist ein
motorischer Nerv und versorgt mit Endästen
den M. sternocleidomastoideus und die oberen
Portionen (die mittleren und unteren werden
von Cervicalnerven versorgt) des M. trapezius
(cucullaris); deren Funktionsstörung also die
Folge von Affektionen dieses Nerven sein
wird. Krampf oder Lähmung des Sterno
cleidomastoideus erzeugen das unter dem
Namen des Caput obstipum spasticum oder
paralyticum bekannte Bild (s. Torticollis).
Der M. cucullaris zieht mit seiner Clavicular
portion den Kopf nach hinten und nach der
gleichnamigen Seite, mit den anderen Por
tionen hebt er die Schulter und zieht das
Schulterblatt nach der Mittellinie. Die
selben Bewegungen werden auch beim Krampf
des Muskels beobachtet, der häufig mit dem
Krampf des Sternocleidomastoideus kom
biniert ist. Erkrankung des N. accessorius
kann herbeigeführt werden a) in der Ob
longata: durch Kernaffection (Bulbärparalyse
) Läsirung, Erweichung; b) im Rücken
marke: durch Affektion der Accessoriuskerne
des Halsmarks (Kombination mit Bulbär
paralyse, amyotrophische Lateralsklerose,
spinale Formen der Muskelatrophie); c) durch
Prozesse, die den gemeinsamen Nervenstamm
in der Schädelhöhle und in der Dura mater
ergreifen (Meningitis simplex u. syphilitica,
Tumor, Caries der Schädelbasis etc.). Die
Symptome sind dann die der Vaguslähmung,
abgesehen von der Atrophie und Lähmung
der beiden Halsmuskeln; d) durch Prozesse,
welche die spinalen aufsteigenden Wurzeln
des Accessorius im Wirbelkanal ergreifen
(Meningitis, Caries, Trauma der Halswirbel
säule, extrameingeale Tumoren); e) im
peripheren Verlauf der spinalen Portion
durch Trauma, Abscess, Kompression von
Seiten vergrösserter Lymphdrüsen und be
sonders häufig Erkältung (rheumatische
Neuritis?). Beide Muskeln können auch von
S.
funktionellen Krämpfen, deren Ursache un
bekannt ist, befallen werden. Ueberhaupt
können nicht alle Affektionen der beiden
Muskeln von Erkrankung des N. accessorius
hergeleitet werden. Bei der primären pro
gressiven Muskelatrophie wird der Cucullaris
sehr häufig befallen. — Bei zentralen Läh
mungen soll die Beteiligung der beiden vom
Accessorius versorgten Halsmuskeln an der
forcierten Inspirationsbewegung erhalten
bleiben, wenn deren willkürliche Beweglich
keit aufgehoben ist. — Der N. accessorius
ist in der seitlichen Halsgrube sehr leicht
elektrisch zu reizen und auf seine Erregbar
keit zu prüfen. Bei schweren Affektionen
desselben findet man Entartungsreaktion im
Sternocleidomastoideus und in der clavicular
portion des Cucullaris.
Therapie und Prognose: Ist im ge
gebenen Fall die Ursache der Muskelaffektion
nicht bestimmt nachzuweisen, so genügt eine
elektrotherapeutische Behandlung (weiteres
s. Torticollis). Beim Accessoriuskrampf sind
Druckpunkte, deren galvanische Behandlung
Erfolg zu bringen verspricht, selten aufgefunden
worden. Funktionelle Krämpfe sind durch
Allgemeinbehandlung, Narcotica etc. zu be
kämpfen. Auch die Anwendung des Glüheisens
längs der Halswirbelsäule wird empfohlen.
2. Nervus accessorius Wrisbergii, sel
tenere Bezeichnung der hinteren, kleineren
Wurzel des Facialis, auch als Portio inter
media Wrisbergii benannt.
3. Ostium accessorium tubae, überzähliges
Ostium, ist ein- oder beiderseits, zu zwei,
seltener zu drei an ein und derselben Tube
beobachtet. Sie sitzen meist nahe der nor
malen Oeffnung. Ihre Bedeutung ist unbe
kannt (Fehling).
4. Ovarium accessorium, überzähliger
Eierstock, kommt bei etwa 3% der Frauen
vor (bei 850 Obduktionen 26mal beobachtet),
hanfkorngrosse, abgeschnürte Theile des
Ovariums, die aber cystisch entarten können.
5. Parotis accessoria, eine kleine, oft
vor der Parotis befindliche, dem Ductus
stenonianus aufliegende Drüse, deren Aus
führsgang in den letzteren mündet.
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