Der Thomas Mann-Fonds 1937-052/1937
S.

D E R T H O M A S M A N N - F O N D S ,

EINE UNTER DEM PATRONAT DES DICHTERS STEHENDE ORGANISATION ZUR
UNTERSTÜTZUNG EMIGRIERTER DEUTSCHER SCHRIFTSTELLER, WENDET
SI AN DIE ÖFFENTLICHKEIT MIT DER BITTE UM F I N A N Z I E L L E F Ö R D E R U N G .

Der Name drückt aus, dass die vereinigende Unduldsamkeit einer die Gewissensfreiheit des Geistes leug-
nenden Staatstotalität auch vor vererhungswürdiger Lebensleistung, vor Trägern festgegründeten Weltansehens
nicht halt macht. Indem er Erinnerungen wachruft an beste deutsche Tradition, bedeutet er einen Appell an
alle Sympathie und Dankbarkeit, welche die Welt dem schöpferischen deutschen Geiste in Zeiten seiner sitt-
lichen Autonomie und Selbstverantwortlichkeit je und je entgegengebracht hat, — eine Mahnung, diesen Geist,
sofern er auch heute noch in Freiheit wirkt, dafür aber freilich des staatlichen Rückhaltes entbehrt und in der
Heimat unterdrückt und verpönt ist, zu schützen, zu stützen und am Leben zu erhalten.

Das Interesse der Welt an solcher Erhaltung ist evident. Es hat nichts mit politischer Polemik zu tun,
sondern ist eine einfache Feststellung, auch von denen nicht zu bestreiten, die zu ihr Anlass geben, dass ein
nationaler Schrift tum einzig im Stande der Freiheit von Bedeutung oder, auch nur von irgendwelchem
Interesse für die Mitwelt ist. Eine in den Mantel einer politischen Machtkonzentration gezwungene, eine dikta-
torisch gegängelte und befuchtelte Literatur ist moralisch wertlos und uninteressant. Von ihr tritt Vertrauen
mickommt, weil ihr die natürliche Voraussetzung jeder echten Produktion, das unmittelbare Verhältnis zum
Weltgeiste, fehlt und sie in jeder ihrer Äusserungen in dem nicht abzuwehrenden Verdachte steht, Erzeugnis
des Ausweichens, des Zugeständnisses und des bedrückten Notbehelfs zu sein. Wer in aller Welt sich dem
deutschen Geist um der freien Beiträge willen, welche die allgemeine Kultur von ihm empfing, zu Dank ver-
bunden fühlt, muss wünschen, dass ausserhalb des Machtbereiches einer mit den Vorbedingungen des Schöpferi-
schen unbekannten Partei- und Staatsbevormundung ein deutsches Schrifttum am Leben bleibe.

In diesem Sinn ergeht unser Aufruf. Das Brot des Exils ist bitter zu essen, und es ist karg. Da die Bü-
cher der meisten im Auslande wirkenden deutschen Schriftsteller in ihrem Lande verboten sind und so ihr
natürliches, literarisches Publikum nicht mehr erreichen, ist der Lebenskampf verzweifelt geworden. Viele der
Besten werden zu einer überstürzten Produktion getrieben, die früher oder später die Qualität ihrer Arbeit
schädigen muss. Unter der Peitsche der Not reift kein Werk. Die Verlage, die sich der exilierten Literatur
annehmen, führen eine bedrohte Existenz. Bald wird es ihnen völlig unmöglich sein, andere zu publizieren als
das kommerziell unmittelbar Einträgliche. Dem Autor, der neue, unerprobte Wege geht, wird der Mund ver-
schlossen, am meisten den Jungen, noch Unberührten.

Hier vor allem muss der Thomas Mann-Fonds helfen. Ein kompetentes Lektorat, dessen Zusammenset-
zung alljährlich wechselt, wird den Verlegern Werke dieser Art empfehlen und aus den Mitteln der Stiftung
die nötigen Vorschüsse leisten. Wer im Versinken ist, dem soll unmittelbar gegeben werden. Aber nicht genug
damit werden, dass es sich um mehr handelt als um Hilfe für den einzelnen leidenden Autor: nämlich
darum, einem der Humanität verbundenen und aller Humanität werten Deutschtum, das heute im Reich nur
in Ausnahmefällen, unbemerkt und ungeehrt, sich äussern kann, behilflich zu sein, der Zeiten schwere Un-
gunst zu überdauern.

Die Unterzeichneten befürworten bei der internationalen Oeffentlichkeit die Zahlung von Spenden an den
Thomas Mann-Fonds auf das Konto

T H O M A S M A N N - F O N D S , S C H W E I Z E R I S C H E R B A N K V E R E I N , Z U E R I C H ,
für die CSR: T H O M A S M A N N - F O N D S , B A N K F U E R H A N D E L U N D I N D U S T R I E , P R A G I .

Für Frankreich: C R E D I T C O M M E R C I A L D E F R A N C E , P A R I S , 1 0 3 , C h a m p s - E l y s é e s ,
mit dem Vermerk: „Für das Konto Thomas Mann-Fonds, Schweizerischer Bankverein, Zürich.“

Martin Andersen-Nexö, W. H. Auden, Moreno tor B r a a k , Lion Feuchtwanger, O s k a r F i s c h e r , Bruno
Frank, Leonhard Frank, Sigm. Freud, André Gide, Julien Green, V. J. Hanson, Aldous Huxley, Oscar Ko-
koschka, Josef Kopta, J. S. Kosak, Jaroslav Kvapil, Heinrich Mann, Thomas Mann, André Maurois, Hans
Mühle stein, Alfred Neumann, Jules Romain, Ignacio Silone, Upton Sinclair, Anna Maria Tuschowa, H. G. Wells,
Fr. Werfel, Stefan Zweig.