Die deutschen and die französischen Intellektuellen 1929-053/1929
S.

Die deutschen an die französischen Intellektuellen.

Folgender Aufruf geht uns mit der Bitte um Veröffentlichung zu:
Zehn Jahre sind es her, seit der weit über Frankreichs Grenzen
bekannte Schriftsteller h e n r i   G u i l b e a u x, im Kriege heraus-
geber der schon damals gegen den Krieg gerichteten Zeitschrift
„D e m a i n“ (Genf) vom 3. Kriegsgericht zu Paris (März 1919) wegen
Hochverrats zum Tode verurteilt wurde.

Wir wollen nicht in das französische Prozeßverfahren eingreifen.
Aber wir sehen Guilbeaux, der in Berlin lebt, aus der Nähe. Wir
wissen, daß dieser Mann, der im Krieg für den Frieden gekämpft
hat und in der Zeit nach dem Kriege glaubte, der von ihm als
richtig erkannten Idee dienen zu müssen, kein Verbrecher ist. Seit
zehn Jahren lebt henri Guilbeaux im Exil. Seit zehn Jahren lebt
er, der in französischer Sprache denkt und schreibt, in fremden
Ländern.

Wir glauben, daß die französischen Intellektuellen die unge-
wöhnliche Härte dieses Zustandes sehen und sich mit uns für seine
Amnestierung einsetzen werden.

Georg Bernhard, Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Albert Einstein,
Lion Feuchtwanger, Sigmund Freud, George Groß, Gerhart
Hauptmann, Arthur Holitscher, Herbert Ihering, Alfred Kerr,
Emil Ludwig, Heinrich Mann, Erwin Piscator, Ernst Toller,
Friz von Unruh, Theodor Wolff, Stefan Zweig.

Diesem Aufruf schlossen sich Arnold Bennett und George
B. Shaw an.