S.
34. Beitrag zur epidemischen Pneumonie.
Von A. S e n f f t (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 38, 1883).
Im November 1882 trat in Erbenheim, einem auf einem Hochplateau gelegenen
Orte von 1500 Einwohnern, in welchem seit 5 Jahren kein Typhusfall
vorgekommen war, Pneumonie epidemisch auf. In 22 Tagen erkrankten 59
Personen, davon je 2 in 10 Familien, je 3 in 6 Familien; die Erkrankungen
verschonten einzelne Strassen ganz, ereigneten sich meist in nebeneinander
liegenden Häusern oder verwandten Familien, die sich gegenseitig Besuche
abstatteten. In den ersten 11 Tagen der Endemie war die Zahl der Fälle im
raschen Ansteigen, nahm am 12. Tage rasch ab und bis zum 16. wieder
zu. Die Kurven des Barometerstandes während der 22 Novembertage lässt
erkennen, dass die Zahl der Erkrankungen dem Barometerstande ziemlich
genau entgegengesetzt parallel geht. Die Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen während der
gleichen Zeit schienen ohne Einfluss auf die
Epidemie zu sein, da-S.
gegen war das Zusammentreffen der reichlichsten
Erkrankungen mit West- und Süd-West-Winden und die Abnahme
derselben bei Umschlag in Nord-West-, Nord- und Ost-Winden auffällig.Von den 59 Erkrankungsfällen starben 5 = 2.95%. Davon waren 2 Fälle
mit Meningitis komplizirt, 3 Fälle doppelseitig. Im Ganzen waren 20 Fälle
doppelseitig. Der rechte Lappen wurde allein in 26, der linke in 13 Fällen
befallen. Eine Eigenthümlichkeit dieser Epidemie war, dass die pneumonische
Infiltration in vielen Fällen zunächst vielfache Herde setzte, welche
später durch Umsichgreifen des Prozesses zusammentrafen. In keinem Falle
war Milzschwellung zu konstatiren, in allen bis auf 2 Pleuritis sicca, aber
keine Komplikation mit pleuritischer oder perikarditischer Exsudation, nur
zweimal mit Meningitis. In ¼ der Fälle traten reichliche Diarrhöen auf. Die
Körpertemperaturen erreichten oft 41°, ohne dass diese Fälle tödtlich geendet
hätten. Das Fieber zeigte Remissionen von 0.7–1.3°; eine Continua
wurde nicht beobachtet. Das Maximum der Exacerbation fiel stets auf die
Zeit von 5 Uhr Nachmittags bis Mitternacht, das Minimum in die Morgenstunden
von 5–10. Der Beginn der Deferveszenz trat meist zwischen dem
3. und 8. Tage ein, die Entfieberung vollzog sich innerhalb 24–36 Stunden,
gelegentlich wurden Zwischenexacerbationen beobachtet.Wenige Wochen nach Ablauf dieser Epidemie traten zahlreiche Grippeerkrankungen
auf. In der Pause war hoher Barometerstand, Frost, Ost- und
Nord-Ost-Wind vorherrschend.
bsb11506870
1312
–1314