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Die Augenstörungen bei Tabes dorsalis.
Von L. S c h m e i c h l e r (Archiv für Augenheilk. XII).
Aus dieser Abhandlung, welche alles über das behandelte Thema Bekannte
übersichtlich zusammenstellt und durch eigene Beobachtungen vermehrt, sei
Nachstehendes als Ergebniss herausgehoben:Es geschieht nur selten, dass ein Tabischer von Augenstörungen verschont
bleibt, dieselben betreffen entweder den Optikus, oder die Innervation der
äusseren und der Binnenmuskeln des Augapfels. Die Affektion des Optikus
kommt nach S c h . bei einem hohen Perzentsatze der Tabischen als ein
frühzeitiges Symptom der Erkrankung vor, sie führt zu erst raschem, dann
langsamem Sinken der Sehschärfe mit konzentrischer Einengung des Gesichtsfeldes
und Herabsetzung der Farbenempfindlichkeit. Komplete Amaurose
wird nur selten beobachtet, stets sind beide Augen ergriffen, doch meist
in ungleichem Maasse.Der ophthalmoskopische Befund ist der einer weissen Verfärbung der Sehnervenscheibe,
die schon bei geringer Beeinträchtigung des Sehvermögens
sehr ausgesprochen ist, oft begleitet von eigenthümlichen Erweiterungen der
Venen, und steht nicht inS.
geradem Verhältnisse zur Sehstörung. Die
Störungen in der Innervation der Binnenmuskeln zeigen sich ihrer Häufigkeit
nach geordnet als Pupillenungleichheit, reflektorische Pupillenstarre,
totale Pupillenstarre und Myopie. Das Erlöschen der Pupillarreflexe wird anstatt
auf eine lokalisirte Gewebsveränderung im Gehirne auf eine „allgemeine
Herabsetzung der Erregbarkeit des Nervensystems“, die sich in den „feinsten
Reflexen“ am ehesten kundgebe, zurückgeführt. Die Myopie der Tabischen
charakterisirt sich durch die geringe Erweiterung nach Atropineinträuflung
und die Langsamkeit, mit der sich die Verengerung nach abgelaufener Atropineinwirkung
wieder herstellt.Die Augenmuskellähmungen endlich entstehen allmälig, verschwinden
langsam, verbleiben nur selten fürs ganze Leben und können nach ihrem
Verschwinden zum zweiten Male auftreten.
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