Rezension [unsigniert] von: Schmeichler, L. ›Die Augenstörungen bei Tabes dorsalis‹ 1884-206/1884
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    Die Augenstörungen bei Tabes dorsalis.

    Von L. S c h m e i c h l e r (Archiv für Augenheilk. XII).

    Aus dieser Abhandlung, welche alles über das behandelte Thema Bekannte
    übersichtlich zusammenstellt und durch eigene Beobachtungen vermehrt, sei
    Nachstehendes als Ergebniss herausgehoben:

    Es geschieht nur selten, dass ein Tabischer von Augenstörungen verschont
    bleibt, dieselben betreffen entweder den Optikus, oder die Innervation der
    äusseren und der Binnenmuskeln des Augapfels. Die Affektion des Optikus
    kommt nach S c h . bei einem hohen Perzentsatze der Tabischen als ein
    frühzeitiges Symptom der Erkrankung vor, sie führt zu erst raschem, dann
    langsamem Sinken der Sehschärfe mit konzentrischer Einengung des Gesichtsfeldes
    und Herabsetzung der Farbenempfindlichkeit. Komplete Amaurose
    wird nur selten beobachtet, stets sind beide Augen ergriffen, doch meist
    in ungleichem Maasse.

    Der ophthalmoskopische Befund ist der einer weissen Verfärbung der Sehnervenscheibe,
    die schon bei geringer Beeinträchtigung des Sehvermögens
    sehr ausgesprochen ist, oft begleitet von eigenthümlichen Erweiterungen der
    Venen, und steht nicht in

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    geradem Verhältnisse zur Sehstörung. Die
    Störungen in der Innervation der Binnenmuskeln zeigen sich ihrer Häufigkeit
    nach geordnet als Pupillenungleichheit, reflektorische Pupillenstarre,
    totale Pupillenstarre und Myopie. Das Erlöschen der Pupillarreflexe wird anstatt
    auf eine lokalisirte Gewebsveränderung im Gehirne auf eine „allgemeine
    Herabsetzung der Erregbarkeit des Nervensystems“, die sich in den „feinsten
    Reflexen“ am ehesten kundgebe, zurückgeführt. Die Myopie der Tabischen
    charakterisirt sich durch die geringe Erweiterung nach Atropineinträuflung
    und die Langsamkeit, mit der sich die Verengerung nach abgelaufener Atropineinwirkung
    wieder herstellt.

    Die Augenmuskellähmungen endlich entstehen allmälig, verschwinden
    langsam, verbleiben nur selten fürs ganze Leben und können nach ihrem
    Verschwinden zum zweiten Male auftreten.