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9. Ueber Muskelinfarkte.
Von G i r a u d e a u (Revue de Médecine, Juni 1884).
Wegen der reichlichen Anastomosen im Gefässsysteme der Skelettmuskeln
ist nicht zu erwarten, dass die Verstopfung eines Arterienästchens einen umschriebenen
Infarkt, wie etwa in den Parenchymen hervorruft. Doch kann
jener Vorgang in der That zur Infarzirung der Muskeln führen unter besonderen
Bedingungen, welche in folgenden Beobachtungen hervortreten.
1. Bei einer 60jährigen Frau mit Herzinsuffizienz und verbreiteter atheromatöser
Entartung der Gefässwände trat eine Woche vor dem Tode in der
Mitte des rechten Oberschenkels eine eigrosse, fluktuirende, schmerzhafte
Geschwulst auf. Die Sektion zeigte, dass der M. Sartorius quer durchrissen
war, und die Geschwulst aus dem ergossenen Blute bestand. Die Erklärung
für diese Spontanruptur lag darin, dass das Muskelgewebe um die Rissstelle
in einer Ausdehnung von drei Centimeter in seiner Struktur verändert war,
durch die Verstopfung der für diesen Muskelbezirk bestimmten Arteriole.
Gleichzeitig fanden sich Milzinfarkte. 2. Bei einem 55jährigen, mit allgemeinem
Atherom, Aorten- und Mitralinsuffizienz behafteten Manne fand
sich post mortem eine nussgrosse Masse im rechten M. pectoralis major
mit allen Charakteren des Infarktes; ebenso Infarkte in Milz, Nieren, und
Plâques jaunes im Gehirne. 3. (Nach L e f e u v r e .) Bei einer 67jährigen
Frau mit Atherom, Aorten- und Mitralinsuffizienz zeigte sich post mortem
ein Infarkt im rechten M. vastus externus femoris. Verbreitete Gefässentartung
und allgemeine Herzschwäche müssen also die Ernährungsbedingungen
des Muskelgewebes herabgesetzt haben, wenn Verschluss einer kleinen Arterie
einen Muskelinfarkt hervorrufen soll.
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