S.

[Briefkopf der INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT FÜR ÄRZTLICHE PSYCHOANALYSE]

Wien am 24. Juli 1913

Lieber, verehrter Herr Professor!

Schönsten Dank für Ihr freundliches Schreiben, dem [ich] mit Vergnügen entnehme, dass Sie nicht ans Arbeiten [den]ken und den bösen Sommer mit Humor ertragen; [viel]leicht wird die zweite Hälfte um so schöner.
Von der englischen Bewegung hörte ich schon durch [Fra]u Lou, die so liebenswürdig ist, mich öfter zu beraten; [ich] lerne sie immer mehr schätzen, sie ist ein prächtiger [Men]sch und hat so gar nichts Neurotisches.
Es freut mich auch um Jones willen sehr, dass er [ger]ade zu einem so günstigen Zeitpunkt nach London kommt; [Daß] Eder sich aber so wenig bewährt, tut mir leid, denn es braucht dort einen durchaus verlässlichen Menschen. [...] glaube, er wird einen kleinen Kreis um sich haben.
Die Zeitschrift (Juli Heft) wird heute verschickt und das [M.]S. für Sept. ist bereits beim Drucker; beiliegend das Inhalts[ver]zeichnis wie es auch an Ferenczi, Sachs, Heller und den Drucker [ging]. Sollte Ihnen in Inhalt, Anordnung oder Umfang etwas nicht [pas]send erscheinen, so bitte es jetzt event. noch mir oder [auch] Ferenczi mitzuteilen; übrigens werden Sie ja, wenn Ferenczi die letzte Korrekt. in San Martino lesen wird, die letzte Gelegenh[eit] zur Kontrolle haben. Wenn Ihr Beitrag bis 15. August hie[r sein] kann wäre es gut; bitte das M.S. direkt an Heller (eingesch[rieben)] senden zu wollen. Ich werde Auftrag geben, dass man es weite[r be]fördert. - Gestern kam eine Arbeit von Morton Prince über [...] mit einem liebenswürdigen Begleitbrief. Ich habe ebens[o liebens]würdig geantwortet und die Arbeit dankend akzeptiert, sie a[ber] gleich nach Budapest geschickt, damit sie Jones noch [lesen] und beurteilen kann. Emden hat sich nicht zur [Lie]ferung entschliessen können. - Er hat das Jarhbuch scho[n teil]weise gelesen - auch mir hat Deuticke es noch nicht gesch[ickt] und habe ihn heute gleich um beide Expl. gemahnt - und [gesagt,] dass in Jungs Arbeit nichts anderes enthalten sei wie in den [Wand]lungen.
Dieser Tage kam das Zentralblatt; wirklich ein echter Stek[el.] Die Ps.-A. beginnt immer mehr zurück- und Stekelscher Geist in [den] Vordergrund zu treten; er hat schon allerhand ausseranalyt. B[eiträge,] allerdings auch noch einige uns gehörige (Rorschach, Kaplan [...gruberß] u.a.) - Adler ist auch noch immer "oben" in dem Blatt [...] seine kunstvoll ausgetiftelte "tabellarische" Erwiderung a[uf] Maeder Primi[?]tätsbrief zeigt wie gut es war, dass wir diese I[...]gebilde nicht in unserem Blatt aufnehmen wollten. - Furtmüller bespricht einige Imago-Hefte (auch Ihre drei ersten [Überein]stimmungen) in bekannter Manier. Ferenczis Arbeit (Wir[klich]keitssinn[)] und Steiners Buch werden von Stekel verhöhnt. [Auf] der letzten Seite schlägt Stekel einen vertraulichen Ton seinen [..........] und erklärt, es sei unrichtig, da[ß da]s Blatt mit Ende des Jahrgangs eingehen werde. "Im Gegenteil!" ["Au]ch findet keine Änderung in unserer Haltung statt." ...["N]ach wie vor soll unser Grundsatz, strenge Selbstkritik und vollste Objektivität! lauten." [Ich] dachte daran Ihnen das Blatt zu schicken, möchte es [aber] doch nur tun, wenn Sie mich auf einer Karte benach[rich]tigen, dass Sie es wünschen; in diesem Falle würde ich [daru]m bitten, es nach Einsichtnahme an Dr. Sachs zurückzu[sen]den.
Sachs kommt Sonntag am 27. und wir treffen uns Montag [zur] Besprechung aller Angelegenheiten. Dann bin ich frei - [vor]ausgesetzt, dass meine Privatangelegenheiten bis dahin so [wei]t geregelt sein können. Ich denke so bald als [mög]lich, längstens am 1. zu reisen und bitte es mir nicht [übe]l zu nehmen, wenn ich vielleicht nicht mehr Zeit [und] Muße zu einem Schreiben finde - wichtige Dinge ausge[nom]men. -
Auf jeden Fall gilt meine neue Wiener Adresse, wenn [ich ein]mal auch "unbekannten Aufenthaltes" sein sollte.
Mit herzlichen Grüßen und den besten Wünschen
Ihr dankbar ergebener
Rank.