S.
II.
Erfahrungen und Beispiele aus der analytischen Praxis.
I.
Die Sammlung kleiner Beiträge, von welcher wir hier ein erstes Stück
bringen, bedarf einiger einführender Worte: Die Krankheitsfälle, an denen
der Psychoanalytiker seine Beobachtungen macht, sind für die Bereicherung
seiner Kenntnis natürlich ungleichwertig. Es gibt solche, bei denen er alles
in Verwendung bringen muß, was er weiß, und nichts Neues lernt; andere,
welche ihm das bereits Bekannte in besonders deutlicher Ausprägung und
schärfer Isolierung zeigen, so daß er diesen Kranken nicht nur Bestätigungen
sondern auch Erweiterungen seines Wissens verdankt. Man ist berechtigt zu
vermuten, daß die psychischen Vorgänge, die man studieren will, bei den
Fällen der ersteren Art keine anderen sind als bei denen der letzteren, aber
man wird sie am liebsten an solchen günstigen und durchsichtigen Fällen
beschreiben. Die Entwicklungsgeschichte nimmt ja auch an, daß die Furchung
des tierischen Eis sich bei den pigmentstarken und für die Untersuchung un-
günstigen Objekten nicht anders vollziehe als bei den durchsichtigen pigment-
armen, welche sie für ihre Untersuchungen auswählt.Die zahlreichen schönen Beispiele, welche dem Analytiker in der täg-
lichen Arbeit das ihm Bekannte bestätigen, gehen aber zumeist verloren, da
deren Einreihung in einen Zusammenhang oft lange Zeit aufgeschoben werden
muß. Es hat darum einen gewissen Wert, wenn man eine Form angibt, wie
solche Erfahrungen und Beispiele veröffentlicht und der allgemeinen Kenntnis
zugeführt werden können, ohne eine Bearbeitung von übergeordneten Gesichts-
punkten her abzuwarten.Die hier eingeführte Rubrik will den Raum für eine Unterbringung
dieses Materials zur Verfügung stellen. Äußerste Knappheit der Darstellung
erscheint geboten; die Aneinanderreihung der Beispiele ist eine ganz zwanglose.1. Traum ohne kenntlichen Anlaß.
Ein guter Schläfer erwacht eines Morgens in einem Tiroler Sommer-
aufenthalt mit dem Wissen, er habe geträumt: Der Papst sei gestorben. Er
findet dafür keine Erklärung. Am Vormittag desselben Tages fragt ihn seine
Frau: Hast du heute früh das entsetzliche Glockengeläute gehört? Er hatte
es nicht gehört, aber offenbar darüber geträumt. Die Deutung, die sein Traum
dem Glockenläuten gab, war seine Rache an den frommen Tirolern. Der
Papst war nach Zeitungsberichten um jene Zeit erkrankt.(Freud.)
2. Tageszeiten im Trauminhalt.
Dieselben vertreten häufig Lebenszeiten der Kindheit. Um $1/2 6$ früh
bedeutete in einem Traum das Alter von 5 Jahren, 3 Monaten, den Bedeutungs-S.
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Erfahrungen und Beispiele aus der analytischen Praxis.
vollen Zeitpunkt der Geburt eines jüngeren Bruders. — Viele ähnliche Bei-
spiele.(Freud.)
Nr. 3. Darstellung von Lebenszeiten im Traume.
Eine Frau geht mit zwei kleinen Mädchen, die $1^{1}/2$ Jahre auseinander
sind. — Sie findet keine Familie in ihrer Bekanntschaft, für welche dies
zutrifft. Es fällt ihr ein, daß beide Kinder sie selbst darstellen, und daß der
Traum sie mahnt, die beiden traumatischen Erlebnisse ihrer Kindheit seien
um $1^{1}/2$ Jahre voneinander entfernt ($3^{1}/2$ und $4^{1}/2$).(Freud.)
Nr. 4. Position beim Erwachen aus einem Traum.
Sie träumt, daß sie auf dem Rücken liegt und die Sohlen gegen die
einer Partnerin anstemmt. Die Analyse macht es wahrscheinlich, daß ihr
Raufszenen vorgeschwebt haben, durch welche sie sich die Erinnerung an einen
von ihr beobachteten Koitus ersetzte. Beim Erwachen bemerkte sie, daß sie
vielmehr mit verschränkten Armen auf dem Bauche gelegen war, also die
Position des Mannes und seine Umarmung imitiert hatte.(Freud.)
Nr. 5. Ein „passageres Symptom“, Position während
der Kur.In zwei Fällen verrieten männliche Patienten passive homosexuelle Phantasien
dadurch, daß sie während der Analysestunde aus der Rücken- beziehungs-
weise Seitenlage sich auf einmal auf den Bauch legten.(Ferenczi.)
Nr. 6. Darstellung der Lage des Träumers im Traum.
Von der Richtigkeit der Schermenbeobachtung, daß die Lage des
Schlafenden im Traum dargestellt werden kann, zeugt das folgende Beispiel:
E. träumt, im Bett seiner Mutter liege ein schönes nacktes Mädchen
auf dem Bauch. Er küßt sie auf den Rücken und das Gesäß und erwacht
mit einer Pollution.
Zu seinem Erstaunen findet er sich beim Erwachen selbst
auf dem Bauch liegend.
Es sei nur bemerkt, daß der Träumer sich als Weib fühlt und in der
Gestalt des nackten Mädchens im Bett der Mutter liegt, sich also mit seiner
Mutter identifiziert. Daher auch seine passive Homosexualität, die ihn zum
Analytiker gebracht hat.Dr. Tausk.
Nr. 7. Zwanghaftes Etymologisieren
erwies sich bei einem Patienten als Substitution der Frage: woher die Kin-
der kommen, durch die Frage nach der Herkunft der Worte. Diese Identi-
fizierung wäre das pathologische Pendant zu Webers Theorem vom sexuellen
Ursprung der Sprache ($„Imago“, I. Jahrg., 5. Heft$}$}).(Ferenczi.)
Nr. 8. Symbolik der Bettwäsche.
a) Ein junger Mann bekommt regelmäßig eine Pollution, wenn sein
Bett frisch überzogen ist. Deutung: er will das Reine (Weib) beschmutzen;
zugleich zwingt er (ubw.) die weiblichen Angehörigen des Hauses, die das
Bett besorgen, sich mit seiner Potenz zu beschäftigen.
b) Ein Herr hat relative Impotenz: er kann nur kohabitieren, wenn er
zuvor die Bettwäsche, die ganz glatt sein muß, eigenhändig zerknüllt, oder
wenn sich die Frau auf einen Bogen glatten Papieres legt, das er unmittelbar
vor dem Akt zerknittert. Das Symptom erweist sich als überdeterminiert,
seine Elemente sind: $1.$ Verliebtsein in die ($zuzüglige$) Großmutter, $2.$ Sadis-S.
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Erfahrungen und Beispiele aus der analytischen Praxis.
mus (wie beim ersten Fall), 3. Erinnerungen an Onanie an der Bettwäsche.$^{1})$
(Ferenczi.)
Nr. 9. Zwei Zimmer und eines.
Er sieht im Traum zwei Zimmer einer ihm bekannten Wohnung, aus
denen man aber eines gemacht hat.
Nichts Tatsächliches. Deutung auf das weibliche Genitale (den Popo),
den er früher für einen Raum gehalten hat (die infantile Kloakentheorie),
während er jetzt weiß, daß es zwei gesonderte Höhlen und Öffnungen sind.
Umgekehrte Darstellung.(Freud.)
Nr. 10. Der Mantel als Symbol.
In Träumen von Frauen erweist sich der „Mantel“ unzweideutig als
Symbol des Mannes. Der sprachliche Anklang dabei vielleicht nicht un-
wesentlich.(Freud.)
Nr. 11. Der Drachenflieger als Erektionssymbol.
Ein Patient erzählt von seinem an Verfolgungswahn leidenden
Onkel, daß dieser, obzwar schon über 30 Jahre alt, immer mit Knaben
gespielt hat, ihnen manchmal sein Glied zeigte und mit besonderer
Vorliebe und Geschicklichkeit riesige Papierdrachen mit langem Schweif an-
fertigte. Er ließ die Drachen so hoch fliegen, daß sie fürs Auge unsichtbar
wurden, band die Schnur an einen Stuhl, ließ einen Knaben daraufsitzen und
freute sich, wenn ihn der Zug des Drachen umwarf. Die Zusammengehörig-
keit von Paranoia und Homosexualität zeigt sich auch an diesem Beispiel.
Ich erinnere bei diesem Anlaß an den Geisteskranken Mr. Dick im „David
Copperfield“ von Dickens. Auch dieser spielt immer mit Knaben und läßt
Drachen auffliegen, auf die er seine Phantasien über den Tod König Karls
des Ersten aufkritzelt. Käme das bei einem unserer Patienten vor, so
müßten wir ihn, auch wenn er ebenso gutmütig wäre wie Mr. Dick, für einen
unbewußten Vater (Königs)mörder halten, der aber anderseits die Insignien
der Vaterwürde anbetet.[Zur Symbolik des Drachensteigens vergleiche die im VII. Band
der Anthropophyteia mitgeteilte Erzählung (Nr. 26) aus Groß-Frankfurt: „Das
Drachensteigen“. Das Mädchen fragt seinen Papa, warum die Kinder nur im
Herbst die Drachen steigen lassen. Der Papa erklärt ihm: „Das gelt nur,
wenn die Felder abgemäht sind, weil man da weite Strecken laufen muß;
aber ich, ich lasse meinen Drachen das ganze Jahr steigen.“] (Ferenczi.)Nr. 12. Parästhesien der Genitalgegend bei Impotenz.
Psychosexuell impotente Patienten pflegen darüber zu klagen, daß sie
ihren Penis „nicht fühlen“, sondern berichten über ausgesprochenes Kälte-
gefühl in der Genitalgegend, wieder andere sprechen von der Empfindung
des Zusammenschrumpfens des Penis; alle diese Illusionen steigern
sich im Moment eines Kohabitationsversuchs. Im Laufe der Analyse sagen
dann die Patienten oft spontan, daß sie ihren Penis „besser fühlen“, daß das
Kältegefühl abnimmt, daß der (nichterigierte) Penis etwas „konsistenter ist“,
„turgeszenter wird“ usw. Es ist nun aus technischen Gründen nicht rat-sam,
auf solche Klagen hin körperliche Untersuchungen vorzunehmen, in einigen
Fällen konnte ich dem aber nicht ausweichen, konnte aber objektiv keine
$^{1})$ Notiz: Zur Identifizierung von Haut und Wäsche (beides wäscht man
ja!) und von Runzeln- und Wäschefalten, siehe folgenden Witz aus den „Fliegen-
den Blättern“: „Was willst du denn Kleine mit dem Bügeleisen?“ — „Ich möchte
das Gesicht von Großpapa glatt machen.“S.
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Erfahrungen und Beispiele aus der analytischen Praxis.
geschrumpfte „Kälte“, auch keine Anästhesie oder Analgesie, wohl aber Zusammen-
schrumpfen des Penis konstatieren. Analytisch ließ sich als die unbe-
wußte Quelle dieser Sensationen die infantile **Kastrationsangst** feststellen,
die – wie ich es an anderer Stelle ausführte $^1)$ – auch die Ursache jener
**Retraktionsempfindungen** ist, die manche Patienten an der Penisswurzel
und am Damm, besonders bei Angst vor dem Analytiker (Vater) bekommen.
Einer dieser Patienten erwachte einmal bei Nacht mit der Empfindung, daß
er seinen Penis absolut „nicht fühle“, er bekam große Angst und mußte sich
durch Betasten der Genitalien überzeugen, ob er wirklich einen Penis hat.
Die Erklärung war folgende: als Kind wurde ihm wegen onanistischer Be-
rührungen der Genitalien mit Kastration gedroht; seither **Berührungs-
angst** vor den Genitalien. Das ängstliche Hinfühlen an den Penis erwies
sich als Kompromiß zwischen dem Wunsch zu onanieren und der Angst, dafür
so empfindlich bestraft zu werden. (**Wiederkehr des Verdrängten.**) Die
hier beschriebenen und diesen ähnliche Parästhesien zeigen in ihren Schwan-
kungen manchmal ganz gut die Besserungen und Verschlimmerungen im Zu-
stande des Patienten an. — Nebst unbewußten (onanistischen) **Inzest-
phantasien** $^2)$ sind Kastrationsbefürchtungen die häufigste Ursache der psychi-
schen Impotenz; meist sind es beide (Angst vor Kastration wegen der Inzest-
wünsche).(Ferenczi.)
Nr. 13. Verschämte Füße (Schuhe).
Die Patientin berichtet nach mehreren Tagen Widerstand, sie habe sich
so sehr gekränkt, daß ein junger Mann, den sie regelmäßig in der Nähe der
Wohnung des Arztes begegne, und der sie sonst bewundernd anzuschauen
pflegte, das letztemal verächtlich auf ihre Füße geblickt habe. Sie hat sonst
wahrlich keine Ursache, sich ihrer Füße zu schämen. Die Lösung bringt sie
selbst, nachdem sie gestanden hat, daß sie den jungen Mann für den Sohn
des Arztes halte, der also zufolge der Übertragung ihren (älteren) Bruder
vertritt. Nun folgt die Erinnerung, daß sie im Alter von etwa fünf Jahren
ihren Bruder auf das Klosett zu begleiten pflegte, wo sie ihm urinieren zusah.
Von Neid ergriffen, daß sie es nicht so könne wie er, versuchte sie eines
Tages es ihm gleichzutun (**Penisneid**), benetzte aber dabei ihre Schuhe und
ärgerte sich sehr, als der Bruder sie darüber neckte. Der Ärger wiederholte
sich lange Zeit, so oft der Bruder in der Absicht, sie an jenes Mißglücken zu
erinnern, verächtlich auf ihre **Schuhe** blickte. Diese Erfahrung, fügt sie hinzu,
habe ihr späteres Verhalten in der Schule bestimmt. Wenn ihr etwas nicht
beim ersten Versuch gelingen wollte, brachte sie nie den Entschluß zustande,
es von neuem zu versuchen, so daß sie in vielen Gegenständen völlig ver-
sagte. — Ein gutes Beispiel für die Charakterbeeinflussung durch die **Vorbild-
lichkeit des Sexuellen**.
(Freud.)
Nr. 14. Der Flatus, ein Vorrecht der Erwachsenen.
Es kommt vor, daß Analysanden mit der Neigung kämpfen, während
der Séance einen laut hörbaren und auch spürbaren Flatus zu lassen; sie tun
das meist, wenn sie gegen den Arzt in Auflehnung sind. Dieses Symptom
bezweckt aber nicht nur die Beschimpfung des Arztes, sondern will auch be-
sagen, daß der Patient sich Dinge erlauben will, die ihm der **Vater** verbot.
$^{1})$ Ferenczi, **Über passagère Symptombildungen.** (**Zentralbl. f. Psychoanalyse,**
**II. Jahrg.$}$})
$^{2})$ Ferenczi, **Analytische Erklärung und Behandlung der psychosexuellen**
**Impotenz beim Manne.** (**Psychiatr. Neurol. Wschrfit. 1908.$}$})S.
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Erfahrungen und Beispiele aus der analytischen Praxis.
sich sicher aber gestattete. Die erwähnte Ungeniertheit vertritt hier eben
die Stelle aller Vorrechte, die sich die Eltern herausnehmen, den Kindern
aber strenge verbieten, und die sich nun auch der Patient aneignen will.(Ferenczi.)
Nr. 15. Selbstkritik der Neurotiker.
Es ist immer auffällig und verdient besondere Aufmerksamkeit, wenn
ein Neurotiker sich selbst zu beschimpfen, geringschätzig zu beurteilen pflegt
u. dgl. Häufig gelangt man, wie bei den Selbstvorwürfen, zum Verständnis
durch die Annahme einer Identifizierung mit einer anderen Person. In einem
Falle zwangen die Begleitumstände der Sitzung zu einer anderen Lösung
eines solchen Benehmens. Die junge Dame, die nicht müde wurde zu
versichern, sie sei wenig intelligent, unbegabt usw., wollte damit nur
andeuten, sie sei am Körper sehr schön, und verbarg diese Prahlerei hinter
jener Selbstkritik. Der in all solchen Fällen zu vermutende Hinweis auf die
schädlichen Folgen der Onanie fehlte übrigens auch in diesem Falle nicht.(Freud.)
Nr. 16. Infantile Vorstellungen über das weibliche
Genitalorgan.Ein in der Kindheit arg eingeschüchterter Patient (mit Impotenz infolge
larvierter Kastrationsbefürchtungen) träumt, daß er seiner englischen Sprach-
lehrerin eine Krawatte kauft, die aber eigentlich ein zusammengerolltes
Halstuch war. Die Analyse ergab, daß er ihr einen Penis (Tisch-Krawatte)
kaufen will, da es ihm vor einem Wesen ohne Penis (Kastrat, Weib) graust.
Um sich dem Weib ohne Angst nähern zu können, muß er sich die Vagina
als zusammengerollten Penis vorstellen.Ein anderer Patient brachte die bewußte Erinnerung der infantilen
Ansicht, daß die Frauen einen kurzen aber dicken Penis mit
sehr weiter Urethra haben, deren Lumen groß genug ist, um den
Penis des Mannes eindringen zu lassen. – Die Idee, daß es Wesen ohne Penis geben
kann, ist wegen der Assoziation mit dem Kastrationskomplex sehr unliebsam
(Freud), so daß die Knaben alle möglichen Theorien über das weibliche
Genitale aufsuchen müßen, die alle darin übereinstimmen, daß das Weib trotz
des gegenteiligen Anscheines einen Penis hat.(Ferenczi.)
Nr. 17. Kindliche Vorstellungen von der Verdauung.
Dreijähriger Junge:„Onkel Doktor, was hast du im Bauch, daß du so dick bist?“ (Scherz-
hafte Antwort des Hausarztes): „Kaka!“ (Darauf der Junge): „Ist du denn
so viel Kaka?“[Der Kleinere stellt sich den Bauch als einen Hohlraum vor, in dem das
Gegessene unverändert enthalten ist, so wie die in Märchen und Mythen von
Kronos, vom Wolf, vom Walfisch usw. aufgefressenen Menschenkinder
nach Tötung des Tieres oder des Menschenfressers lebend zum Vorschein
kommen oder mittels Erbrechens wiedergeboren werden. – Der Aus-
spruch des kleinen Forschers weist aber auch darauf hin, daß er den Kausal-
nexus zwischen Essen und Stuhl absetzen noch nicht entdeckt hat und letzteres
als eine Funktion für sich betrachtet. Wir wissen ja, wie schwer es den
Menschheit fällt, solche Zusammenhänge festzustellen. Der dritt, was an diesem
Kinderspruche auffällt, ist die Selbstverständlichkeit, mit der er das Kotessen
beim Menschen voraussetzt.](Ferenczi.)
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Nr. 18. Ursache der Verschlossenheit bei einem Kinde.
Die junge Mutter von zwei Kindern ist untröstlich darüber, daß ihre
älteste (vier Jahre alt) so auffallend verschlossen ist; mit allen Mitteln ver-
sucht sie, die Kleine zur Aussprache zu bringen, ihr Vertrauen zu gewinnen,
jedoch vergeblich. Selbst als sie vom Kinde sehr geliebte englische Bonne
weggeschickt werden muß, äußert das Kind der Mutter gegenüber keine
Affekte. Die Mutter bittet sie, auch aufrichtig zu sein, sie dürfe der Mama
alles sagen, was sie am Herzen hat. „Darf ich wirklich alles sagen?“ fragt
die Kleine. „Ja, frage nur,“ antwortet die Mutter. „Nun dann sage mir,
woher kommen die Kinder!“ — [**Schlagende Bestätigung der Annahme
Freuds, daß die Unaufrichtigkeit der Eltern dem wißbegierigen Kinde gegen
über zur Quelle bleibender affektiver und intellektueller Störungen werden kann.**]
(Ferenczi.)
Nr. 19. Rücksicht auf Darstellbarkeit.
Der Träumer zieht eine Frau hinter dem Bette hervor: — er gibt ihr
den Vorzug. — Er (ein Offizier) sitzt an einer Tafel dem Kaiser gegen-
über: — er bringt sich in Gegensatz zum Kaiser (Vater). Beide Dar-
stellungen vom Träumer selbst übersetzt.(Freud.)
Nr. 20. Träume von Toten.
Wenn man träumt, daß man mit Toten spricht, verkehrt u. dgl., hat es
oft die Bedeutung des eigenen Todes. Erinnert man aber im Traum, daß
der Betreffende tot ist, so wehrt man damit die Deutung auf den eigenen
Tod von sich ab.(Freud.)
Nr. 21. Fragmentarische Träume.
Solche enthalten oft nur die zum Thema gehörigen Symbole. Z. B. ein
Traum im Zusammenhange homosexueller Regungen: Er geht mit einem
Freund irgendwohin spazieren ... (undeutlich) ... Luftballone.(Freud.)
Nr. 22. Auftreten der Krankheitssymptome im Traume.
Die Symptome der Krankheit (**Angst** usw.) im Traum scheinen ganz
allgemein zu besagen: Darum (im Zusammenhange mit den vorhergehenden
Traumelementen) bin ich krank geworden. Diesen Träumen entspricht also
einer Fortsetzung der Analyse in den Traum.(Freud.)
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