S.
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Korrespondenzblatt
der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung.
Redigiert von Zentralpräsidenten Dr. C. G. Jung und Zentralsekretär
Dr. Franz Riklin (Zürich-Küsnacht).
I.
Mitteilung des Zentralvorstandes an die Ortsgruppen.
(Das Zentralblatt betreffend.)
Da Herr Dr. Stekel ohne Rücksicht auf die I. Psa. V. zu nahmen
das Zentralblatt für Psychoanalyse, welches offizielles Vereinsorgan war,
zu seinem persönlichen Organ erhoben hat, sah sich der Zentralvorstand
genötigt, die Vorstände der Ortsgruppen statuten gemäß zu einer Zusammen-
kunft einzuladen, welche am 24. November 1912 in München statt-
fand. Es wurde dort beschlossen:
Der Verein zieht sich von dem Blatte des Herrn Dr. Stekel zurück,
indem er darauf verzichtet, sein Korrespondenzblatt in der genannten
Zeitschrift zu veröffentlichen. Dem Präsidenten wird Auftrag erteilt, statt
dem Verleger des Zentralblattes Verhandlungen über die unverzügliche
Zurückziehung des Korrespondenzblattes sowohl wie auch über jene des
Abonnements des Zentralblattes anzuknüpfen. Das Korrespondenzblatt ist
von nun an dem von Herrn Prof. Freud neugegründeten und von den
Herren Dr. Ferenczi und Dr. Rank redigierten Organ einzuerleiben.
Die Verhandlungen mit Herrn Bergmann, dem Verleger des Zentral-
blattes, haben stattgefunden und ermöglichen die unverzügliche Aufhebung
sämtlicher Verbindlichkeiten des Vereines dem Zentralblatt gegenüber.
Die hieraus erwachsenen Kosten werden aus dem Vereinsfonds bestritten.
Das neue Organ soll den Mitgliedern der I. Psa. V. zu den gleichen
Bedingungen wie bisanhin das Zentralblatt überlassen werden. Die
kontraktliche Regelung der Einverleibung des Korrespondenzblattes soll
nächstdem erfolgen.
II.
Vereinsberichte.
1. Ortsgruppe Berlin.
(Bericht über das Sommersemester 1912.)
Sitzungen:
April: Diskussion über die unbewußten Grundlagen des Alkoholismus.
Mai: Frl. Dr. Voigtländer: Psychoanalyse und Psychologie.
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S.
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112 Korrespondenzblatt der Intern. Psychoanalyt. Vereinigung
Mai: Dr. Koerber: Beiträge zur Traumdeutung (Übertragungsträume).
Dr. Abraham: Über sadistische Träume, speziell über Massenmord-
träume.
Juni: Frau Dr. Stegmann: Zur Psychologie der Narkose.
Dr. Abraham: Kasuistisches.
Juli: Dr. Eitingon: Kasuistisches.
Dr. Abraham: Psychoanalytisches über Amenhotep IV.
Oktober: Dr. Koerber: Mitteilungen über einen Fall von Schlachthaus-
Sadismus.
Dr. Abraham: Über neurotische Lichtschen.
Eingetreten:
Frl. Dr. E. Voländer } im Juni 1912 als a.-o. Mitglieder.
Frau Dr. H. Köchert
Herr Dr. E. Simonson.
Frau Dr. M. Stegmann, mit Beginn des neuen Vereinsjahres.
(Adressen der neuen Mitglieder im nachstehenden Verzeichnis.)
Mitgliederliste:
Herr Dr. K. Abraham, Berlin W., Rankestr. 24.
" Dr. P. Bjerre, Stockholm, Östermalmsgatan 43.
" Dr. M. Eitingon, Berlin-Wilmersdorf, Güntzelstr. 2.
" Dr. H. Gerstein, Hamburg, Colonaden 98.
Frau Dr. H. Köchert, Berlin-Karlwitz, Wallmannstr. 8.
Herr Dr. O. Juliusburger, Berlin-Steglitz, Siemensstr. 13.
" San.-Rat Dr. H. Koerber, Berlin-Gr.-Lichterfelde, Boothstr. 19.
" Dr. van de Linde, Huizen bei Amsterdam.
" Dr. A. W. van Renterghem, Amsterdam, Van Breestraat 1.
" Dr. Simon, Berlin-Steglitz, Albrechtstr. 124.
" Dr. E. Simonson, Berlin-Charlottenburg, Kaiserdamm 88.
Frau Dr. M. Stegmann, Dresden, Sidonienstraße 18.
" Dr. H. Stöcker, Nikolasse bei Berlin, Machnowstr. 1.
Frl. Dr. E. Voigtländer, Machern bei Leipzig.
Herr Dr. U. Vollrath, Berlin W., Luitpoldstr. 40.
" Dr. Wanke, Friedrichroda (Thüringen), Gartenstr. 14/16.
Im neuen Vereinsjahr eingetreten:
Dr. J. Marcinowski, Haus Sielbeck am Uklei, Post Holsteinische Schweiz.
Ausgetreten:
Dr. A. Stegmann, Dresden.
2. Ortsgruppe Wien.
A aufgenommen: stud med. Ernst Marcus, Wien, I, Oppolzergasse 6.
A ausgetreten: Dr. Wilhelm Stekel, Wien, I, Gonzagagasse 21.
Sanitätsrat Dr. Förster, Braunfels, Kreis Wetzlar.
1. Sitzung am 9. Oktober 1912: Ordentliche Generalversammlung.
Rechenschaftsbericht der Funktionäre.
Wiederwahl des Vorstandes.
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Korrespondenzblatt der Intern. Psychoanalyt. Vereinigung.
Auf Antrag Prof. Freuds bildet sich ein Referierkomitee, das die Auf-gabe haben soll, alle Erscheinungen der psychoanalytischen Literatur,
vor allem das Jahrbuch, regelmäßig zu besprechen und diese Kri-tiken im offiziellen Vereinsorgan zu veröffentlichen.2. Sitzung am 16. Oktober 1912:
Dr. Hans Sachs: Zur Methodik der Trieblehre (die Arbeit
soll im Jahrbuch erscheinen).3. Sitzung am 23. Oktober 1912:
Referate, Kritiken und Mitteilungen.4. Sitzung am 30. Oktober 1912:
Prof. Freud: Eine kasuistische Mitteilung mit polemischen Bemer-kungen.5. Sitzung am 6. November 1912:
Dr. J. Sadger: Über den sado-masochistischen Komplex I. (Die
Arbeit soll im Jahrbuch erscheinen.)6. Sitzung am 13. November 1912:
Dr. J. Sadger: Über den sado-masochistischen Komplex II.7. Sitzung am 20. November 1912:
Kasuistische Mitteilungen und Referate.
1. Prof. Freud: Zwei Frauenschicksale.
2. Dr. Hitschmann: Goethe als Vatersymbol in Träumen.
3. Dr. Hitschmann: Beitrag zur Sexualsymbolik des Auges.
4. Rosenstein: Über Periodizität in Träumen.
5. Dr. Federn: Verdrängung bei einem visuellen Menschen.
6. Dr. Tausk: Eine Traumdeutung (Wortverdichtung).8. Sitzung am 27. November 1912:
Dr. Viktor Tausk: Zwei Beiträge zur Psychoanalyse künst-lerischer Produktionshemmung.Der Vortragende führte an der Hand zweier Analysen von Hemmungen
in der künstlerischen Produktion bei Berufskünstlern aus, daß der Eintritt
der Hemmung mit jenem Moment zusammenfällt, in dem der Künstler eine
derartige Verdrängung einer Triebart oder Triebkomponente erlebt, daß
die Libido nicht mehr verschoben werden kann und der Trieb unzweckmäßig
seine ursprüngliche spezifische Befriedigungsart fordert. Diese außergewöhn-liche Triebverstärkung tritt bei Anlässen ein, die zugleich beweisen, daß
die betreffende Triebe infantil an gewisse Personen und Verhältnisse fixiert
sind. Dieser Anlaß lassen den Schluß zu, daß eben die Unfähigkeit, die in-fantile Fixierung abzulösen, wenn der fixierte Trieb eine abnorme Inten-sitätsverstärkung erfährt, das Wesen der Produktionshemmung ausmacht. Aus
dem spezifischen Charakter der fixierten Triebkomponente, deren Steige-rung aus den angeführten Träumen und bei den bestimmten Anlässen unmöglich
wurde, schloß der Vortragende auf gewisse Bedingungen der künstlerischen
Produktion und auf die Rückführbarkeit der Inhalte des Kunstwerkes auf in-fantile Vorbilder der Triebbefriedigungsobjekte.
(Autoreferat.)Zeitschr. f. ärztl. Psychoanalys. 8
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Korrespondenzblatt der Intern. Psychoanalyt. Vereinigung.
9. Sitzung am 4. Dezember 1912:
Kasuistische Mitteilungen und Referate.
1. Prof. Freud: Nachtrag zur „Kasuistischen Mitteilung mit pole-mischen Bemerkungen“.
2. Dr. Sachs: Ein Traum Bismarcks.
3. Dr. Rank: Ein Beitrag zur kasuistischen Produktionshemmung.
4. Dr. Rank: Eine noch nicht beschriebene Form des Ödipustraumes.
5. Dr. Hitschmann: Über einige Fälle von Gesellschaftsangst.
6. Dr. Hitschmann: Träume von Homosexuellen.10. Sitzung am 11. Dezember 1912:
Dr. Alfr. Frhr. v. Winterstein: Psychoanalytische An-merkungen zur Geschichte der Philosophie (erscheint im
Druck).11. Sitzung am 18. Dezember 1912:
Kasuistische Mitteilungen und Referate:
1. Dr. Jekels: Ein Fall von Erbrechen.
2. Dr. Sadger: Kinderverdrängungen.
3. Dr. Sadger: Kleine Beiträge z. Anal- und Urethral-Erotik.
4. Dr. Hitschmann: Ein Fall von Erröten.
5. Dr. Rank: Ein Referat.
6. Dr. Rank: Beiträge zur Symbolik in der Dichtung.
7. Dr. Tausk: Beobachtung einer Form von zwangsneurotischen Phan-tasien.
3. Ortsgruppe Zürich.
Sitzung vom 25. Oktober 1912:
Dr. F. Riklin: Psychoanalyse und Religionsforschung. (Autoreferat im
Novemberheft des Zentralblattes.)Sitzung vom 8. November 1912:
Dr. phil. O. Mensendieck: Heinrich Heine.„Aus den frühesten Anfängen erklären sich die spätesten Erscheinungen“
schreibt Heine in den Memoiren. - Die eingehende Untersuchung seines
Verhältnisses zu den Eltern ergibt eine Vereinigung der romantischen Art
des Vaters und der realistischen der Mutter, wodurch in dem Sohne einerseits
das Streben nach praktischer Bedeutung auf der Erde zum schönen Spiel der
Phantasie wurde und anderseits an starker Wider-kehrsleistung immer nach
Verbindung mit der Außenwelt suchte. Er wird dadurch der charakteristische
Vertreter und Gestalter der Tendenzen seiner Zeit. Er ist zugleich Romantiker
und „romantique défroqué“, der zum Realismus überleitet. Das positive
Mutter- und der negative Vaterimago bringen „die beiden Passionen“
hervor; die Liebe zur schönen Hölle und die Liebe zur französischen Revo-lution." In beiden wird er immer mehr und mehr enttäuscht. Denn er sorgt
durch seine Komplexeinstellung dafür, daß er immer die gleiche unangenehme,
aber von Jugend her gewohnte Situation wiederfindet. Er läßt seine Anlagen
nicht direkt zur Auswirkung kommen, verwertet sie vielmehr nur um die
Schranke seines Lebens zu bekämpfen. Auf diese Schranke trifft er überall
durch die Art, wie er gegen sie rennt, macht er sie sich selbst unüberwind-lich und sucht in der Romantik allerlei Surrogaterotik für die eigentliche Lust,
nach der er sich sehnte und die ihm versagt ist. Daher kommt das tiefste
seiner Seele: ein hohes Ideal nicht zur Gestaltung. Es verbirgt sich hinterS.
Korrespondenzblatt der Intern. Psychoanalyt. Vereinigung 115
der Maske der Ironie und des Spottes, tritt aber einmal, in Helgoland, wo
er nach dem Tode des Vaters angesichts des Meeres (Muttersymbol) wie neu
geboren ist, in der Bewunderung für die Größe und Schönheit des uralten
Heiligtums seines Volkes klar ins Bewußtsein. Dadurch findet er zwar zeit-
weilig eine bessere Anpassung an die Wirklichkeit, die dennoch Umwandlung
aber längst nicht statt. So wird sein Leben zu einem ständig nachholenden
Légout in beiden Passionen, bis ihm die Matratzengruft eine tiefe Introver-
sion bringt, in welcher er in den „Geständnissen" an den Anfang seines
Volkes zurückkehrt. Es ist der Versuch, sich schließlich doch noch von der
Neurose zu befreien, durch die er „nur ein Dichter" geworden ist. Er
erkennt das hohe Ideal in sich und überwindet den negativen Komplex. Damit
wiederholt und vollendet er die Entwicklung seines Volkes, die bereits in
der früheren Eigengeschichte des Stammesvaters Jakob-Israel typisiert war.
H's Beispiel zeigt deutlich, daß die Jugend des Menschen sein Schicksal
bedingt, insofern durch den Einfluß der Umgebung charakteristische Eigen-
schaften der Vorfahren stark entwickelt werden und unter besonderen Um-
ständen das ganze geistige Erbe der Ahnen wieder in die Erinnerung tritt.
(Autoreferat).
Sitzung vom 22. November 1912:
Dr. C. G. Jung: Zur Psychologie des Negers.
Die Negerpsychose sind dieselben wie diejenigen der Weißen. In den
leichtesten Fällen ist die Diagnose schwierig, weil man nicht sicher ist, ob
man vielleicht mit Aberglauben zu tun hat. Die Untersuchung macht dadurch
Schwierigkeiten, daß der Neger nicht versteht, was man von ihm will, und
außerdem unzuverlässig ist (weiß sein Alter nicht — kennt keine Zeit). Er
zeigt eine große Unfähigkeit, auf die eigenen Gedanken einzugehen; eine
Erscheinung, welche dem Widerstand bei unseren Patienten analog ist. Von
Halluzinationen wird wenig gesprochen; Wahnsinn und Träume werden
genau, jedoch auch wenig. — Der Neger ist außerordentlich religiös — sein
Gottesbegriff und sein Christusbegriff sind sehr konkret. Der Vortr. hat bei
einer früheren Eigensonnen Selbständigkeitskomplex. Dieser zeigt sich unter anderem in dem Umstande, daß der Neger keine Fragen stellt. Er hat das Gefühl, daß er alles wissen müsse, was in der Religion zu wissen ist, und daß er selbst weiß, was in der Religion zu wissen ist, und daß er selbst weiß, was er in der Religion wissen muss. Bei der Religion der Afrikaner ist es dasselbe wie bei der Religion der Weißen. Es sind die gleichen religiösen Ideen, nur in einer anderen Form. Der Vortr. hat bei einer früheren Untersuchung an Indianern und Chinesen das Gleiche festgestellt. Die Indianer und Chinesen, wie der Neger, haben einen sehr starken Glauben an die Vorfahren und an die Geister. Der Vortr. hat daraufhin festgestellt, daß die Vorfahren- und Geisterbilder der Indianer und Chinesen sich mit den Vorfahren- und Geisterbildern der Neger sehr ähnlich sind. Er ist der Ansicht, daß die Religion der Völker im allgemeinen aus den religiösen Vorstellungen der Vorfahren entsteht. Diese werden von den nachfolgenden Generationen fortgesetzt und weiterentwickelt. Das gilt auch für die Träume. Die Träume der Neger sind nicht anders als die Träume der Weißen. Sie sind symbolisch, aber in der symbolischen Form unterscheiden sich die Träume der Neger von den Träumen der Weißen. Die Traumbilder der Neger sind den Geistern und Vorfahrenbildern sehr ähnlich. Die Symbole der Träume der Neger sind sehr konkret. Die Träume der Indianer und Chinesen sind demgegenüber weniger konkret. Bei den Indianern und Chinesen, wie auch bei den Negern, sind die Träume von der Religion beeinflußt. Die religiösen Ideen werden durch die Träume verstärkt. Die Träume der Neger sind sehr stark von der Religion beeinflußt. Die religiösen Ideen werden durch die Träume verstärkt. Die Träume sind sehr stark mit den religiösen Ideen verknüpft. Bei den Indianern und Chinesen ist es ebenso. Der Vortr. hat daraufhin gesagt, daß man in den Träumen der Neger und Indianer und Chinesen die religiösen Ideen finden kann. In den Träumen kann man die psychische Entwicklung des Volkes erkennen. (Autoreferat.)
Sitzung vom 6. Dezember 1912
Dr. A. Maeder: Der Heilungsvorgang der Neurose. (Erscheint in Druck.)
Sitzung vom 20. Dezember 1912
Als neue Mitglieder wurden aufgenommen:
Dr. H. Schmid, Cery bei Lausanne.
Frl. Dr. Liebersmann, Zollikon bei Zürich.
Frl. Dr. Brockmann, Burghölzli, Zürich.
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116 Korrespondenzblatt der Intern. Psychoanalyt. Vereinigung.
Als Sekretär für die Ortsgruppe wurde gewählt:
Dr. phil. O. Mensendieck, Keltenstraße 40, Zürich V.
Pfr. A. Keller sprach über: Die Beurteilung von Jungs „Wand-
lungen und Symbole der Libido" durch die Religionswissenschaft.
Für die Religionswissenschaft hat Jungs Arbeit eine doppelte Bedeutung:
eine religionsgeschichtliche und eine religionspsychologische. Religionsgeschichtlich
wird nicht zu leugnen sein, daß das Christentum nach seiner Entstehung und
seiner Geschichte in engem Zusammenhang mit den vorderasiatischen Reli-
gionen gebracht werden muß, als es in der Vergangenheit geschah, wenn auch
nicht alle religionsgeschichtliche Parallelen immer genügend fundiert seien oder
die behauptete Beweiskraft haben dürften, um etwa direkte historische Zeit-
nehmungen und Übergänge oder etwa die Unwahrscheinlichkeit ihrer Wahrschein-
zu machen. An der religionspsychologischen Position Jungs kann die Theologie
manches als eine wertvolle Bereicherung anerkennen. Einmal, in der Frage
nach der Entstehung der Religion, die Ableitung ihrer Formen, soweit sie
wissenschaftlich faßbar sind, aus emotionellen Bewußtseinslagen, die egoideal
verlaufen und die religiösen Gebilde hervorbringen, wobei es dem religiösen
Subjekt unbenommen bleibt, sie als Folge einer vorausgehenden agogetan,
göttlichen Wirkung zu betrachten. Die Theologie begrüßt auch freudig die
Anerkennung des biologischen Wertes der Religion, die nach Jung tief mit
der psychologischen Struktur zusammenhängt. Eine Demarkationslinie wird da
sichtbar, wo es sich um die erkenntnistheoretische Beschränkung, die rein
Psychologischen handelt, dem es zu euch nicht vergehen ist, weder zur Auf-
stellung von Wert und Gültigkeit, noch überhaupt zur Anerkennung einer
transsubjektiven Realität vorzudringen. Wie etwas geworden ist, entscheidet
weder über seinen Wert, noch über seine Gültigkeit. Die Anerkennung eines
bloß biologischen Wertes dürfte nicht nur der Religionswissenschaft, sondern
überhaupt jeder Philosophie als Wissenschaft der Werte ungenügend sein, die
im bloß biologischen noch nicht den höchsten Wert erblickt. (Autoreferat.)
III.
Kleine Mitteilung.
An der VIII. Versammlung der Schweiz. Neurol. Gesellschaft
in Luzern am 9. und 10. November 1912 wurden zwei Vorträge gehalten,
welche sich um die Psychoanalyse drehten, nämlich von Dr. P. L. Ladame
(Genève): Névrose et sexualité und von Dr. E. von Koehler (Mont Pèlerin):
Dementia praecox oder reactive Depression? Die Vorträge enthalten für uns
keine wissenschaftliche Bereicherung.
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