Hysterische Phantasien und ihre Beziehung zur Bisexualität 1908-001/1924
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    HYSTERISCHE PHANTASIEN UND IHRE
    BEZIEHUNG ZUR BISEXUALITAT

    Zuerst erschienen in der „Zeitschrift fiir Sezual-
    wissenschaft“ (herausg. von M, Hirschfeld) I, 1908,
    dann in der Zweiten Folge der „Sammlung kleiner
    Schriften zur Neurosenlehre.“

    Allgemein bekannt sind die Wahndichtungen der Paranoiker,
    welche die Größe und die Leiden des eigenen Ichs zum Inhalt
    haben und in ganz typischen, fast monotonen Formen auftreten.
    Durch zahlreiche Mitteilungen sind uns ferner die sonderbaren
    Veranstaltungen bekannt geworden, unter denen gewisse Perverse
    ihre sexuelle Befriedigung — in der Idee oder Realität — in
    Szene setzen. Dagegen dürfte es manchen wie eine Neuheit
    klingen, zu erfahren, daß ganz analoge psychische Bildungen bei
    allen Psychoneurosen, speziell bei Hysterie, regelmäßig vorkommen,
    und daß diese — die sogenannten hysterischen Phantasien —
    wichtige Beziehungen zur Verursachung der neurotischen Symptome
    erkennen lassen.

    Gemeinsame Quelle und normales Vorbild all dieser phan-
    tastischen Schöpfungen sind die sogenannten Tagträume der
    Jugend, die in der Literatur bereits eine gewisse, obwohl noch
    nicht zureichende, Beachtung gefunden haben." Bei beiden Ge-

    1) Vgl. Breuer und Freud: Studien über Hysterie, 1895. (4. Aufl. 1922.)

    [Bd. I dieser Gesamtausgabe.) 一 P. Janet: Névroses et idées fixes, I. (Les rêveries
    subconscientes.) 1898. — Havelock Ellis: Geschlechtstrieb und Schamgefühl
    (deutsch von Kåtscher). 1900, — Freud: Traumdeutung, 1900, 7. Aufl, 1922.

    [Bd. II und III dieser Gesamtausgabe.] — A. Pick: Uber pathologische Triumerei
    und ihre Beziehungen zur Hysterie, Jahrbuch fiir Psychiatric und Neurologie,
    XIV, 1896.

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    Hysterische Phantasien und ihre Beziehung zur Biserualitåt 247

    schlechtern vielleicht gleich häufig, scheinen sie bei Mädchen
    und Frauen durchweg erotischer, bei Männern erotischer oder
    ehrgeiziger Natur zu sein. Doch darf man die Bedeutung des
    erotischen Moments auch bei Männern nicht in die zweite
    Linie rücken wollen; bei näherem Eingehen in den Tagtraum
    des Mannes ergibt sich gewöhnlich, daß all diese Heldentaten
    nur verrichtet, alle Erfolge nur errungen werden, um einem
    Weib zu gefallen und von ihr anderen Männern vorgezogen zu
    werden Diese Phantasien sind Wunschbefriedigungen, aus der
    Entbehrung und der Sehnsucht hervorgegangen; sie führen den
    Namen „Tagtriume” mit Recht, denn sie geben den Schlüssel
    zum Verständnis der nächtlichen. Träume, in denen nichts anderes
    als solche komplizierte, entstellte und voi: der bewuBten psychischen
    Instanz miBverstandene Tagesphantasien den Kern der Traum-
    bildung herstellen.

    Diese Tagtráume werden mit groDem Interesse besetzt, sorg-
    fültig gepflegt und meist sehr schamhaft behütet, als ob sie zu
    den intimsten Gütern der Persónlichkeit zühlten. Auf der Strafe
    erkennt man aber leicht den im Tagtraum Begriffenen an einem
    plötzlichen, wie abwesenden Lächeln, am Selbstgespråch oder an
    der laufartigen Beschleunigung des Ganges, womit er den Høhe-
    punkt der ertråumten Situation bezeichnet. — Alle hysterischen
    Anfälle, die ich bisher untersuchen konnte, erwiesen sich
    nun als solche unwillkürlich hereinbrechende Tagträume. Die
    Beobachtung läßt. nämlich keinen Zweifel darüber, daß es
    solche Phantasien ebensowohl unbewuDt gibt wie bewuDt, und
    sobald dieselben zu unbewuften geworden sind, können sie
    auch ‘pathogen werden, d. h. sich in Symptomen und Anfillen
    ausdrücken. Unter günstigen Umständen kann man eine solche
    unbewuBte Phantasie noch mit dem Bewußtsein erhaschen. Eine
    meiner Patientinnen, die ich auf ihre Phantasien aufmerksam

    1) Ähnlich urteilt hierüber H. Ellis, l c, 185 £.
    2) Vgl. Freud: Traumdeutung, 7. Aufl, S. 555.

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    248 Arbeiten zum Sexualleben und zur Neurosenlehre

    gemacht hatte, erzählte mir, sie habe sich einmal auf der Straße
    plötzlich in Tränen gefunden, und bei raschem Besinnen, worüber
    sie eigentlich weine, sei sie der Phantasie habhaft geworden, daß
    sie mit einem stadtbekannten (ihr aber persönlich unbekannten)
    Klaviervirtuosen ein zártliches Verhältnis eingegangen sei, ein
    Kind von ihm bekommen habe (sie war kinderlos), und dann
    mit dem Kinde von ihm im Elend verlassen worden sei. An
    dieser Stelle des Romanes brachen ihre Tränen hervor.

    Die unbewuBten Phantasien sind entweder von jeher unbewuBt
    gewesen, im UnbewuBten gebildet worden oder, was der häufigere
    Fall ist, sie waren einmal bewuBte Phantasien, Tagträume, und
    sind dann mit Absicht vergessen worden, durch die „Verdrängung“
    ins UnbewuBte geraten. Ihr Inhalt ist dann entweder der nämliche
    geblieben oder er hat Abänderungen erfahren, so daB die jetzt
    unbewuDte Phantasie einen Abkómmling der einst bewuBten
    darstellt. Die unbewuBte Phantasie steht nun in einer sehr
    wichtigen Beziehung zum Sexualleben der Person; sie ist nämlich
    identisch mit der Phantasie, welche derselben während einer
    Periode von Masturbation zur sexuellen Befriedigung gedient hat.
    Der masturbatorische (im weitesten Sinne: onanistische) Akt setzte
    sich damals aus zwei Stücken zusammen, aus der Hervorrufung
    der Phantasie und aus der aktiven Leistung zur Selbstbefriedigung

    ' auf der Hohe derselben. Diese Zusammensetzung ist bekanntlich
    selbst eine Verlótung. Ursprünglich war die Aktion eine rein
    autoerotische Vornahme zur Lustgewinnung von einer bestimmten,
    erogen zu nennenden Kórperstelle. Später verschmolz diese Aktion
    mit einer Wunschvorstellung aus dem Kreise der Objektliebe und
    diente zur teilweisen Realisierung der Situation, in welcher diese
    Phantasie gipfelte. Wenn dann die Person auf diese Art der
    masturbatorisch-phantastischen Befriedigung verzichtet, so. wird
    die Aktion unterlassen, die Phantasie aber wird aus einer bewuBten

    1) Vgl. Freud: Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie, 1905, 5. Aufl, 1922.
    [Enthalten in diesem Band, S 1 #.]

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    Hysterische Phantasien und ihre Beziehung zur Bisexualität 249

    zu einer unbewuDten. Tritt keine andere Weise der sexuellen
    Befriedigung ein, verbleibt die Person in der Abstinenz und
    gelingt es ihr nicht, ihre Libido zu sublimieren, das heiBt die
    sexuelle Erregung auf ein höheres Ziel abzulenken, so ist jetzt
    die Bedingung dafür gegeben, daß die unbewuBte Phantasie
    aufgefrischt werde, wuchere und sich mit der ganzen Macht des
    Liebesbedürfnisses wenigstens in einem Stück ihres Inhalts als
    Krankheitssymptom durchsetze.

    Für eine ganze Reihe von hysterischen Symptomen sind solcher
    Art die unbewußten Phantasien die nächsten psychischen Vor-
    stufen. Die hysterischen Symptome sind nichts anderes als die
    durch . „Konversion“ zur Darstellung gebrachten unbewußten
    Phantasien, und insofern es somatische Symptome sind, werden
    sie häufig genug aus dem Kreise der nämlichen Sexualempfindungen
    und motorischen Innervationen entnommen, welche ursprünglich
    die damals noch bewußte Phantasie begleitet hatten. Auf diese
    Weise wird die Onanieentwöhnung eigentlich rückgängig gemacht
    und das Endziel des ganzen pathologischen Vorganges, die Her-
    stellung der seinerzeitigen primären Sexualbefriedigung, wird
    dabei zwar niemals vollkommen, aber immer in einer Art von
    Annäherung erreicht.

    Das Interesse desjenigen, der die Hysterie studiert, wendet
    sich alsbald von den Symptomen derselben ab und den Phantasien
    zu, aus welchen erstere hervorgehen. Die Technik der Psycho-
    analyse gestattet es, von den Symptomen aus diese unbewußten
    Phantasien zunächst zu erraten und dann im Kranken bewußt
    werden zu lassen. Auf diesem Wege ist nun gefunden worden,
    daß die unbewußten Phantasien der Hysteriker den bewußt durch-
    geführten Befriedigungssituationen der Perversen inhaltlich völlig
    entsprechen, und wenn man um Beispiele solcher Art verlegen
    ist, braucht man sich nur an die welthistorischen Veranstaltungen
    der römischen Cäsaren zu erinnern, deren Tollheit natürlich nur
    durch die uneingeschränkte Machtfülle der Phantasiebildner bedingt

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    250 Arbeiten. zum: Sexualleben und zur Neurosenlehre

    ist. Die Wahnbildungen der Paranoiker sind ebensolche, aber
    unmittelbar. bewußt gewordene Phantasien, die von der maso-
    chistisch-sadistischen Komponente des Sexualtriebes getragen werden
    und gleichfalls in gewissen unbewuBten Phantasien der Hysterischen
    ihre vollen Gegenstiicke finden können. Bekannt ist übrigens der
    auch praktisch bedeutsame Fall, daß Hysteriker ihre Phantasien
    nicht als Symptome, sondern in bewuDter Realisierung zum Aus-
    drucke bringen und somit Attentate, MiBhandlungen, sexuelle
    Aggressionen fingieren und in Szene setzen.

    Alles was man über die Sexualitit der Psychoneurotiker
    erfahren kann, wird auf diesem Wege der psychoanalytischen
    Untersuchung, der von den aufdringlichen Symptomen zu den
    verborgenen unbewuBten Phantasien führt, ermittelt, darunter also
    auch das Faktum, dessen. Mitteilung in den Vordergrund dieser
    kleinen vorläufigen Veröffentlichung gerückt werden soll.

    Wahrscheinlich infolge der Schwierigkeiten, die dem Bestreben
    der unbewußten Phantasien, sich Ausdruck zu ‚verschaffen, im
    Wege stehen, ist das Verhältnis der Phantasien zu den Symptomen
    kein einfaches, sondern ein mehrfach kompliziertes. In der Regel,
    das heißt bei voller Entwicklung und nach längerem Bestande
    der Neurose, entspricht ein Symptom nicht einer einzigen unbe-
    wußten Phantasie, sondern einer Mehrzahl von solchen, und zwar
    nicht in willkürlicher Weise, sondern in gesetzmäßiger Zusammen-
    setzung. Zu Beginn des Krankheitsfalles werden wohl nicht alle
    diese Komplikationen entwickelt sein.

    Dem allgemeinen Interesse zuliebe überschreite ich hier den
    Zusammenhang dieser Mitteilung und füge eine Reihe von
    Formeln. ein, die sich bemühen, das Wesen der hysterischen
    Symptome fortschreitend zu erschópfen. Sie widersprechen
    einander nicht, sondern entsprechen teils vollstindigeren und

    1) Das nämliche gilt für die Beziehung zwischen den „latenten“ Traumgedanken
    und den Elementen des „manifesten“ Trauminhaltes. Siehe den Abschnitt über die
    »Traumarbeit in des Verfassers „Traumdeutung“.

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    Hysterische Phantasien und ihre Beziehung zur Bisexualität 251

    schårferen Fassungen, teils der Anwendung verschiedener Gesichts-
    punkte.

    1.) Das hysterische Symptom ist das Erinnerungssymbol
    gewisser wirksamer (traumatischer) Eindriicke und Erlebnisse.

    2.) Das hysterische Symptom ist der durch „Konversion“
    erzeugte Ersatz får die assoziative Wiederkehr dieser traumatischen
    Erlebnisse.

    3.) Das hysterische Symptom ist — wie auch andere psychische
    Bildungen — Ausdruck einer Wunscherfüllung.

    4.) Das hysterische Symptom ist die Realisierung einer der
    Wunscherfüllung dienenden, unbewuBten Phantasie.

    5.) Das hysterische Symptom dient der sexuellen Befriedigung
    und stellt einen Teil des Sexuallebens der Person dar (ent-
    sprechend einer der Komponenten ihres Sexualtriebs.)

    6.) Das hysterische Symptom entspricht der Wiederkehr einer
    Weise der Sexualbefriedigung, die im infantilen Leben 1
    gewesen und seither verdringt worden ist.

    7.) Das hysterische Symptom entsteht als KompromiD aus zwei
    gegensåtzlichen Affekt- oder Triebregungen, von denen die eine
    einen Partialtrieb oder eine Komponente der Sexualkonstitution
    zum Ausdrucke zu bringen, die andere dieselbe zu unterdrücken
    bemiiht ist.

    8.) Das hysterische Symptom kann die Vertretung verschiedener
    unbewubBter, nicht sexueller Regungen übernehmen, einer sexuellen
    Bedeutung aber nicht entbehren.

    Unter diesen verschiedenen Bestimmungen ist es die siebente,
    welche das Wesen des hysterischen Symptoms als Realisierung
    einer unbewuBten Phantasie am erschopfendsten zum Ausdrucke
    bringt und mit der achten die Bedeutung des sexuellen Moments
    in richtiger Weise wiirdigt. Manche der vorhergehenden Formeln
    sind als Vorstufen in dieser Formel enthalten.

    Infolge dieses Verhältnisses zwischen Symptomen und Phantasien
    gelingt es unschwer, von der Psychoanalyse der Symptome zur

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    252 Arbeiten zum Sexualleben und zur Neurosenlehre

    Kenntnis der das Individuum beherrschenden Komponenten des
    Sexualtriebes zu gelangen, wie ich es in den , Drei Abhandlungen
    zur Sexualtheorie“ ausgeführt habe. Diese Untersuchung ergibt
    aber für manche Fälle ein unerwartetes Resultat. Sie zeigt, daß
    für viele Symptome die Auflösung durch eine unbewuBte sexuelle
    Phantasie, oder durch eine Reihe von Phantasien, von denen
    eine, die bedeutsamste und ursprünglichste, sexueller Natur ist,
    nicht genügt, sondern daß man zur Lösung des Symptoms zweier
    sexueller Phantasien bedarf, von denen die eine männlichen, die
    andere weiblichen Charakter hat, so daB eine dieser Phantasien
    einer homosexuellen Regung entspringt. Der in Formel 7 aus-
    gesprochene Satz wird durch diese Neuheit nicht beriihrt, so daB
    ein hysterisches Symptom notwendigerweise einem KompromiB
    zwischen einer libidinósen und einer Verdrüngungsregung ent-
    spricht, nebstbei aber einer Vereinigung zweier libidinóser
    Phantasien von entgegengesetztem Geschlechtscharakter entsprechen
    kann.

    Ich enthalte mich, Beispiele für diesen Satz zu geben. Die
    Erfahrung hat mich gelehrt, daß kurze, zu einem Extrakt
    zusammengedrångte Analysen niemals den beweisenden Eindruck
    machen kónnen, wegen dessen man sie herangezogen hat. Die
    Mitteilung voll analysierter Krankheitsfålle muß aber für einen
    anderen Ort aufgespart werden.

    Ich begnüge mich also damit, den Satz aufzustellen und seine
    Bedeutung zu erläutern :

    9. Ein hysterisches Symptom ist der Ausdruck einerseits einer
    männlichen, anderseits einer weiblichen, unbewuBten sexuellen
    Phantasie. -

    Ich bemerke ausdrücklich, daß ich diesem Satze eine ähnliche
    Allgemeingültigkeit nicht zusprechen kann, wie ich sie für die
    anderen Formeln in Anspruch genommen habe. Er trifft, soviel
    ich sehen kann, weder für alle Symptome eines Falles, noch für
    alle Fálle zu. Es ist im Gegenteile nicht schwer, Fálle aufzuzeigen,

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    Hysterische Phantasien und ihre Beziehung zur Bisexualitåt 253

    bei denen die entgegengesetztgeschlechtlichen Regungen gesonderten
    symptomatischen Ausdruck gefunden haben, so daß sich 6
    Symptome der Hetero- und der Homosexualität so scharf von-
    einander scheiden lassen, wie die hinter ihnen verborgenen Phan-
    tasien. Doch ist das in der neunten Formel behauptete Verhältnis
    häufig genug, und wo es sich findet, bedeutsam genug, um eine
    besondere Hervorhebung zu verdienen. Es scheint mir die höchste
    Stufe der Kompliziertheit, zu der sich die Determinierung eines
    hysterischen Symptoms erheben kann, zu bedeuten, und ist also
    nur bei langem Bestande einer Neurose und bei großer Organi-
    sationsarbeit innerhalb derselben zu erwarten.‘

    Die in immerhin zahlreichen Fällen nachweisbare bisexuelle
    Bedeutung hysterischer Symptome ist gewiß ein interessanter
    Beleg für die von mir aufgestellte Behauptung,“ daß die supponierte
    bisexuelle Anlage des Menschen sich bei den Psychoneurotikern
    durch Psychoanalyse besonders deutlich erkennen läßt. Ein durchaus
    analoger Vorgang aus dem nämlichen Gebiete ist es, wenn der
    Masturbant in seinen bewußten Phantasien sich sowohl in den
    Mann, als auch in das Weib der vorgestellten Situation einzu-
    fühlen versucht, und weitere Gegenstücke zeigen gewisse hysterische
    Anfälle, in denen die Kranke gleichzeitig beide Rollen der zugrunde
    liegenden sexuellen Phantasie spielt, also zum Beispiel wie in
    einem Falle meiner Beobachtung, mit der einen Hand das
    Gewand an den Leib preßt (als Weib), mit der anderen es
    abzureißen sucht (als Mann). Diese widerspruchsvolle Gleichzeitigkeit
    bedingt zum guten Teile die Unverständlichkeit der doch sonst
    im Anfalle so plastisch dargestellten Situation und eignet sich
    also vortrefflich zur Verhüllung der wirksamen unbewußten
    Phantasie.

    ı) I. Sadger, der kürzlich den in Rede stehenden Satz durch eigene Psycho-
    analysen selbständig aufgefunden hat (Die Bedeutung der psychoanalytischen Methode
    nach Freud, Zentralbl. f. Nerv. u. Psych., Nr. 229, 1907), tritt allerdings für dessen
    allgemeine Gültigkeit ein.

    2) Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie.

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    254 Arbeiten zum Sexualleben und zur Neurosenlehre

    Bei der psychoanalytischen Behandlung ist es sehr wichtig, daß
    man auf die bisexuelle Bedeutung eines Symptomes vorbereitet sei.
    Man braucht sich dann nicht zu verwundern und nicht irre zu
    werden, wenn ein Symptom anscheinend ungemindert fortbesteht,
    obwohl man die eine seiner sexuellen Bedeutungen bereits gelöst
    hat. Es stützt sich dann noch auf die vielleicht nicht vermutete
    entgegengesetztgeschlechtliche. Auch kann man bei der Behandlung
    solcher Fälle beobachten, wie der Kranke sich der Bequemlichkeit
    bedient, während der Analyse der einen sexuellen Bedeutung mit
    seinen Einfällen fortwährend in das Gebiet der konträren Bedeutung,
    wie auf ein benachbartes Geleise, auszuweichen.