-
S.
[Briefkopf Wien] 14. 4. 27.
Lieber Max
Ich schreibe Ihnen aus dem Cottage-Sanatorium, wo ich heute (mit beiden Frauen)1 ungern genug eingezogen bin. Man hat es mir sehr schön eingerichtet, ähnlich wie in Esplanade-Berlin,2 und es wird eine Menge Geld kosten, das man besser verwenden könnte. Indes war nicht zu leugnen, daß die myokarditische Narbe vom Vorjahr sich bei jeder Muskelanstrengung peinlich gemeldet hat. Ich gedenke eine Woche ganz auszusetzen und eine nächste drei Stunden lang zu behandeln. Es war heute bereits sehr langweilig.
Ich danke Ihnen sehr für die neue Zigarrensendung, die Ernst hoffentlich jedesmal begleicht. Natürlich verlangt man, daß ich weniger rauchen soll. Meine neue Prothese, in manchen Stücken besser, ist in anderen doch eine Enttäuschung. Damit beschließe ich die allzu persönlichen Mitteilungen.
Von Anna kommen sehr befriedigte Nachrichten, der Comosee scheint sie so zu fesseln, daß sie an Lago Maggiore vergißt. Ihr Aufenthalt ist noch immer Cernobbioa.3
Storfer hat mir gegenüber nur private Motive für seinen Abgang gelten lassen, er behauptet, daß er ein Schiff verläßt, das eben wieder flott wird. Unser brieflicher Verkehr hinterließ mir nicht den Eindruck seiner Unerbittlichkeit.
Ich erwarte, daß ich Sie bald, vielleicht anfangs Mai, sehen werde.4 Bitte lassen Sie sich mahnen, daß von meinen Geburtstagen bis wieder zum 75. keine Notiz genommen werden soll. Ich sehe Sie zu jedem Datum gerne.
Endlich bitte ich Sie, einem Herrn [O. G.], Harburg (a. Elbe) [...]a von Amtswegen einen Hamburger Analytiker nennen zu lassen. Ich weiß nicht, wer Foerstersb5 Platz eingenommen hat.
Herzlich für Sie und Mirra
Ihr Freud
a MS: Cenobbio.
a Straße und Hausnummer.
b MS: Försters.
-
S.
Berggasse 19
Wien 1090
Österreich
Rauchstraße 4
Berlin 10787
Deutschland
C23F3