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S.
[Briefkopf Wien] 16. X. 1927
Lieber Max
Ich beeile mich, die Besorgnisse zu zerstreuen, die in Ihrem Brief auftauchen. Meine Abstinenz war außer Zusammenhang mit anderen Veranlassungen als einer Summation von freien Genüssen; ich baue sie derzeit langsam ab. Pichler hat eine technische Neuerung versucht, die sich immer mehr bewährt, noch nicht vollendet ausgeführt ist. Mathilde hat uns durch heftige Schwindelzustände erschreckt bei schlechtem Aussehen. Ihr Arzt will nichts finden, aber es kann doch nicht grundlos sein.
Meine Frau fährt am 22/X, will also heute in acht Tagen in Berlin eintreffen.
Von der ‚Illusion‘ erhalten Sie einen Abzug, sobald die Fahnen wiederkommen. Bei der Korrektur habe ich urteilen müssen, daß der analytische Gehalt der Arbeit sehr gering und sie auch sonst nicht viel wert ist. Grade nur ein Geschäft für den Verlag.
Ihre Briefmarkensendung ist zwischen Wien und Hamburg geteilt worden1 und wird gewiß mit ungeteilter Freude aufgenommen werden.
Ihrem Wohnungsexperiment sehe ich nicht ohne Sorge entgegen. Vielleicht haben wir in Wien noch zu großen Respekt vor Entfernungen.
Pfister will dem Verlag ein Buch eines Schweden Schjelderup über Askese anhängen.2 Ich werde ihn an Sie weisen.
Mit herzlichen Grüßen für Sie beide
Ihr Freud
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S.
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Österreich
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