Vorwort 1913-062/1931.2
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    Onanie-Diskussion

     

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    verweilen. Ich darf Sie dabei auch daran mahnen, daß eine an sehnliche Zahl gerade der schwersten Neurotiker in den historischen Zeiten ihrer Erinnerung die Onanie vermieden hat, während sich durch die Psychoanalyse nachweisen läßt, daß ihnen diese Sexual tätigkeit in vergessenen Frühzeiten keineswegs fremd geblieben war. Doch ich denke, wir brechen hier ab. Wir sind ja alle in dem Urteil einig, daß das Thema der Onanie schier unerschöpflich ist.

     

    VORWORT

     

    zu ,,Die psychischen Störungen der männlichen Potenz" von Dr. Maxim. Steiner, Wien 1913

     

    Der Autor dieser kleinen Monographie, welche die Pathologie und Therapie der psychischen Impotenz des Mannes behandelt, gehört zu jener kleinen Schar von Ärzten, welche frühzeitig die Bedeutung der Psychoanalyse für ihr Spezialfach erkannt und seitdem nicht aufgehört haben, sich in deren Theorie und Technik zu vervollkommnen. Wir wissen ja, daß nur ein kleiner Anteil der neurotischen Leiden welche wir jetzt als Folgen von Störung der Sexualfunktion erkannt haben in der Neuropathologie selbst abgehandelt wird. Der größere Teil derselben fällt unter die Er krankungen des betreffenden Organs, welches von der neurotischen Störung heimgesucht wird. Es ist nur zweckmäßig und billig, wenn auch die Behandlung dieser Symptome oder Syndrome die Sache des Spezialarztes wird, welcher allein die Differentialdiagnose gegen eine organische Affektion stellen, bei Mischformen den Anteil des organischen Elements von dem des neurotischen abgrenzen und im allgemeinen Aufschluß über die gegenseitige Förderung von beiderlei Krankheitsfaktoren geben kann. Sollen aber die ,,nervösen" Organkrankheiten nicht als ein Anhang zu den materiellen Er krankungen derselben Organe einer Vernachlässigung anheimfallen, welche sie bei ihrer Häufigkeit und praktischen Bedeutsamkeit keines wegs verdienen, so muß der Spezialist, sei er Magen-, Herz- oder Urogenitalarzt, außer seinen allgemeinen ärztlichen und seinen Spezialkenntnissen auch die Gesichtspunkte, Einsichten und Tech niken des Nervenarztes für sein Gebiet verwerten können.

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    Geleitworte

     

    Es wird einen großen therapeutischen Fortschritt bedeuten, wenn der Spezialarzt den mit einem nervösen Organleiden Behafteten nicht mehr mit dem Bescheid entlassen wird: ,,Ihnen fehlt nichts; es ist bloß nervös." Oder mit der nicht viel besseren Fortsetzung: ,,Gehen Sie zum Nervenarzt, er wird Ihnen eine leichte Kalt wasserkur verordnen." Man wird gewiß auch eher vom Organ spezialisten verlangen dürfen, daß er die nervösen Störungen seines Gebietes verstehe und behandeln könne, als vom Nervenarzt, daß er sich zum Universalspezialisten für alle Organe ausbilde, an denen die Neurosen Symptome machen. Demnach ist vorauszusehen, daß nur die Neurosen mit wesentlich psychischen Symptomen die Domäne des Nervenarztes bleiben werden.

     

    Die Zeit ist dann hoffentlich nicht ferne, in welcher die Einsicht allgemein wird, daß man keinerlei nervöse Störung verstehen und behandeln kann, wenn man nicht die Gesichtspunkte, oft auch die Technik der Psychoanalyse zu Hilfe nimmt. Diese Behauptung mag heute wie eine anmaßende Übertreibung klingen; ich getraue mich vorherzusagen, daß sie dazu bestimmt ist, ein Gemeinplatz zu werden. Es wird aber ein bleibendes Verdienst des Autors dieser Schrift sein, daß er diese Zeit nicht abgewartet hat, um die Psycho analyse in die Therapie der nervösen Leiden seines Spezialgebietes einzulassen.

     

    BRIEF AN DR. FRIEDRICH S. KRAUSS ÜBER DIE ANTHROPOPHYTEIA

     

    (1910)

     

    Hochgeehrter Herr Doktor!

     

    Sie haben mir die Frage gestellt, auf welchen wissenschaftlichen Wert das Sammeln von erotischen Scherzen, Witzen, Schwänken u. dgl. nach meiner Meinung Anspruch machen könne. Ich weiß, daß Sie keineswegs daran irre geworden sind, eine solche Sammel tätigkeit rechtfertigen zu können; Sie wünschen bloß, daß ich vom Standpunkte des Psychologen Zeugnis ablege für die Brauchbarkeit, ja für die Unentbehrlichkeit eines solchen Materials.