S.

                                Wien, am 15. November 1923

Liebe Freunde!

Leider muß ich von einer unangenehmen Unterbrechung in der so
überaus günstig verlaufenden Rekonvaleszenz des Professors berichten. Beschwer-
den, die sich einstellten, haben eine Nachoperation an der Stelle der ersten
Narbe (Rand) notwendig gemacht, die Montag vorgenommen wurde und programmgemäß
verlaufen ist. Der Professor war heute schon fieberfrei, wenn auch nicht ganz
schmerzfrei und es ist bei weiterem guten Verlauf zu hoffen, daß er in eini-
gen Tagen wieder nachhause kann. Doch ist der Beginn der Arbeitsfähigkeit
wieder hinausgeschoben, eines- teils wegen des Kräftezustandes des Professors, 
anderseits weil die Prothese ergänzt werden muß und er sich jetzt wieder 
daran zu gewöhnen haben wird. Doch hoffen wir, daß der Verlauf dieser Heilung 
ein rasche- rer sein wird, als beim ersten Male.

Von anderen Dingen möchte ich heute nicht viel erwähnen. Vielleicht
nur, daß in Paris eine neue große Welle des medizinischen Interesses zu 
konstatieren ist, die sich im nächsten Jahr bereits auswirken wird (nähere
Details später).

Über Sándors Klage habe ich noch mit dem Professor sprechen kön-
nen (vor der Operation, wo sich Prof. bereits sehr gut fühlte) und waren beide
wir der Ansicht, daß Du, l. Ernest, Sándors wirklich große und in dieser Sache ge-
wiß prioritätsberechtigte Verdienste nicht hättest mit Stillschweigen über-
gehen dürfen. Dies um so weniger, als Du in einer Besprechung des Levy-Suhl-
schen Hypnosebuches (im Journal) welche gerade jetzt in der (No. 4) Zeitschrift
übersetzt erscheint, ihm den Vorwurf machst, daß er „die Freud-Ferenczische 
Theorie der Suggestion nicht erwähnt“. Wenn das keine Projektion ist, dann ...!
(Ein Expl. dieser Besprechung, das ich bei der Hand habe, lege ich dem Be-
rliner Rundbrief bei. Es kann von dort dann an Sándor weitergehen).

Mit herzlichen Grüßen  
[Rank]