S.
10.3.1. Sitzung
am 11. Dezember 1912
Dr.Alfr.Frhr.v.Winterstein:
Psychoanalytische Anmerkungen zur Geschichte
der Philosophie.Der Vortr.charakterisiert seine Aufgabe als eine mehr negative,
indem er sich zu untersuchen vornimmt:
welche Elemente eine philosophischen Systeme heterogenen
Ursprungs sind,welche Rolle das Unbewusste in der philosophischen
Produktion spielt,wie weit die Geltung einer philosophischen Wissen-
schaft durch die Psychoanalyse berührt wird,und endlich welche Welt-
anschauung allein vom Standpunkt der Psychoanalyse zulässig sein kann.
Der Vortr.geht aus von der infantilen Sexualforschung,aus der
sich nach Freuds Darstellung (Leonardo)drei Möglichkeiten ergeben:
1.die neurotische Hemmung,2.der neurotische Grübler und 3.der Forscher.
Die beiden letzten Typen sind unter den Philosophen zu finden und zei-
gen insbesondere auffällige Ähnlichkeiten mit dem Zwangeneurotiker
und den Systembildungen mancher Geisteskranker. Der Vortr.geht nun da-
ran die Vermengung des Wunschmaterials mit dem Erkenntnismaterial an
einigen philosophischen Systemen darzutun.Zwei Dinge erscheinen dabei
als dogmatische Annahmen: der Begriff einer übersinnlichen Welt und
die Einführung Gottes,die der Vortr.nun geschichtlich verfolgt. Bei
ihrer ps.a.Reduktion verweist der Vortr.auf den Mechanismus der Pro-
jektion und unterscheidet zwei Arten derselbe,die zwei verschiedenen
Intensitätsgraden von Verdrängung entsprechen:1.die personifizierende
Projektion(funktional)und 2.die paranoische Affektprojektion. -Es wer-
den dann die zwei Arten kosmischer Systeme:die der Emanation und
Kreation besprochen.Bei den ersten gelingt die Projektion endopsychisch
wahrgenommener Libidovorgänge zur Objektbesetzung und Regression,wo-
bei das Stadium des Narzissismus(Identifikation mit der Vaterimago)
eine besondere Bedeutung hat. Hier wurden auch die Mystiker gestreift.
Bei den zweiten erfolgt im Gegensatz zur Welteltern-mythe und in patho-
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S.
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logischer Uberschätzung des Vater-sowie Abkehr von der Mutterlibido
die Weltenschöpfung durch Gott allein(die Kunst scheint im Gegensatz
von Religion und Philosophie mehr unter dem Einfluss der Mutter zu
stehen). Die typischen Lehren dieser Systeme (Glaube an Frei-Exi-
stenz,Seelenwanderung und wie das wirksame Gleichen) sowie diese selbst
führt der Vortr. in letzter Linie auf Libido Vorgänge zurück.
Es werden nun die verschiedenen Typen der Weltbegriffe daraufhin
untersucht,welcher sich am wenigsten durch unbewusste Motive beein-
flusst erweist.Es ergibt sich,dass die idealistischen Systeme weniger
Erkenntnis und mehr Wunschmaterial enthalten,während beim Zustande-
kommen der andere Weltbilder,an denen der Forscherstrieb und die zur
Wissbegierde sublimierte Libido Anteil haben,die Libido nur als Motor
des Denkens wirkt.
Es wird nun Platos System besprochen und die Beziehungen von
Philosophie und psychosexueller Konstitution an diesem Beispiel dar-
zulegen versucht.
Es werden schliesslich noch die eingangs erwähnten zwei Typen
(der zur Wissbegierde subl.inf.Neugierde,und der Typ des Zwangsneuro-
tikers und Paranoikers) in ihrer spezifischen Systembildung charak-
terisiert und hervorgehoben,dass sie in Wirklichkeit nicht scharf
gegen einander abgesetzt sind.Endlich wird als alleiniger Weltbe-
griff,der sich mit Recht auf dem Boden der Freudscher Lehre erheben
kann,der realistisch-dualistische betont.Auch nach Freud gibt es
zwei Realitätsideale Aussenwelt und das Unbewusste,als psychotische
Realität.
D I S K U S S I O N
Taussk hebt als besonders bedeutsam das Moment des Narzissmus her-
vor und an diesem selbst wieder drei Stücke:Homosexualität,Sadismus
und Analität;von der letzten scheint die Kraft der Fixierung im Herz
eigentlich auszugehen(ein Stück meines eigenen Körpers).Das tiefste
Stück des Narzissmus sei auch fälle die Identifizierung mit dem Penis des
Vaters.
Hitschmann ist im ganzen mit den Ausführungen einverstanden,für die
er sie bereits seinerzeit in einem Vortr.über Schopenhauer erbracht
habe.Er vermisst die Heranziehung jener Philosophen,bei denen Ubi-
nismus oder Pessiismus Geltung haben,ferner die eingehen über die
Religiosität der Philosophen.```
S.
Sachs versucht das typische Verhältnis zwischen Ps.A. und Philosophie
in zwei Punkten zusammenzufassen.1.Es können sich in einem System
Inhalte finden,die nur dem psychischen Unbewussten angehören,d.h.sie soll
sein,indem die Libido nach neurotischen oder psychotischen Mechanis-
men umgearbeitet ist(dies hat der Vortr.hauptsächlich aufgeführt).
2.Die Sublimierung der Libido,als ein Motor der Libido stammen.
Daran knüpft sich die Frage,welche Eigentümlichkeit hat die Libido
der philosophisch angelegten,was weiss ich,was ist,denn wenn die durch-
brochen ist,könnte ein Philosophie wieder auftauchen zu können.
Rosenstein steht den Ausführungen skeptisch gegenüber,da zum p.dich
nach wie vor wenigstens wenig über d.W.z.e.s.e.w.z.g.g.es gibt,die Rolle des
Libidoproblems ist. Der Wille zur Macht scheint im Gegensatz zur Libi-
do vom Vortr.sehr unterschätzt.
Prof.Freud.Man kann nicht klar bestimmen,wann auch einsohinzmd.Ge-
wiss sind nicht allein die Libidovorgänge wichtig,sondern ebenso
die Ichvorgänge. Die Tendenz scheint,dass die unbewussten der Libido
in die Aussenwelt projiziert werden können und nicht auch die untern
Vorgänge.Dass der Vater für die Religion die grösste Bedeutung habe,
lässt sich so beweisen,dass man sich mit ihm nicht auskennt.
Dass es einen Fall,der nicht eine
Mutterliebe hat, sondern die Vaterliebe zu tun hat,wie die Liebe zu dem
Vater macht.Religion,was der Sohn hat. Der homosexuelle Ursprung des
seis grössten Stückes der Natur ist ziemlich überzeugend und auch un-
ter den wildesten.Die Homosexualität führt hin(sozial macht,dass
Weib).-Der Vortr.erbrachte den Beweis für eine Möglichkeit,an die
niemand gedacht hat,dass der Einfluss der Hemmungen der Libido aber
Religionspsychologie und Kulturbildung erörtern kann,ohne den Begriff
wie Jund.nein,abändern zu müssen.Es sind sekundäre Einwirkungen zwi-
schen Triebschicksal und Ich.
-Was die Einwendungen des Vortr.gegen die psychologischen Formu-
lierungen und das Verhältnis des Intellekts und Unbewussten des
letzten abwehn.der Fremdschämung)betrifft,so sei zuzugestehen,dass di
se von der letzten Formulierung wie auch von der letzten Ausbeutung
noch weit entfernt ist.Aber die Annahme der psychischen Realität als
Sinnesorgans soll nur ein Vergleich sein.Was wir Qualitäten heissen,
findet in reipsychischen keine Anwort,sondern sie werden erst nur
als Sinnesqualitäten geschaffen,wenn sie kein quantitiver Ausdruck
des Psychischen.-Sollten Redner unter den Weltanschauungen der Philo-
sophen wieder die Libido untersuchen,wird man nur auf der psych.Realität
Gegensatz zwischen den Vorstellungen und ihren Gegenständen gleich
kein Momentaus aus.Die Auffassung der Vortr.,dass die Libido-Symbole
als Objekte zu betrachten sind,dass sie nur an das Objekt gebunden sind,
folgen.Die primitiven Menschen personifizieren alle Objekte;erst mit
dem Hervortreten des rationales,der Intellekts kommt es,dass sie als
Objekte nicht ein Gegenstände der Libido macht,sondern als Symbole be-
stehen lässt.
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10. Sitzung am 11. Dezember 1912. Dr. Alfr. Frh. v. Winterstein: Psychoanalytische Anmerkungen zur Geschichte der Philosophie
1912-529/1912
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