S.
18. Sitzung
am 19. Februar 1913
ZUR PSYCHOGENESE VON REFRAIN UND REIM.
Von Dr. Karl Weiss.Der Vortr. versucht es, Refrain und Reim vom Unbewussten zu er
klären, u.s.w. die psychischen Bedingungen ihrer Entstehung und Verwen
dung. Als Ausgangpunkt wird das für beide charakteristische Element
des Gleichklangs und Rhythmus gewählt. Der Gleichklang hat ein infant
tiles Vorbild in der Kindersprache, der Rhythmus im Ludeleien. Die durch
das Wiedererkennen gewonnene Lust, die aus psychischer Ersparnug stammt
ist das Motiv für den Gleichklang. Der Rhythmus ist selbständige Lust
quelle. Der Rhythmus gewinnt die Fähigkeit, Lust zu gewähren, daraus,
dass er die Lust an einer elementaren Triebbefriedigung repräsentiert.Es wird dann das Verhältnis des Refrains zum Affekt besprochen
und zwei Arten des Refrains unterschieden: der sinnlose, unartikulier
te und der aus dem Chor gesang. Eine Funktion des Refrains ist die
Veränderung des Affektes; die Form überwindet den Widerstand, den wir
gegen die Äusserung dieses Affektes haben. Andere Male dämpft er
den Affekt und seine Abfuhr, was an Beispielen gezeigt wird.
Aus der Analyse eines Kinderreimes wird der Reim als Kompromiss
leistung zweier der Zensur gegenüber konfliktuoser Tendenzen aufge
klärt)/ Reim und Rhythmus sind autoerotisch (der Lyriker spricht nur
von sich). Schliesslich streift der Vortr.noch die Frage, warum der
Antike der Reim gefehlt habe und glaubt, dass auch die Sexualverdrän
gung des Christentums daran teilhabe.D I S K U S S I O N.
Dr. K. Jung verweist nachdrücklich auf das auch vom Vortr. zitier
te Werk Bücher, die Beispiele für den Refrain hatte man nicht aus
derben, zartlichen, sondern strickt, die mit Absicht die Wirkung
für den gebildeten Leser voraus berechne, sondern Dichtungen primi
tiver Völker, bei denen der Stabrein und andere Formen gebräuchlich
sind.Dr. Reik findet die Ätiologie des Reimes zu sehr vereinfacht.
Der Reim habe nicht nur eine hemmende sondern auch oft befreiende
Wirkung.S.
11. Sitzung
am 18. Dezember 1912
Kasuistische Mitteilungen und Referate.
1. Dr. L. Jekels: Ein Fall von Versprechen (wird publiziert).
2. Dr. Sadger: Kinderverstummelungen (wird publiziert).
3. Dr. Sadger: Kleine beitr. z. Anal- und Urathral-Erotik (wird publ.).
4. Dr. Hitschmann: Ein Fall von Erröten.
5. Dr. Rank: Ref. über Sanitäta: Lösung eines Geheimnisses der Volksseele.
6. Dr. Rank: Beiträge zur Symbolik in der Dichtung (werden beide publ.).
7. Dr. Teusk: Beobachtung einer Form von zwangsneurotischen Fantasien.
D I S K U S S I O N
ad 1) Rossenstein weist auf Wut gegen die Tochter am Zustandekommen der
Fehlleistung hin.
Sachs darauf, dass nach Artemidor Nägelchen - Einnahmenn.
Ew.-Freud auf den möglichen Zusammenhang mit Versprechung des
Geliebten, von Versprechungen auf die eigene Per-
son, wie bezogen wurde, sie lasse sich von der Tochter
nicht zur Ruhe kommen.
Teusk hebt den Unterschied hervor, der darin liegt, ob solche Ver
dichtung mit oder ohne Subadigung des Wortes erfolgt
Silberer meint, man frage sich, warum wir nicht zwei zu viel,
Spitzung: "um ein Reg zu viel haben."ad 2) Hitschmann findet die Aufklärung ungenügend.
Federn vermisst: das Problem der Notlüge die Berücksichtigung der
Wahrheit und der Schuld wird zum Kernpunkt des Kampfes.
Trotzdem, ferner entsprechende Schlüsse auf die Mitleids-
losigkeit und den Mangel an Mehrheitssein bei Kindern.
Die didaktische Absicht dieser Behandlung richte ab
norm sein.
ad 4) Prof. Freud hebt nicht erklärt, dass der Ehrgeiz bei der Errötung
ausgebt eine bes. Rolle spiele, dagegen bei der Agoraphobie
Es tritt auf bei Personen mit bes. Disposition zum Er-
raten. Die Angst richtet sich auf das Wort, nicht auf
die Angst. Das zerlegt sich dann in Schaum und Wut, ein
Gegensatzpaar, das sich durch Erröten ausdrückt. Regel-
mäßig bei Neurosen eine sehr tiefe, seelische
Federn wirft die Frage auf, ob die bes. Anlage zum Hohengefühl die
Bedingung zur Stärke ist. Der Dichter. Die Schelte be
wirkt üblicherweise erröten in den Menschen. Es gut an der
Stirn.
ad 5) Prof. Freud: lehnt die Deutung des Autors, dass der gesetzliche V
Votermord in dem jus prime nootis des Vaters an der
Frau des Sohnes begründet sei, wäre zu ungeweites
Hof. Freud ist in jeder Vorstellung ihrer Arbeit über Totemis-
mus).
ad 7) Hitschmann: bemerkt, dass die Bedeutung aller sponten aufsteigen-
Vorstellungen als Selbstvorwürfe (Teusk) nur einem be
stimmten Typus entspreche (Teusk: dem Zwangstypus).************
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18. Sitzung am 19. Februar 1912. Zur Psychogenese von Refrain und Reim. Von Dr. Karl Weiß
1913-507/1913
/1913
Vollständige Manifestation
Protokoll
Papier
Teilweise -
Fertig ✔
Ganz fertig / zutreffend ✔
Fehlt ✖
Fehlt ✖
Ja
Nee
1
Blatt/Blätter
Schreibmaschine
Deutsch
Unbeschädigt
Original
Archiv Wiener Psychoanalytische Vereinigung
Text in Werkausgabe
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