Accessorius 1888-022/1899
  • S.


     

    Accessorius, der [accedere von ad-cedere, acces
    so das Hinzutreten], hinzutretend. 1. Nervus
    accessorius s. recurrens Willisii, Beinenerv.
    Der A. tritt als elfter in der Reihe der Hirn
    nerven mit dem Vagus durch das Foramen
    jugulare aus, zerfällt aber nach kurzem
    Verlauf sowohl zentral- als peripheriewärts
    in zwei verschiedene Portionen. Die obere
    dieser Portionen entspringt aus der Ob
    longata unmittelbar hinter dem Vagus mit
    einer Reihe von Wurzelfäden und trennt
    sich ausserhalb der Schädelhöhle wieder ab,
    um sich dem N. vagus anzuschliessen (Ac
    cessorius vagi als dessen Bestandtheil einer
    seits aufzufassen ist). Die untere Portion
    stammt aus dem Halsmark und bildet einen
    vertikal aufsteigenden Faden, der vom 5.
    oder 6. Cervicalnerven an quere Wurzel
    fäden in sich aufnimmt und durch das
    Hinterhauptsloch in die Schädelhöhle ge
    langt, um sich dann mit der oberen Portion
    zum gemeinsamen Accessoriusstamm zu ver
    einigen (Accessorius spinalis). Der A. ist ein
    motorischer Nerv und versorgt mit Endästen
    den M. sternocleidomastoideus und die oberen
    Portionen (die mittleren und unteren werden
    von Cervicalnerven versorgt) des M. trapezius
    (cucullaris); deren Funktionsstörung also die
    Folge von Affektionen dieses Nerven sein
    wird. Krampf oder Lähmung des Sterno
    cleidomastoideus erzeugen das unter dem
    Namen des Caput obstipum spasticum oder
    paralyticum bekannte Bild (s. Torticollis).
    Der M. cucullaris zieht mit seiner Clavicular
    portion den Kopf nach hinten und nach der
    gleichnamigen Seite, mit den anderen Por
    tionen hebt er die Schulter und zieht das
    Schulterblatt nach der Mittellinie. Die
    selben Bewegungen werden auch beim Krampf
    des Muskels beobachtet, der häufig mit dem
    Krampf des Sternocleidomastoideus kom
    biniert ist. Erkrankung des N. accessorius
    kann herbeigeführt werden a) in der Ob
    longata: durch Kernaffection (Bulbärparalyse
    ) Läsirung, Erweichung; b) im Rücken
    marke: durch Affektion der Accessoriuskerne
    des Halsmarks (Kombination mit Bulbär
    paralyse, amyotrophische Lateralsklerose,
    spinale Formen der Muskelatrophie); c) durch
    Prozesse, die den gemeinsamen Nervenstamm
    in der Schädelhöhle und in der Dura mater
    ergreifen (Meningitis simplex u. syphilitica,
    Tumor, Caries der Schädelbasis etc.). Die
    Symptome sind dann die der Vaguslähmung,
    abgesehen von der Atrophie und Lähmung
    der beiden Halsmuskeln; d) durch Prozesse,
    welche die spinalen aufsteigenden Wurzeln
    des Accessorius im Wirbelkanal ergreifen
    (Meningitis, Caries, Trauma der Halswirbel
    säule, extrameingeale Tumoren); e) im
    peripheren Verlauf der spinalen Portion
    durch Trauma, Abscess, Kompression von
    Seiten vergrösserter Lymphdrüsen und be
    sonders häufig Erkältung (rheumatische
    Neuritis?). Beide Muskeln können auch von
     

     

  • S.

    funktionellen Krämpfen, deren Ursache un
    bekannt ist, befallen werden. Ueberhaupt
    können nicht alle Affektionen der beiden
    Muskeln von Erkrankung des N. accessorius
    hergeleitet werden. Bei der primären pro
    gressiven Muskelatrophie wird der Cucullaris
    sehr häufig befallen. — Bei zentralen Läh
    mungen soll die Beteiligung der beiden vom
    Accessorius versorgten Halsmuskeln an der
    forcierten Inspirationsbewegung erhalten
    bleiben, wenn deren willkürliche Beweglich
    keit aufgehoben ist. — Der N. accessorius
    ist in der seitlichen Halsgrube sehr leicht
    elektrisch zu reizen und auf seine Erregbar
    keit zu prüfen. Bei schweren Affektionen
    desselben findet man Entartungsreaktion im
    Sternocleidomastoideus und in der clavicular
    portion des Cucullaris.
    Therapie und Prognose: Ist im ge
    gebenen Fall die Ursache der Muskelaffektion
    nicht bestimmt nachzuweisen, so genügt eine
    elektrotherapeutische Behandlung (weiteres
    s. Torticollis). Beim Accessoriuskrampf sind
    Druckpunkte, deren galvanische Behandlung
    Erfolg zu bringen verspricht, selten aufgefunden
    worden. Funktionelle Krämpfe sind durch
    Allgemeinbehandlung, Narcotica etc. zu be
    kämpfen. Auch die Anwendung des Glüheisens
    längs der Halswirbelsäule wird empfohlen.
    2. Nervus accessorius Wrisbergii, sel
    tenere Bezeichnung der hinteren, kleineren
    Wurzel des Facialis, auch als Portio inter
    media Wrisbergii benannt.
    3. Ostium accessorium tubae, überzähliges
    Ostium, ist ein- oder beiderseits, zu zwei,
    seltener zu drei an ein und derselben Tube
    beobachtet. Sie sitzen meist nahe der nor
    malen Oeffnung. Ihre Bedeutung ist unbe
    kannt (Fehling).
    4. Ovarium accessorium, überzähliger
    Eierstock, kommt bei etwa 3% der Frauen
    vor (bei 850 Obduktionen 26mal beobachtet),
    hanfkorngrosse, abgeschnürte Theile des
    Ovariums, die aber cystisch entarten können.
    5. Parotis accessoria, eine kleine, oft
    vor der Parotis befindliche, dem Ductus
    stenonianus aufliegende Drüse, deren Aus
    führsgang in den letzteren mündet.