Aufruf zur Schaffung eines Fonds für die Psychoanalytische Klinik Schloß Tegel 1929-052/1985
  • S.

    H E R R N   M I N I S T .   B E C K E R   F E I N               Privatschriftlich 169

    XXXIII

    Dr. med. Ernst Simmel

    Chefarzt der Psychoanalytischen Klinik

    An das Präsidium des Deutschen Bdes.   ja entschieden. Berlin-Tegel, den 15. MÄRZ 29

    Falls, will Vorschl. besprechen und 
    mit H. Hofstätter, Reg. Minister. Prof. Dr. B e c k e r,
    keine Bedenken bestehen können mein in Berlin
    kann ergeben werden, falls aber die Abordnung
    höflichst zugesichert zu motivieren. 17/3

    Hochverehrter Herr Minister,
    zu meinem großen Bedauern war es mir nicht

    beri möglich, Ihnen persönlich die Bitte vorzutragen, die ich
    an Ihnen jetzt schriftlich unterbreiten muss und auf deren
    Erfüllung ich noch vor Ihrer Abreise in die Osterferien
    sehr hoffen möchte.

    Sie hatten, Herr Minister, bereits bei der Frage
    der Angliederung einer geschlossenen Abteilung an die
    Psychoanalytische Klinik in Tegel Ihr reges Interesse an
    der psychoanalytischen Wissenschaft und Heilkunde zu erkennen
    gegeben. Diese Tatsache gibt mir nach Rücksprache mit Herrn
    Professor Freud, der zur Zeit in Berlin ist, den Mut, Sie
    zu bitten, beiliegenden Aufruf mit Ihrem Namen zu unter-
    zeichnen. Durch diesen Aufruf soll ein privater Fonds ge-
    schaffen werden, der nicht der geschlossenen Anstalt sondern
    der jetzigen Klinik in Tegel die Möglichkeit gibt, für einige
    Zeit unabhängig von ihren privatwirtschaftlichen Verpflich-
    tungen ihre Ziele zu verfolgen.

    Ein Blick in die Korrespondenz der Klinik dürfte
    Sie überzeugen, verehrter Herr Minister, dass finanzielle
    Rücksichten unsere Arbeit immer wieder behindern. So ist
    beispielsweise jene große Gruppe von Kranken, die unsere
    Behandlung brauchen, gerade durch ihre Psychoneurose mittel-
    los. So werde ich immer wieder von Morphinisten, Cocainisten,
    Alkoholikern etc. schriftlich um Behandlung angefleht, die
    ich meist gar nicht oder aber unter persönlichen Opfern ge-
    währen kann.

  • S.

    Auch nach der wissenschaftlichen Seite hin sind wir
    durch den Mangel an genügender materieller Unterstützung voll-
    kommen behindert. Herr Professor Freud hat dringend den Wunsch,
    dass die Klinik in sozialer wie in wissenschaftlicher Hinsicht
    noch höher qualifizierte Arbeit leisten möchte, und tritt
    darum, wie Sie sehen, Herr Minister, selbst an die Spitze
    dieses Aufrufs. – Den Persönlichkeiten, die ihn unterzeich-
    nen, sollen daraus keinerlei Verpflichtungen erwachsen, son-
    dern das Gewicht ihrer Autorität soll nur der Aktion die
    Bedeutung geben, die sie verdient. Selbstverständlich sollen
    den Unterzeichnern dieses Aufrufs alle Rechte, namentlich
    die Kontrolle über die Verwendung des Fonds, eingeräumt
    werden.

    In der Hoffnung, auch diesmal, verehrter Herr
    Minister, in Ihnen eine Unterstützung für das große Werk
    Freuds an dieser Stelle zu finden, bin ich

    Ihr dankbarst ergebener

    Dr. Ernst Simmel.


    P. S. Der beiliegende Aufruf ist nicht
    zur Veröffentlichung, sondern nur zur
    Kenntnis bei den in Betracht kommen-
    den Persönlichkeiten bestimmt.

    Zur Unterzeichnung des Aufrufs werden
    aufgefordert:

    Staatsminister Prof. Dr. Becker,

    Staatsminister Hirtsiefer,

    Professor Dr. Freud,

    Professor von Bergmann,

    Professor Einstein,

    Dr. Eitingon, Präsident d. Int. Psa. Gesellschaft,
    Dir. d. Berl. Psa. Lehrinstitutes,

    Dr. Moses, Mitglied d. Reichsgesundheitsrates,
    M. d. R.