Ein Wort zum Antisemitismus 1938-001/1938.1
  • S.

    Siegmund Freud

    Ein Wort zum Antisemitismus

    Der nachstehende Aufsatz ist die erste Veröffentlichung aus der Feder Siegmund
    Freuds seit seiner Verbannung aus Wien.


    Während ich die Äußerungen in Prosa und 
    Literatur studiere, zu denen die letzten Juden- 
    verfolgungen Anlass gegeben haben, fiel mir ein 
    Aufsatz in die Hand, der mir so außergewöhnlich 
    schien, dass ich ihn zu meinen Gebrauch 
    unverzüglich kopierte. Der Verfasser sagte darin 
    folgendes: „Ich stelle voran, dass ich Nicht- 
    jude bin, es ist also nicht egoistische Beteiligung, 
    die mich zu meinen Äußerungen drängt. 
    Doch habe ich mich für die antisemitischen 
    Ausbrüche unserer Zeit lebhaft interessiert und 
    besonders den Protesten gegen sie meine 
    Aufmerksamkeit geschenkt. Diese Proteste 
    kamen von zwei Seiten, von kirchlicher und 
    von weltlicher, die einen im Namen der 
    Religion, die anderen mit Berufung auf 
    die Forderungen der Humanität, die ersteren 
    waren sprachlich und kamen spätestens 
    seine Helligkeit der Papst hat seine 
    Stimme erhoben. Ich gestehe, dass ich in 
    den Kundgebungen von beiden Seiten et- 
    was vermisst habe, etwas an deren An- 
    fang und etwas anderes zu ihrem Schluss. 
    Ich will jetzt versuchen, es hinzuzufügen:“ 
    „Ich meine, man könnte all diesen Protesten 
    eine bestimmte Einleitung voran- 
    schicken, und die würde lauten: Ja, es 
    ist wahr, auch ich mag fremd- 
    artige Juden nicht. Sie sind mir irgendwie fremd- 
    nehme Eigenschaften und grosse Defekte. 
    Ich und unsere Angelegenheiten nahmen, ein vor- 
    wiegend schädlicher ist. Ihre Rasse ist, mit un- 
    serer eigenen verglichen, offenbar eine minder- 
    wertige, alle ihre Beteiligungen sprechen dafür. 
    Und nun könnte widerspruchs/frei folgen, was 
    bekennen uns zu einer Religion der Liebe. Wir 
    sollen selbst unsere Feinde lieben wie uns selbst. 
    Wir wissen, dass Gottes Sohn sein indisches Lo- 
    ben dabingegeben hat, um alle Menschen von 
    der Last der Sünde zu erlösen. Er ist unser Vor-

     


    Bild und darum heißt es, sindige gegen seine 
    Absicht und gegen das Gebot der christlichen Re- 
    ligion, während erstmals, dass die Juden ver- 
    trieben werden. „Wir müssen dagegen pro- 
    stieren, ganz abgesehen davon, wie sie sich 
    verhalten haben, sondern aus der Weltanschau- 
    ung des Evangelium der Humanität glaubt“ 
    „Ich gestehe, dass mich alle diese Kundge- 
    bungen der Liebe und der Humanität gibt es auch 
    eine Religion der Wahrheit und ist in diese 
    Protesten zu kurz gekommen, die Wahrheit über 
    Jahndorf, das gegen die Juden nicht nur 
    dass wir darin fortfahren, indem wir sie unge- 
    recht beurteilen. Wer von uns nicht damit 
    pflicht beschenkt sein zu besitzen. Die Juden 
    sind nicht schlechter als wir, sie haben etwa 
    andre Eigenschaften und andere Fehler haben 
    zusammen. Sie sind uns sugar in manchen Hin- 
    sichten überlegen. Sie brauchen nicht vor 
    Alkohol wie wir, um das Leben erträglich zu 
    machen. Sie haben eine starke Moral, die 
    bei ihnen, sie haben geistige Leistungen und in- 
    essen immer, noch eingeschatzt, für ihre Art 
    leben. Müdigkeit ist es ihnen eine heilige Pflicht 
    Auch minderwertig darf man sie in keinen Was- 
    sen. Selbst wir sie zur Milch haben an 
    seren harte Arbeit zu zahlen allen Geisten 
    der Wissenschaft, Kunst und Technik, werden 
    gemacht haben unsere Toleranz richtig und 
    den hinzuzufügen, wo sie auf Gerechtigkeit An- 
    spruch haben.“ 
    Eine so entschiedene Parteinahme von Seiten

  • S.


    eines Nichtjuden hat auf mich natürlich einen lie-
    ben Eindruck gemacht. Aber nun habe ich etwas 
    Merkwürdiges zu bekennen. Ich bin ein sehr 
    alter Mann, mein Gedächtnis ist nicht mehr wie 
    es früher war. Ich kann mich nicht mehr erin- 
    nern, wo ich den Aufsatz gelesen, den ich exzerp-
    iert habe, und wer ihn als Verfasser gezeichnet 
    hat. Vielleicht kann einer der Leser dieser Zei- 
    tung mir zu Hilfe kommen? 
    Es wird mich eben zugeflüstert, ich hätte wahr- 
    scheinlich das Buch des Grafen Heinrich Cou- 
    denhove-Calergi im Sinn Das Wesen des Anti- 
    semitismus“, in dem gerade das enthaltene ist, 
    was der von mir gesuchte Autor an den neuen- 
    lichen Protesten vermisst hat, und sogar noch
    mehr. Ich kenne dieses Buch, es ist 1901 er- 
    schienen und 1929 von seinem Sohn mit einer 
    rühmlichen Einleitung neu veröffentlicht wor- 
    den. Aber das kann es nicht sein, mir schwebt 
    eine kürzere Aeusserung vor und aus jüngster 
    Zeit. Oder irre ich mich überhaupt, gibt es et-
    was dergleichen nicht und ist das Werk der bei_
    den Coudenhove wirklch ohne jeden Einfluss 
    auf die Zeitgenossen gblieben?

     
    Siegmund Freud.