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Kine neue Methode zum Studium des Faserverlaufs im
Centralnervensystem.
Von
Dr. Sigm, Froud,
Seouudararzt im Wiener Allgemeinen Krankonhunse,
In dem Buche „Die Leitungsbahnen im Gehirn und Rúckenmark des
Menschen u. s. w. 1876“ giebt Flechsig eine Methode der Goldimprägnation
an, welche ich wegen ihrer nahen Beziehung zu dom Gegenstande dieser
Mittheilung mit den eigenen Worten des Autors citiren will.„Das zu untersuchende Organ (Rückenmark, Oblongata u. s. w.) wird
in einer ① procentigen Lösung von Ammonium bichromieum erhårtet, So-
bald es eben schnittfihig geworden (welcher Zeitpunkt, wie oben erwähnt,
beim Riickenmark älterer Foeten und Neugeborener mitunter bereits am
sechsten Tage eingetreten) werden die Schnitte angefertigt und nach kurzem
Abspülen in Aq. destill. in eine '/, procentige Lösung von Goldehlorid ge-
bracht. Sie verweilen hier !/,—!/, Stunde lang; dann werden sie wieder
in destillirtem Wasser abgewaschen und in eine bis ⑩ procentige Lösung
von Natron causticum gelegt. Sehr bald, mitunter fast augenblicklich färbt
sich die weisse Substanz dunkelviolett, die graue ist scheinbar ungefårbt,
Nach mehrstündigem, bez. mehrtügigem Verweilen wird das Pracparat
wieder in destillirtem Wasser kurz abgespiilt, hierauf kurze Zeit in Alkohol,
später in reines Nelkenól gelegt und in Canadabalsam eingeschlossen,“„Ist das Praeparat zur Zufriedenheit gelungen, so erscheinen lediglich
die Nervenfasern violett gefärbt, ganz besonders deutlich aber heben sich
die markhaltigen heraus, Alle anderen Gewebselemente sind hell durch-
scheinend, zeigen höchstens einen schwachgelben Ton, zum Theil sind sie
zerstôrt , , , Wir sehen uns noch nicht in der Lage, genaue Vorschriften zu
geben, welche ein unbedingtes Gelingen der Operation garantiren, da dieS.
454 Sram. FREUD:
Momente, welche besonders günstig oder ungünstig einwirken, uns noch nicht
genau bekannt sind; wir sind in dieser Hinsicht noch mit Untersuchungen
beschäftigt. . “①In seinen späteren Arbeiten scheint 'Flechsig auf die Anwendung
dieser Methode verzichtet zu haben; auch ist mir keine Untersuchung eines
Anderen bekannt, welche mit Hülfe derselben ausgeführt worden wire. Als
ich im Herbst 1883 die Untersuchung des Faserverlaufs in der Oblongata
des menschlichen Foetus in Angriff nahm, wobei mir die gebräuchlichen
Fürbungsmethoden, selbst die Weigert'sehe 一 letztere vielleicht nur in
Folge mangelnder Uebung — den Dienst versagten, versuchte ich auch
Flechsig's Verfahren, welehes sich mir ebenso wie dem Urheber als un-
verlässlich, aber sehr werthvoll im Falle des Gelingens erwies. Ich konnte
aber in Anlehnung an Flechsig’s Methode eine neue finden, welche ich
hier zunächst in ihren Hauptzügen mittheilen und sodann mit Rücksicht
auf Cautelen und Modifieationen besprechen will.*Die Methode. Feine Schnitte des in doppeltehromsaurem Kali ge-
härteten Praeparates werden kurz in destillirtem Wasser abgespült, um sie
vom Alkohol, mit welchem das Messer des Mikrotoms befeuchtet war, zu
befreien, sodann in ein Uhrschälchen mit ① procentiger Goldchloridlósung
gebracht und 3—5 Stunden darin belassen. Sodann werden sie mit einem
reinen Holzstift herausgehoben, in destillirtem Wasser gewaschen und in
ein Schilchen mit starker Natronlauge (1 Theil Natron causticum fusum
auf 5— 6 Theile Wasser) gebracht, in welchem sie meist sofort durch-
scheinend werden. Sie bleiben darin nur 3 Minuten, werden dann aber-
mals mit Holzstiften herausgehoben und an Filtrirpapier angehalten, so dass
einige Tropfen der Lauge abfliessen. Selbst grosse und dünne Praeparate
erleiden durch die dabei unvermeidliche Faltung und Zusammenrollung
keinen Schaden. Die von Lauge durchtrinkten Schnitte werden nun in ein
Schälchen mit ⑩ 一 ⑫ procentiger Jodkaliumlósung gebracht, in welcher sie
sich ausbreiten und eine zarte, allmählich in dunklere Nuancen übergehende
Rothfirbung annehmen. Nach 5— 15 Minuten ist die Färbung vollendet.
Wenn man das betreffende Praeparat noch nicht erprobt hat, thut man
gut, nach den ersten 5 Minuten einen Schnitt auf den Objecttråger zu bringen
und in der alkalischen Jodkaliumlôsung anzusehen. "Treten die Fasern in
dunkler Färbung auf lichtrothem Grunde hervor, so wird der Schnitt auf
dem Objecttråger durch sanftes Auflegen von Filtrirpapier getrocknet, durch1A а. 0. S. 261 ff.
ל Meinem Freunde und Collegen Hrn. Dr. S. Lustgarten bin ich für vielfache
Rathschlige während meiner methodischen Versuche zu Dank verpflichtet.S.
EINE NEUE METHODE ZUM STUDIUM DES FASERVERLAUFS U.S. W. 455
Eintauchen des Objecttriigers in eine Schale mit destillirtem Wasser frei
gemacht, das Wasser sodann gewechselt, die Schnitte mittels eines Spatels
und Pinsels zuerst in schwächeren dann in starken Alkohol gebracht und
nach kurzem Verweilen in Alkohol nach den bekannten Methoden aufgehellt
und eingeschlossen. So behandelte Praeparate zeigen im Allgemeinen die
groben und feinen markhaltigen Fasern in ausgezeichneter Deutlichkeit
dunkelrothbraun bis ‚schwarz auf lichtrothem, oder blau auf ungefårbtem
Grunde.Die Hårtung des Praeparates. Die Sticke vom Gehim und
Rückenmark, an denen ich das beschriebene Verfahren angewendet habe,
waren in Erlicki'scher Flüssigkeit (21/, Theile doppelchromsaures Kali und
リ s Kupfervitriol auf 100 Theile Wasser) gehårtet. Man darf erwarten, dass
die Färbung auch bei Erhårtung in anderen Chromsalzlôsungen gelingt.
Nachhiirtung in Alkohol ist ganz unschädlich, dagegen sind Praeparate, die
durch zu langes Verweilen in der Härtungsflüssigkeit anfangen brüchig zu
werden, durchaus ungeeignet fiir die beschriebene Behandlung. Man geht
am sichersten, wenn man die Stücke, sobald sie eben schnittfähig geworden,
aus der Hårtungsfliissigkeit in Alkohol überträgt. So behandelte Praeparate
fårben sich selbst, wenn sie durch die Einwirkung des Alkohols griin ge-
worden sind. Praeparate, die ausschliesslich in Alkohol gehårtet worden
sind, fårben sich zwar, geben aber keine befriedigende Differenzirung.Der Einfluss der Goldlåsung. Die Stärke der Goldlôsung und
die Dauer ihrer Einwirkung sind wichtige Bedingungen fiir das vollkommene
Gelingen der Praeparate. Meine Versuche zur Abånderung beider Factoren
haben mich immer wieder zur ① procentigen Lösung von Goldchlorid und
zur 3—5stindigen Einwirkung derselben zurückgeführt. Wer sparen will,
kann mit schwächeren Lösungen bei entsprechend längerer (z. B. "0/9
bei 10stindiger) Einwirkung, dasselbe erreichen, doch nicht mit jener
Sicherheit, die zur Anfertigung von grossen Schnittreihen unerlässlich ist.
Waren die Schnitte, ehe sie in die Goldlôsung kamen, gut ausgewaschen,
so tritt in letzterer auch niemals Hiutchen- oder Niederschlagbildung ein,
und dieselbe Lösung kann wiederholt zu Fårbungen benutzt werden.Ich kann zwei Modificationen der beschriebenen Methode angeben,
welche beide ebenso verlässlich und allgemein anwendbar sind, von denen
die eine, jetzt von mir ausschliesslich geübte, grosse Vortheile, die andere
gewisse Nachtheile hat. Die erste dieser Modificationen besteht darin, die
① procentige wässerige Lösung mit dem gleichen Volumen starken (94/,)
Alkohol zu mischen. Für Praeparate, welche die Färbung leicht annehmen,
kann auch eine Mischung der ① procentigen wässerigen Goldchloridlôsungler Wiener Universitit.
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456 Sram. FREUD:
mit zwei Theilen Alkohol von Nutzen sein. Praeparate, die mit diesen
Flüssigkeiten behandelt sind, zeigen eine bei weitem schirfere Differenz der
Färbung von Fasern und Untergrund als die leicht im Ganzen zu dunkel
gerathenden Praeparate aus wässeriger Goldchloridlôsung; auch zeigen sie
mehr feinste markhaltige Fasern als die letzteren. Der Zusatz von Alkohol
zur Goldlôsung ist eines der Mittel, durch welche die sonst vom Praeparat
abhängige Niiance der Färbung beeinflusst werden kann. Doch ist her-
vorzuheben, dass an gleich behandelten Schnitten desselben Praeparates
die schwarze, rothe und blaue Färbung der Fasern nicht etwa in regel-
losem Durcheinander auftritt, sondern dass Abånderungen der Faserfirbung
fast immer Winke für die Zusammengehôrigkeit und den Entwickelungs-
zustand der Fasersysteme geben, denen sie als constante Eigenthiimliehkeit
zukommen. Insbesondere die alkoholischen Goldlósungen ertheilen den
Fasern solche gleichmissige und verwerthbare Firbungsunterschiede.Die zweite dieser Modificationen beabsichtigt, die Dauer der Herstellung
der Praeparate abzukiirzen, und hat ihr Vorbild in einem von Obersteiner
für die Carminlôsung empfohlenen Verfahren. Dampft man eine der em-
pfohlenen Goldlósungen über einer Gasflamme etwa ⑮ Minuten bis auf
2/, ihres Volumens ein, so zeigen sich die darin enthaltenen Schnitte eben-
falls zur Färbung nach den angegebenen Vorschriften geeignet. Die Con-
centration der Goldlôsung kommt bei diesem Verfahren weniger in Betracht;
gegen den Vortheil der Zeitersparniss fällt in's Gewicht, dass man den Er-
folg nicht ganz in der Hand hat und nur schwer feinen Goldniederschligen
auf dem Praeparate entgeht.Die Einwirkung der anderen Reagentien. Stärke und Einwir-
kungsdauer der Natronlauge sind innerhalb weiterer Grenzen gleichwerthig;
verdünnte Laugen sind durchaus zu vermeiden; mehrstündige Einwirkung
der Lauge erschwert die später nothwendige Behandlung der Praeparate.
Manche Praeparate vom Erwachsenen zeigen schon in der Lauge den Be-ginn einer Fürbung, was für die weitere Behandlung gleichgiltig ist.
Die Stärke der Jodkaliumlosung ist mit Rücksicht auf möglichst rasche
Reduction der im Praeparat enthaltenen Goldverbindung gewählt. In ② pro-
centigen Lösungen erfolgt dieselbe. zu langsam, in 25 procentigen bilden
sich Niederschlige und nimmt der Grund der Praeparate eine tiefblaue
Färbung an. Zumeist reichen 5—15 Minuten zur Erreichung der besten
Färbung hin. Långerer Aufenthalt in Jodkaliumlósum verstärkt die Für-
bung, erschwert aber das spüterhin nothwendige Entlaugen mancher Prae-
parate. Zur Sichtbarmachung der Exner'schen Fasern in der Grosshirn-
rinde bedurfte es bei meinen Praeparaten einer mehrstündigen EinwirkungS.
EINE NEUE METHODE ZUM STUDIUM DES FASERVERLAUFS U. s. W. 457
der Jodkaliumlösung, doch mögen weniger lange gehärtete Praeparate sich
anders verhalten.Es ist im Allgemeinen vortheilhaft, möglichst wenig Lauge mit den
Praeparaten in die Jodkaliumlösung zu bringen und dieselbe nach 10 bis
25 Praeparaten zu erneuern. Für das Gelingen der Färbung ist es durch-
aus nöthig, die angegebene Reihenfolge der Reagentien festzuhalten. Ein
Praeparat, das aus Goldehlorid in Jodkalium gebracht wird, bräunt sich
daselbst, erbleicht wieder in Lauge und lässt dann mehr keine Reduction
der Goldverbindung zu. Ebensowenig Erfolg würde man haben, wollte
man die suecessive Einwirkung von Lauge und Jodkalium durch die Ein-
wirkung einer alkalisch gemachten Jodkaliumlåsung ersetzen. Welches der
chemische Hergang bei der beschriebenen Goldimprågnation ist, weiss ich
nieht anzugeben; ich vermuthe, dass es sich um Bildung und rasche Zer-
setzung einer Goldjodkaliumverbindung bei Gegenwart und durch die Ein-
wirkung von Lauge handelt. Dafür spricht auch folgende Thatsache: Bringt
man zu einer wässerigen Lösung von Jodkalium tropfenweise Goldchlorid, so
entsteht zunächst ein brauner Niederschlag, der sich alsbald auflöst, während
die Bräunung der Flüssigkeit und der sich entwickelnde Geruch das Frei-
werden von Jod anzeigen. Setzt man jetzt Natronlauge zu, so entfärbt sich
die Flüssigkeit wieder und beginnt nach einiger Zeit Gold als feines schwarzes
Pulver abzuscheiden. Man kann diese Reaction zur Verstärkung der Fär-
bung solcher Praeparate verwerthen, welche wegen ungenügender Einwir-
kung der Goldlösung oder wegen allzulanger Einwirkung der Chromsalze
sich gegen das beschriebene Verfahren wiederspenstig erweisen. Man setzt
zur Jodkaliumlösung, in der dieselben sich befinden, einige Tropfen Gold-
Chlorid zu und entfärbt dann durch einen Tropfen Lauge, wenn die Ent-
färbung nicht spontan nach einigen Minuten eingetreten ist. Man muss
die Praeparate dann ‚entfernen, wenn die Bildung des schwarzen Nieder-
schlags in der Flüssigkeit beginnt.Das Entlaugen der Praeparate. Das Centralnervensystem der
Neugeborenen und der älteren Embryonen (es standen mir nur mensch-
liche Früchte von 5 Monaten aufwärts zur Verfügung) ist das dankbarste
Object für die Anwendung der beschriebenen Methode; gelungene Praeparate
erfordern aber eine strenge Einhaltung der hierfür gegebenen Vorschriften,
während Praeparate aus dem Centralnervensystem des Erwachsenen auch
bei loserer Handhabung des Verfahrens und mannigfachen Abänderungen
desselben gute Färbungen zulassen. Die Herstellung von Praeparaten des
Erwachsenen wird insbesondere dadurch erleichtert, dass die Schnitte aus
der reducirenden alkalischen Jodkaliumlösung in Wasser und in Alkohol ge-
bracht werden können, ohne dass man eine Verunstaltung derselben durchS.
458 Stam. FREUD:
Quellung und Schrumpfung zu befürchten brauchte. Bei den Praeparaten
vom Neugeborenen und Embryo ist es dagegen nicht gestattet, die in ihnen
enthaltene Lauge durch Auswaschen in Wasser zu entfernen, weil die ver-
dünnte Lauge, die dann gebildet würde, ungleichmissige Quellung und
später ungleichmässige Schrumpfung in Alkohol herbeiführt. Die Schnitte
müssen vielmehr einzeln auf Objecttråger gebracht und dort durch sanftes
Anlegen von Filtrirpapier getrocknet werden. Bei besonders weichen und
dünngeschnittenen Praeparaten ist auch dieses Verfahren nicht anwendbar,
weil das Gewebe des Papiers Eindrücke auf dem Praeparate zurücklässt. Es
bleibt dann nichts übrig, als durch seitliches Anlegen des Filtrirpapiers die
in den Schnitten befindliche Lauge aufzusaugen. Gut gehårtete Praeparate
ertragen zumeist das Auflegen von Filtrirpapier; überhaupt macht das Ent-
langen der Praeparate um so weniger Schwierigkeiten, je kürzere Zeit die
Reduction in Jodkalium in Anspruch genommen hat. Dieser Theil des
Verfahrens ist bei weitem der miihsamste und zeitraubendste. Es wäre
möglich, dass die Behandlung der Schnitte auf dem Objectträger, wie sie
neuerdings für Schnittreihen geübt wird, auch bei der Anwendung dieser
Methode durchführbar ist, und dass bei solcher Modification des Verfahrens
viel Zeit und Miihe erspart werden kann.Eigenthiimlichkeiten und Leistungen dieser Methode. Das
Fehlschlagen aus unbekannten Griinden, wie es bei anderen Vergoldungs-
verfahren den Histologen oft Anlass zur Klage giebt, kann der hier mit-
getheilten Methode nicht zum Vorwurf gemacht werden. Ist ein Praeparat
überhaupt fiir die Anwendung derselben geeignet, so kann man mit aller
Bestimmtheit darauf rechnen, beliebig grosse Schnittreihen gleichmässig ge-
fårbter Praeparate herzustellen. Ich kann leider nicht angeben, dass die
Bilder, welche die hier mitgetheilte Methode ergiebt, unverånderlich seien.
Nach mehreren Monaten zeigen die meisten Schnitte einen feinkórnigen
Niederschlag, der übrigens die Untersuchung selbst bei Hartnack Obj. 6
nicht beeinträchtigt, einzelne aber auch ein fleckweises oder an den Rin-
dern beginnendes Ausbleichen. Da andererseits ganze Reihen von Praeparaten
von letzterer Verånderung nichts zeigen, vermuthe ich, dass die unvollstån-
dige Entfernung der Lauge bei nur kurzem Aufenthalte in Alkohol, den
ich sonst als empfehlenswerth angegeben habe, an dieser Verinderlichkeit
Schuld trägt. Demnach hoffe ich diesen Mangel der Methode beseitigen
zu können.Als Vorzüge der Methode sind zweierlei hervorzuheben: Erstens die
überraschende Deutlichkeit, mit welcher die Faserzüge dunkel auf hellem
Grunde gezeichnet erscheinen, und die insbesondere bei schwachen und
mittelstarken Vergrosserungen die Arbeit des Hirnanatomen zu einer be-S.
EINENEUELLUTHODEZUUSTUDIUMDESFASEZVEZUUESUSW459
quemeren und sicheren macht, während bei stärkeren Vergrosserungen die
einzelnen Fasern so scharf gesondert sichtbar sind, dass man versucht ist, sie
zu zählen. Achnlich scharf treten die Faserzüge auch an Praeparaten her-
vor, die nach Behandlung mit Chlorpalladium durch Goldehloridkalium ge-
färbt sind, doch sind die letzteren für stärkere Vergrósserungen unbrauch-
bar, bei denen es sich zeigt, dass ihre Zeichnung durch grobe Niederschläge
zu Stande kommt, welche den Verlauf der Faserzüge nachahmen.!Ein zweiter Vorzug der Methode ist das Sichtbarwerden sehr feiner
markhaltiger Fasern, welche an Carminpraeparaten nicht erkannt werden
können, deren Masse und Verbreitung wir überhaupt erst seit der Anwen-
dung der Methoden von Exner und Weigert übersehen. In Beziehung
auf die Darstellung dieser Fasern scheint unsere Methode der Exner'schen
Osmium-Ammoniak- Behandlung nachzustehen, der W eigert'schen Fuchsin-
fårbung mindestens gleichzukommen. Solche feine Fasern zeigen sich überall
in der grauen Substanz, formiren ein feines Strickwerk um die Querschnitte
im motorischen Feld der Oblongata, ein anderes in der vorderen Brücken-
abtheilung, seitlich von der Raphe und den Långsfasern derselben parallel u. s. w.An Schnitten aus dem Centralorgan des Erwachsenen färben sich auch
die Nervenzellen und deren Fortsitze (obwohl gewisse Zellen, wie die in
der Hirnrinde nicht) und das Bild enthält eine solche Fülle von stärkeren
und feineren Fasern, dass es eigentlich mehr bietet, als die Beobachtung
aufzufassen vermag. Besondere Vortheile bieten dagegen Praeparate von
Neugeborenen und Embryonen, an denen zumeist auch die Nervenzellen
ungefårbt sind, und das Faserungsbild in grósster Schärfe dunkel auf
hellerem Grunde hervortritt, in welchem Gefässe, zellige Elemente und
Neuroglia wegen ihrer gleichmåssigen schwachen Färbung der Beobachtung
entzogen sind. Diesem Faserungsbilde sind ferner zwei Anhaltspunkte für
die Zusammengehôrigkeit der Fasern zu entnehmen. Zunächst färben sich
alle bereits markhaltigen Bündel (wie Wurzelbahnen, Hinterstrünge, hintere
Lingsbimdel u. s. w.) dunkelrothbraun bis schwarz, während weniger ent-
wickelte Fasermassen in lichterem Roth erscheinen; sodann nehmen manche
Fasermassen (wie die Pyramiden u. s. w.) überhaupt nur schwer die Fárbung an
und fallen darum an den meisten Praeparaten aus dem Bilde aus. Der
Vergleich solcher Praeparate mit anderen, an denen auch diese Faser-
systeme gefärbt sind, und mit entsprechenden Abschnitten des Erwachsenen
ist ein überaus lehrreicher.Die Histologie zählt so viele Methoden, die sich nur in den Händen
ihrer Erfinder als brauchbar erwiesen haben, dass ich mich zur Mittheilung* Ich konnte nicht in Erfahrung bringen, von wem dieses immerhin gut brauchbare
Verfahren zuerst angegeben worden ist.Bibliothek
des
neurologischen Instity
an der Wiener
Les,
Universität,
S.
460SIGU.FMUD:BMMUEMETEODEZWSTUDMTSW
aller, selbst kleinlicher Vorschriften entschlossen habe, um dieser Methode
ein ähnliches Schicksal zu ersparen. Es erübrigt nur noch aufmerksam zu
machen, dass die Reduction der in den thierischen Zellen gebildeten Gold-
verbindung durch Lauge und Jodkalium eine allgemein anwendbare Reaction
ist, die bei entsprechender Abånderung des Verfahrens das Studium der
Nerven auch in anderen Organen erleichtern könnte,Hm. Prof. Th. Meynert, welcher mir für meine Arbeiten die Mittel
seines Institutes mit grösster Liberalitåt zur Verfügung gestellt hat, bin ich
zu wårmstem Danke verpflichtet.S.
S.
30.454-VS
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