Einige Bemerkungen über den Begriff des Unbewußten in der Psychoanalyse 1912-006/1924
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    EINIGE BEMERKUNGEN
    UBER DEN BEGRIFF DES UNBEWUSSTEN
    IN DER PSYCHOANALYSE

    Ich möchte mit wenigen Worten und so klar als möglich
    darlegen, welcher Sinn dem Ausdruck „Unbewußtes“ in der
    Psychoanalyse, nur in der Psychoanalyse, zukommt.

    Eine Vorstéllung — oder jedes andere psychische Element —
    kann jetzt in meinem BewuBtsein gegenwirtig sein und im
    nächsten Augenblick daraus verschwinden; sie kann nach einer
    Zwischenzeit ganz unverändert wiederum auftauchen, und zwar,
    wie wir es ausdrücken, aus der Erinnerung, nicht als Folge einer
    neuen Sinneswahrnehmung. Um dieser Tatsache Rechnung zu
    tragen, sind wir zu der Annahme genötigt, daß die Vorstellung
    auch während der Zwischenzeit in unserem Geiste gegenwärtig
    gewesen sei, wenn sie ‚auch im Bewußtsein latent blieb. In
    welcher Gestalt sie aber existiert haben kann, während sie im |
    Seelenleben gegenwärtig und im Bewußtsein latent war, darüber
    können wir keine Vermutungen aufstellen.

    An diesem Punkte müssen wir darauf gefaßt sein, dem philo-
    sophischen Einwurf zu begegnen, daß die latente Vorstellung
    nicht als Objekt der Psychologie vorhanden gewesen sei, sondern
    nur als physische Disposition für den Wiederablauf desselben
    psychischen Phänomens, nämlich eben jener Vorstellung. Aber
    wir können darauf erwidern, daß eine solche Theorie das Gebiet
    der eigentlichen Psychologie weit überschreitet, daß sie das Problem
    einfach umgeht, indem sie daran festhält, daß „bewußt“ und

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    156 Metapsychologie

    „psychisch“ identische Begriffe sind, und daß sie offenbar im
    Unrecht ist, wenn sie der Psychologie das Recht bestreitet, eine
    ihrer gewöhnlichsten Tatsachen, wie das Gedächtnis, durch ihre
    eigenen Hilfsmittel zu erklären.

    Wir wollen nun die Vorstellung, die in unserem Bewußtsein
    gegenwärtig ist und die wir wahrnehmen, „bewußt“ nennen
    und nur dies als Sinn des Ausdruckes „bewußt“ gelten lassen;
    hingegen sollen latente Vorstellungen, wenn wir Grund zur An-
    nahme haben, daß sie im Seelenleben enthalten sind — wie es
    beim Gedächtnis der Fall war — mit dem Ausdruck „unbewußt“
    gekennzeichnet werden.

    Eine unbewußte Vorstellung ist dann eine solche, die wir
    nicht bemerken, deren Existenz wir aber trotzdem auf Grund
    anderweitiger Anzeichen und Beweise zuzugeben bereit sind.

    Dies könnte als eine recht uninteressante deskriptive oder
    klassifikatorische Arbeit aufgefaßt werden, wenn keine andere
    Erfahrung für unser Urteil in Betracht käme als die Tatsachen
    des Gedächtnisses oder die der Assoziation über unbewußte Mittel-
    glieder. Aber das wohlbekannte Experiment der „posthypnotischen
    Suggestion“ lehrt uns an der Wichtigkeit der Unterscheidung
    zwischen bewußt und unbewußt festhalten und scheint ihren
    Wert zu erhöhen,

    Bei diesem Experiment, wie es Bernheim ausgeführt hat,
    wird eine Person in einen hypnotischen Zustand versetzt und
    dann daraus erweckt. Während sie sich in dem hypnotischen
    Zustande, unter dem Einflusse des Arztes, befand, wurde ihr der
    Auftrag erteilt, eine bestimmte Handlung zu einem genau be-
    stimmten Zeitpunkt, z. B. eine halbe Stunde später, auszuführen.
    Nach dem Erwachen ist allem Anscheine nach volles Bewußtsein
    und die gewöhnliche Geistesverfassung wiederum eingetreten, eine
    Erinnerung an den hypnotischen Zustand ist nicht vorhanden,
    und trotzdem drängt sich in dem vorher festgesetzten Augenblick
    der Impuls, dieses oder jenes zu tun, dem Geiste auf, und die

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    A
    Einige Bemerkungen über den Begriff des Unbewufoten 157

    Handlung wird mit BewuDtseim, wenn auch ohne zu wissen
    weshalb, ausgeführt. Es dürfte kaum möglich sein, eine andere
    Beschreibung des Phänomens zu geben, als mit den Worten, 8
    der Vorsatz im Geiste jener Person in latenter Form oder
    unbewuBt vorhanden war, bis der gegebene Moment kam, in
    dem er dann bewußt geworden ist. Aber nicht in seiner Gänze
    ist er im BewuBtsein aufgetaucht, sondern nur die Vorstellung
    des auszuführenden Aktes. Alle anderen mit dieser Vorstellung
    assoziierten Ideen — der Auftrag, der Einfluß des Arztes, die
    Erinnerung an den hypnotischen Zustand, blieben auch dann
    noch unbewuDt. .

    Wir können aber aus einem solchen Experiment noch mehr
    lernen. Wir werden von einer rein beschreibenden zu einer
    dynamischen Auffassung des Phänomens hinübergeleitet. Die
    Idee der in der Hypnose aufgetragenen Handlung wurde in einem
    bestimmten Augenblick nicht bloß ein Objekt des Bewußtseins,
    sondern sie wurde auch wirksam, und dies ist die auffallendere
    Seite des Tatbestandes; sie wurde in Handlung übertragen, sobald
    das Bewußtsein ihre Gegenwart bemerkt hatte. Da der wirkliche
    Antrieb zum Handeln der Auftrag des Arztes ist, kann man kaum
    anders als einräumen, daß auch die Idee des Auftrages wirksam
    geworden ist.

    Dennoch wurde dieser letztere Gedanke nicht ins Bewußtsein
    aufgenommen, wie es mit seinem Abkömmling, der Idee der
    Handlung, geschah; er verblieb unbewußt und war daher gleich-
    zeitig wirksam und unbewuBt.

    Die posthypnotische Suggestion ist ein Produkt des Labora-
    toriums, eine künstlich geschaffene Tatsache. Aber wenn wir die
    Theorie der hysterischen Phänomene, die zuerst durch P. Janet
    aufgestellt und von Breuer und mir ausgearbeitet wurde, an-
    nehmen, so stehen uns natürliche Tatsachen in Fülle zur Ver-
    fügung, die den psychologischen Charakter der posthypnotischen
    Suggestion sogar noch klarer und deutlicher zeigen.

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    158 ° Metapsychologie

    Das Seelenleben des hysterischen Patienten ist erfüllt mit
    wirksamen, aber unbewußten Gedanken; von ihnen stammen
    alle Symptome ab. Es ist in der Tat der auffälligste Charakter-
    zug der hysterischen Geistesverfassung, daß sie von unbewußten
    Vorstellungen beherrscht wird.‘ Wenn eine hysterische Frau
    erbricht, so kann sie dies wohl infolge der Idee tun, daß sie
    schwanger sei. Dennoch hat sie von dieser Idee keine Kenntnis,
    obwohl dieselbe durch eine der technischen Prozeduren der
    Psychoanalyse leicht in ihrem Seelenleben entdeckt und für sie
    bewußt gemacht werden kann. Wenn sie die Zuckungen und
    Gesten ausführt, die ihren „Anfall“ ausmachen, so stellt sie sich
    nicht einmal die von ihr beabsichtigten Aktionen bewußt vor
    und beobachtet sie vielleicht mit den Gefühlen eines unbeteiligten
    Zuschauers. Nichtsdestoweniger vermag die Analyse nachzuweisen,
    daß sie ihre Rolle in der dramatischen Wiedergabe einer Szene
    aus ihrem Leben spielte, deren Erinnerung während der Attacke
    unbewußt wirksam war. Dasselbe Vorwalten wirksamer unbewußter
    Ideen wird durch die Analyse als das Wesentliche in der Psycho-
    logie aller anderen Formen von Neurose enthüllt.

    Wir lernen also aus der Analyse neurotischer Phänomene, daß
    ein latenter oder unbewußter Gedanke nicht notwendigerweise
    schwach sein muß, und daß die Anwesenheit eines solchen Ge-
    dankens im Seelenleben indirekte Beweise der zwingendsten Art
    gestattet, die dem direkten durch das Bewußtsein gelieferten Be-
    weis fast gleichwertig: sind. Wir fühlen uns gerechtfertigt, unsere
    Klassifikation mit dieser Vermehrung unserer Kenntnisse in Über-
    einstimmung zu bringen, indem wir eine grundlegende Unter-
    scheidung zwischen verschiedenen Arten von latenten und unbe-
    wußten Gedanken einführen. Wir waren gewohnt zu denken,
    daß jeder latente Gedanke dies infolge seiner Schwäche war, und
    daß er bewußt wurde, sowie er Kraft erhielt. Wir haben nun
    die Überzeugung gewonnen, daß es gewisse latente Gedanken
    gibt, die nicht ins Bewußtsein eindringen, wie stark sie auch

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    Einige Bemerkungen über den Begriff des Unbewufiten 159

    sein mögen. Wir wollen daher die latenten Gedanken der ersten
    Gruppe vorbewußt nennen, während wir den Ausdruck unbe-
    wußt (im eigentlichen Sinne) für die zweite Gruppe reservieren,
    die wir bei den Neurosen betrachtet haben. Der Ausdruck un-
    bewußt, den wir bisher bloß im beschreibenden Sinne benützt
    haben, erhält jetzt eine erweiterte Bedeutung. Er bezeichnet nicht
    bloß latente Gedanken im allgemeinen, sondern besonders solche
    mit einem bestimmten dynamischen Charakter, nämlich diejenigen,
    die sich trotz ihrer Intensität und Wirksamkeit dem Bewußtsein
    ferne halten,

    Ehe ich meine Auseinandersetzungen fortführe, will ich auf
    zwei Einwendungen Bezug nehmen, die sich voraussichtlich an
    diesem Punkte erheben. Die erste kann folgendermaßen formuliert
    werden: anstatt uns die Hypothese der unbewußten Gedanken,
    von denen wir nichts wissen, anzueignen, täten wir besser anzu-
    nehmen, daß das Bewußtsein geteilt werden kann, so daß ein-
    zelne Gedanken oder andere Seelenvorgånge ein gesondertes Be-
    wuBtsein bilden können, das von der Hauptmasse bewuBter psy-
    chischer Tätigkeit losgelöst und ihr entfremdet wurde. Wohl-
    bekannte pathologische Fålle, wie jener des Dr. Azam, scheinen
    sehr geeignet zu sein, zu beweisen, daß die Teilung des BewnBt-
    seins keine phantastische Einbildung ist.

    Ich gestatte mir, dieser Theorie entgegenzuhalten, daB sie ein-
    fach aus dem Mißbrauch mit dem Worte „bewußt“ Kapital
    schlågt. Wir haben kein Recht, den Sinn dieses Wortes so weit
    auszudehnen, daß damit auch ein Bewußtsein bezeichnet werden
    kann, von dem sein Besitzer nichts weiB. Wenn Philosophen eine
    Schwierigkeit darin finden, an die Existenz eines unbewuften
    Gedankens zu glauben, so scheint mir die Existenz eines unbewuBten
    BewuBtseins noch angreifbarer. Die Fille, die man als Teilung
    des BewuBtseins beschreibt, wie der des Dr. Azam, können besser
    als Wandern des Bewulbtseins angesehen werden, wobei diese
    Funktion — oder was immer es sein mag — zwischen zwei ver-

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    160 Metapsychologie

    schiedenen psychischen Komplexen hin- und herschwankt, die ab-
    wechselnd bewuBt und unbewuBt werden.

    Der andere Einwand, der voraussichtlich erhoben werden wird,
    wire der, daB wir auf die Psychologie der Normalen Folgerungen
    anwenden, die hauptsächlich aus dem Studium pathologischer Zu-
    stinde stammen. Wir kénnen ihn durch eine Tatsache erledigen,
    deren Kenntnis wir der Psychoanalyse verdanken. Gewisse Funk-
    tionsstórungen, die sich bei Gesunden höchst häufig ereignen,
    z. B. Lapsus linguae, Gedächtnis- und Sprachirrtiimer, Namen-
    vergessen usw. können leicht auf die Wirksamkeit starker unbe-
    wuBter Gedanken zurückgeführt werden, gerade so wie die neu-
    rotischen Symptome. Wir werden mit einem zweiten, noch iiber-
    zeugenderen Argument in einem spåteren Abschnitt dieser Er-
    órterung zusammentreffen.

    Durch die Auseinanderhaltung vorbewuDter und unbewuBter
    Gedanken werden wir dazu veranlaBt, das Gebiet der Klassifi-
    kation zu verlassen und uns über die funktionalen und dynami-
    schen Relationen in der Tätigkeit der Psyche eine Meinung zu
    bilden. Wir fanden ein wirksames VorbewuBtes, das ohne
    Schwierigkeit ins Bewußtsein übergeht, und ein wirksames Un-

    - bewuBtes, das unbewuBt bleibt und vom Bewußtsein abge-
    schnitten zu sein scheint.

    Wir wissen nicht, ob diese zwei Arten psychischer Tätigkeit
    von Anfang an identisch oder ihrem Wesen nach entgegengesetzt
    sind, aber wir kénnen uns fragen, warum sie im Verlaufe der
    psychischen Vorgänge verschieden geworden sein sollten. Auf diese
    Frage gibt uns die Psychoanalyse ohne Zögern klare Antwort. Es
    ist dem Erzeugnis des wirksamen Unbewußten keineswegs un-
    möglich, ins Bewußtsein einzudringen, aber zu dieser Leistung
    ist ein gewisser Aufwand von Anstrengung notwendig. Wenn
    wir es an uns selbst versuchen, erhalten wir das deutliche Gefühl
    einer Abwehr, die bewältigt werden muß, und wenn wir es bei
    einem Patienten hervorrufen, so erhalten wir die unzweideutigsten

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    Einige Bemerkungen über den Begriff des Unbewufiten 161

    Anzeichen von dem, was wir Widerstand dagegen nennen. So
    lernen wir, daB der unbewuBte Gedanke vom BewuBtsein durch
    lebendige Krifte ausgeschlossen wird, die sich seiner Aufnahme
    entgegenstellen, während sie anderen Gedanken, den vorbewuBten,
    nichts in den Weg legen. Die Psychoanalyse läßt keine Móglich-
    keit übrig, daran zu zweifeln, daß die Abweisung unbewuBter
    Gedanken bloß durch die in ihrem Inhalt verkörperten Tendenzen
    hervorgerufen wird. Die nächstliegende und wahrscheinlichste
    Theorie, die wir in diesem Stadium unseres Wissens bilden können,
    ist die folgende: Das Unbewußte ist eine regelmäßige und unver-
    meidliche Phase in den Vorgängen, die unsere psychische Tätig-
    keit begründen; jeder psychische Akt beginnt als unbewußter und
    kann entweder so bleiben oder sich weiter entwickelnd zum Be-
    wuDtsein fortschreiten, je nachdem, ob er auf Widerstand trifft
    oder nicht. Die Unterscheidung zwischen vorbewußter und unbe-
    wulter Tätigkeit ist keine primäre, sondern wird erst hergestellt,
    nachdem die „Abwehr“ ins Spiel getreten ist. Erst dann gewinnt
    der Unterschied zwischen vorbewuBten Gedanken, die im Bewußt-
    sein erscheinen und jederzeit dahin zurückkehren können, und
    unbewußten Gedanken, denen dies versagt bleibt, theoretischen
    sowie praktischen Wert. Eine grobe, aber ziemlich angemessene
    Analogie dieses supponierten Verhältnisses der bewußten Tätigkeit
    zur unbewußten bietet das Gebiet der gewöhnlichen Photographie.
    Das erste Stadium der Photographie ist das Negativ; jedes photo-
    graphische Bild muß den „Negativprozeß“ durchmachen, und
    einige dieser Negative, die in der Prüfung gut bestanden haben,
    werden zu dem ,,PositivprozeB“ zugelassen, der mit dem Bilde
    endigt.

    Aber die Unterscheidung zwischen vorbewußter und unbewußter
    Tätigkeit und die Erkenntnis der sie trennenden Schranke ist
    weder das letzte noch das bedeutungsvollste Resultat der psycho-
    analytischen Durchforschung des Seelenlebens, Es gibt ein psychi-
    sches Produkt, das bei den normalsten Personen anzutreffen ist,

    Freud, Technik 5

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    162 Metapsychologie

    und doch eine höchst auffallende Analogie zu den wildesten Er-
    zeugnissen des Wahnsinns bietet und den Philosophen nicht
    verständlicher war als der Wahnsinn selbst. Ich meine die Träume.
    Die Psychoanalyse griindet sich auf die Traumanalyse; die Traum-
    deutung ist das vollständigste Stück Arbeit, das die junge Wissen-
    schaft bis heute geleistet hat. Ein typischer Fall der Traum-
    bildung kann folgendermaßen beschrieben werden: Ein Gedanken-
    zug ist durch die geistige Titigkeit des Tages wachgerufen wor-
    den und hat etwas von seiner Wirkungsfåhigkeit zuriickbehalten,
    durch die er dem allgemeinen Absinken des Interesses, welches
    den Schlaf herbeiführt und die geistige Vorbereitung für das
    Schlafen bildet, entgangen ist. Während. der Nacht gelingt es
    diesem Gedankenzug, die Verbindung zu einem der unbewußten
    Wünsche zu finden, die von Kindheit an im Seelenleben des
    Tråumers immer gegenwärtig, aber für gewöhnlich verdrängt
    und von seinem bewußten Dasein ausgeschlossen sind. Durch die
    von dieser unbewußten Unterstützung geliehene Kraft können
    die Gedanken, die Überbleibsel der Tagesarbeit, nun wiederum
    wirksam werden und im Bewußtsein in der Gestalt eines Traumes
    auftauchen. Es haben sich also dreierlei Dinge ereignet:

    ı) die Gedanken haben eine Verwandlung, Verkleidung und
    Entstellung durchgemacht, welche den Anteil des unbewuBten
    Bundesgenossen darstellt;

    2) den Gedanken ist es gelungen, das Bewußtsein zu einer
    Zeit zu besetzen, wo es ihnen nicht zugänglich hätte sein sollen :

    3) ein Stück des Unbewußten, dem dies sonst unmöglich ge-
    wesen wäre, ist im Bewußtsein aufgetaucht.

    Wir haben die Kunst gelernt, die „Tagesreste“ und die
    latenten Traumgedanken herauszufinden; durch ihren Ver-
    gleich mit dem manifesten Trauminhalt sind wir befähigt,
    uns ein Urteil über die Wandlungen, die sie durchgemacht
    haben, und über die Art und Weise, wie diese zustande ge-
    kommen sind, zu bilden.

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    Einige Bemerkungen über den Begriff des Unbewußten 163

    Die latenten Traumgedanken unterscheiden sich in keiner Weise
    von den Erzeugnissen unserer gewöhnlichen bewußten Seelen-
    tätigkeit. Sie verdienen den Namen von vorbewußten Gedanken
    und können in der Tat in einem Zeitpunkte des Wachlebens
    bewußt gewesen sein. Aber durch die Verbindung mit den un-
    bewuBten Strebungen, die sie während der Nacht eingegangen
    sind, wurden sie den letzteren assimiliert, gewissermaßen auf den
    Zustand unbewußter Gedanken herabgedrückt und den Gesetzen,
    durch welche die unbewußte Tätigkeit geregelt wird, unterworfen.
    Hier ergibt sich die Gelegenheit zu lernen, was wir auf Grund
    von Überlegungen oder aus irgend einer anderen Quelle empiri-
    schen Wissens nicht hätten erraten können, daß die Gesetze der
    unbewußten Seelentätigkeit sich im weiten Ausmaß von jenen
    der bewußten unterscheiden. Wir gewinnen ‘durch Detailarbeit
    die Kenntnis der Eigentümlichkeiten des UnbewuBten und
    kónnen hoffen, daB wir durch gründlichere Erforschung der Vor-
    günge bei der Traumbildung noch mehr lernen werden.

    Diese Untersuchung ist noch kaum zur Hälfte beendet und
    eine Darlegung der bis jetzt erhaltenen Resultate ist nicht möglich,
    ohne in die hóchst verwickelten Probleme der Traumdeutung
    einzugehen. Aber ich wollte diese Erörterung nicht abbrechen,
    ohne auf die Wandlung und den Fortschritt unseres Verstünd-
    nisses des UnbewuBten hinzuweisen, welche wir dem psycho-
    analytischen Studium der Träume verdanken.

    Das Unbewufte schien uns anfangs bloB ein rátselhafter Cha-
    rakter eines bestimmten psychischen Vorganges; nun bedeutet es
    uns mehr, es ist ein Anzeichen dafür, dal) dieser Vorgang an
    der Natur einer gewissen psychischen Kategorie teilnimmt, die
    uns durch andere bedeutsamere Charakterzüge bekannt ist, und
    daD er zu einem System psychischer Tátigkeit gehürt, das unsere
    vollste Aufmerksamkeit verdient. Der Wert des UnbewuBten als
    Index hat seine Bedeutung als Eigenschaft bei weitem hinter sich
    gelassen. Das System, welches sich uns durch das Kennzeichen

    ut

  • S.

    a usammensetzen,

    »das 1010670216",

    i en 0... , eine Mainų des Du e vor.
    Dies ist der dritte und wichtigste Sinn, den der Ausdruck
    „unbewuBt” in der Psychoanalyse erworben hat.