Facialis [unsigniert] 1888-024/1888
  • S.

    Facialis, adj [lat. facies Gesicht]; (frz. facial; engl.
    facialis; it. facciale), zum Gesicht gehörig.
    I. Carotis Facialis externa s. Carotis III.
    II. Dr. glandulae Faciales profundae liegen 2–3
    an der Zahl, in der Fossa spheno-maxillaris und an
    der Seitenwand der Schlundkopfes, nehmen als Vasa
    inferentia die Lympfgefässe der Augen- und Nasen
    höhle, sowie des Schlundkopfes und durch das Fora
    men spheno-maxillare eignen Lymphgefässe des
    Gehirns (Arnold) auf und senden ihre Vasa effe
    rentia zu den Glandulae jugulares anteriores.
    III. Nervus facialis (frz. nerf facial; engl. facial
    nerve; it. nervo facciale); Gesichtsnerv. 1. Gehirnnerv.
    A. Anatomische Verhältnisse: Der Nerv F.
    entspringt aus einem seitlich und ventral gelegenen
    Kerne des verlängerten Markes, in denselben Ebenen,
    welche die Kerne des N. abducens und des N. acu
    sticus enthalten. Seine Wurzelnfasern verlaufen vom
    Kern aus nach innen und dorsal, bilden einen kom
    pakten unter dem Ventrikelboden gelegenen Strang
    (Kniestück des Nerven) umgreifen dann den Ab
    ducenskern, wenden sich wieder nach aussen und ven
    tral und treten am hinteren Rande des Brückenarmes
    seitlich vom N. abducens und sehr nahe dem Hör
    nerven aus dem Zentralorgan aus. Ob nicht ein
    Theil der als P. bezeichneten Fasern direkt aus dem
    Abducenskerne stammt, hat sich noch nicht ent
    schieden lassen *). Der peripherische Verlauf des Ner
    ven ist nicht minder verwickelt als sein zentraler. Der
    Nervenstamm tritt zunächst neben dem Hörnerven,
    mit dem er durch den N. intermedius Wrisbergii
    verbunden ist, in den Meatus auditorius internus,
    aus demselben in den Fallopischen Kanal des Felsen
    beins, woselbst er an der medialen Wand der Pauken
    höhle über der Fenestra ovalis zu liegen kommt
    und tritt endlich durch das Foramen stylo-mastoideum
    aus; er bettet sich in die Substanz der Parotis
    ein und zerfällt in derselben in seine peripherere Ver
    zweigung, welche den Namen Pes anserinus major
    führt. Auf dem Wege durch den Knochenkanal
    lösen sich bereits mehrere Zweige vom Nerv ab,
    darunter der Nervenstamm, welcher vom Foramen spheno-maxillare zum Zweiten
    Ast des Trigeminus und der sogenannte Chorda tympani,
    welche eine rückläufige Zweigschlingung durch die Pauken
    höhle hindurch, und sich dem Nervus lingualis vom
    dritten Ast des Trigeminus anschliesst. Auch durch
    diesen beiden Nerven steht der Gesichtsnerv noch durch
    andere Aeste in anatomischer Verbindung mit
    dem Trigeminus, Accessorius, Vagus und wahrnehm
    lich auch Glossopharyngeus. Diese Verbindungen
    mögen zum Theil nur scheinbar sein. Der Nervus
    ist ein wesentlich motorischer Nerv und versorgt alle
    äusseren Muskeln des Gesichtes und der Schädel
    decke, die äusseren Ohrmuskeln, den M. stapedius,
     


    *) Neueste Versuche Mendel’s scheinen in diese Frage
    etwas Licht zu bringen. Dieselben führen zu dem Satz, dass
    der Facialiskern wenigstens partiell sein müsse, wenn der
    Kern des Abducens in den verschiedenen Ebenen des verlängerten
    Markes liegen soll, und dass der Facialiskern nur in den vom
    Facialiskerne stammenden Fasern direkt aus dem Abducenskerne
    stammt, hat sich noch nicht ent
    schieden lassen *). Der peripherische Verlauf des Ner
    ven ist nicht minder verwickelt als sein zentraler. Der
    Nervenstamm tritt zunächst neben dem Hörnerven,
    mit dem er durch den N. intermedius Wrisbergii
    verbunden ist, in den Meatus auditorius internus,
    aus demselben in den Fallopischen Kanal des Felsen
    beins, woselbst er an der medialen Wand der Pauken
    höhle über der Fenestra ovalis zu liegen kommt
    und tritt endlich durch das Foramen stylo-mastoideum
    aus; er bettet sich in die Substanz der Parotis
    ein und zerfällt in derselben in seine peripherere Ver
    zweigung, welche den Namen Pes anserinus major
    führt. Auf dem Wege durch den Knochenkanal
    lösen sich bereits mehrere Zweige vom Nerv ab,
    darunter der Nervenstamm, welcher vom Foramen
    spheno-maxillare zum Zweiten Ast des Trigeminus
    und der sogenannte Chorda tympani, welche
    eine rückläufige Zweigschlingung durch die Pauken
    höhle hindurch, und sich dem Nervus lingualis vom
    dritten Ast des Trigeminus anschliesst. Auch durch
    diesen beiden Nerven steht der Gesichtsnerv noch durch
    andere Aeste in anatomischer Verbindung mit
    dem Trigeminus, Accessorius, Vagus und wahrnehm
    lich auch Glossopharyngeus. Diese Verbindungen
    mögen zum Theil nur scheinbar sein. Der Nervus
    ist ein wesentlich motorischer Nerv und versorgt alle
    äusseren Muskeln des Gesichtes und der Schädel
    decke, die äusseren Ohrmuskeln, den M. stapedius,
    zu ergreifen.
     

    einen Teil der Gaumenmuskulatur, den hinteren
    Bauch des M. biventer und das Platysma Myoides.
    Es führt ferner sekretorische Fasern für die Glan
    dula submaxillaris und sublingualis, und durch die
    ihm angeschlossene Chorda Tympani sensible und
    Geschmacksfasern für den vorderen Teil der Zunge.
    B. Erkankungen des Nervus F. Die Ge
    sichtslähmung, die häufigste und in vieler Beziehung
    interessanteste aller zur Beobachtung kommenden
    Lähmungen ist, möge sie hier eine ausführlichere
    Würdigung erfahren. Eine Gesichtslähmung (infolge
    organischer Erkrankung des Nerven) kann a) zen
    tral oder peripherisch bedingt sein. Im ersteren
    Falle muss die Läsion die Reserve des Gesichtsnerven
    auf ihrem zentralen Wege vom Pons nach aufwärts bis
    zur Gehirnrinde betreffen; die Lähmung ist wegen
    der im Pons erfolgenden Kreuzung aller motorischen
    Hirnnervenbahnen ungleichzeitig zu den Sitz der
    Läsion; erst letzterer Fall ist die Lähmung auf der
    selben Seite wie die Läsion und kann 1. betreffen
    1) den Kern des N. facialis (Nuklearlähmung); 2. die
    Wurzelwinden desselben in der Oblongata; 3. den
    Stamm desselben in der Schädelhöhle (intrakranielle
    Lähmung) und 4. den peripherischen Verlauf (eigent
    liche, peripherische Lähmung) im Foramen oder
    ausserhalb desselben. Affektion des Nerven an einer
    der vier aufgezählten Lokalitäten gibt ein im wesent
    lichen einheitliches Bild, das der peripherischen
    Gesichtslähmung, welches eine genauere Lokalisation
    der Krankheitsursache nur mit Bezug auf einzelne
    später anzuführende Züge gestattet. Das Wichtigste
    bleibt die Unterscheidung einer zentralen Gesichts
    lähmung von einer peripheren.
    I. Die zentrale Gesichtslähmung hat fol
    gende Eigenthümlichkeiten: a) sie ist meist keine hoch
    gradige, an und für sich; b) sie betrifft in auffälliger
    Weise nur die Muskeln um die Nasen- und Mund
    öffnung und verschont die Muskeln um die Lidspalte
    und die Stirnmuskeln; c) die elektrische Erregbar
    keit des Nerven und der Muskeln ist unverändert;
    d) Atrophie der betroffenen Muskeln tritt nicht
    ein; e) die reflektorische Beweglichkeit der gelähm
    ten Muskeln ist erhalten; f) die zerebrale F. pa
    ralyse ist zumeist von anderen zerebralen Sympto
    men am häufigsten von einer Ablenkung der vor
    gestreckten Zunge nach der paretischen Seite, be
    gleitet.
    Der unter B angeführte Satz ist nicht dahin zu
    verstehen, dass der M. orbicularis Oculi, die Stirn
    brauen und der M. frontalis an der zerebralen Pa
    ralyse in keiner Weise beteiligt sind. Ein gewisser
    Grad von Schwäche in diesen Muskeln ist vielmehr
    auch bei der zerebralen F.-Lähmung sehr häufig,
    wenn nicht die Regel. (Die Lidspalte ist der afficir
    ten Seite kann meist nicht so vollständig geschlos
    sen werden wie die der anderen; fast immer ist das
    Vermögen verloren gegangen, die eine Lidspalte vo
    liert zu schliessen.) Aber diese Störungen sind noch
    geringer als die im Bereich der Mundmuskeln; sie zei
    gen sich nur beim Eintritt der zentralen Lähmung und
    werden schon nach wenigen Tagen ausgeglichen.
    Die zerebrale F.-Lähmung ist das häufigste und
    gleichzeitig vieldeutigste Symptom eines Hirnleidens
    oder der Beeinträchtigung einer Gehirnfunktions
    sphäre, so dass der motorische Apparat der Gesichts
    muskulatur für das empfindlichste Reagens auf die
    Funktionstüchtigkeit der Gehirnhälfte erklärt werden
    muss. Sie tritt bei Prozessen auf, welche sich sonst
    nur durch psychische Symptome äussern, oder deutet,
    wenn in der Kindheit erworben, auf einen ehemals
    abgelaufenen Gehirnprozess hin (kindliche Encepha
    litis, Hemiplegiker). Im Verein mit Zungen- und Be
    wegungslähmung ist die zerebrale F.-Lähmung ein
    konstanter Zug im Bilde der Hemiplegie, welche
     

  • S.

    auf eine Schädigung der motorischen Bahn im
    engeren Umfange zu beziehen ist. Mit der Häufig
    keit der Gesichtslähmung bei organischen Gehirn
    prozessen kontrastiren in auffälliger Weise deren
    Seltenheit (oder vielmehr Ausbleiben) bei der funk
    tionellen, hysterischen Lähmung. Das Fehlen der
    zerebralen F.-Parese ist in der That das wich
    tigste unterscheidende Moment zwischen der orga
    nischen und der hysterischen Hemiplegie. Es kommt
    allerdings auch bei letzterer eine Ungleichheit in
    der Innervation beider Gesichtshälften zur Beobach
    tung; dieselbe beruht aber nicht auf einer Parese,
    sondern auf einem tonischen, durch klonische Zuckun
    gen unterbrochenen Krampf der einseitigen Gesichtsmuskeln,
    zu dem sich eine exzessive und krampf
    hafte Abweichung der Zunge gesellt. Dieser ein
    seitige Lippenmuskelkrampf der Hysterie tritt bald
    auf der Seite der Hemiplegie, bald auf der gesun
    den Seite auf; im letzteren Falle ergiebt sich das
    auffällige Verhältniss, dass die vorgestreckte Zunge
    nicht wie bei organischer Lähmung nach der kranken,
    sondern nach der gesunden Seite hin abweicht.
    Bei der Hysterie unter zerebraler F.-Parese ist in
    des eine Vorsicht nicht ausser acht zu lassen. Es
    kommt sehr häufig Ungleichheit in den Gesichts
    zügen in der Tiefe der Nasolabialfalte, der Stellung
    des Mundwinkel etc. vor, welche kein pathologische
    Bedeutung haben, sondern als habituelle zu bezeich
    nen und häufig als Ausdruck einer bloss morpholo
    gischen Asymmetrie aufzufassen sind. Der Asym
    metrien bestehen oft nicht nur in mimischen Ruhe
    sondern zeigen sich auch bei mimischen Bewegun
    gen, z. B. fehlt an einem durchweg verdächtigen
    Merkmale, eine solche habituelle Ungleichheit von
    einer zerebralen Parese zu unterscheiden.
    II. Die peripherische F.-Lähmung hat fol
    gende allgemeine Charaktere: 1. Sie kann leicht eine
    hohe Intensität erreichen (F.-Paralyse) 2. sie betrifft
    die oberen Gesichtsmuskeln ebensosehr wie die der
    unteren Gesichtshälfte; 3. die elektrische Erregbar
    keit des Nervus F. und der Muskeln ist verminder
    (der einfachen Herabsetzung bis zum völligen
    Erlöschen); 4. die gelähmten Muskeln atrophieren;
    5. die reflektorische Beweglichkeit derselben ist auf
    gehoben (reflektorische Lidschluss); 6. es können
    neben den motorischen Symptomen einige andere auf
    treten, welche sich aus der Anatomie des peripheri
    schen F.-Stückes erklären. Das Bild einer schwe
    ren peripherischen Gesichtslähmung ist in der Ruhe
    etwa folgendes: Die gelähmte Gesichtshälfte erscheint
    glatt und ausdruckslos, die Stirnfalten sowie die
    Faltungen um die Lider fehlen, die Skora der Augen
    ist in weiterem Umfange entblösst; die Nasolabial
    falte ist verstrichen, der Mundwinkel hängt schlaff
    herab, Nase und Mund sind nach der gesunden Seite
    hin verzogen. Alle mimischen Bewegungen werden
    nur von der einen Gesichtshälfte ausgeführt. Bei
    minder schwerer Lähmung ist in der Ruhe wenig
    zu bemerken, dagegen tritt die Lähmung hervor,
    wenn man den Kranken mimische Bewegungen aus
    führen lässt. Dazu zeigt sich, dass das Stirn auf
    der gelähmten Seite nicht gerunzelt werden kann;
    das Auge kann nicht gedrückt werden, sondern wird
    beim Versuch eines Lidschlusses nach oben gerollt,
    die Entblössung der Conjunctiva und das Fehlen
    des zum Schutze des Bulbus wichtigen Lidschlusses
    bedingt leicht kataralische Affektion der Conjunc
    tiva, die Thränen werden wegen des Ectropium des
    Unterlides nicht abgeleitet und fliessen über die
    Wange herab. Das Auge sieht nicht im Schlafe
    offen (Lagophthalmus). Der Nasenflügel der gelähm
    ten Seite wird bei tiefer Inspiration nicht gehoben,
    deshalb kann auch das Riechen erschwert sein. Pfeifen,
    Ausblasen eines Lichtes u. dergl. ist unmöglich, die
     

    Wange wird bei der Exspiration nach aussen auf
    gebläht, kann wegen mangelnden Lippenschlusses
    nicht aktiv aufgeblasen werden; die Sprache wird
    undeutlich, beim Kauen werden die Bissen nicht
    zwischen den Zähnen festgehalten und fallen gegen
    die Wangen hin; dem Kranken steht leicht Speichel
    auf der gelähmten Seite. Diese Symptome der Gesichts
    muskulatur kommen zustande, wenn der Nerv
    nach seinem Austritt aus dem Foramen stylomastoi
    deum erkrankt ist. Betrifft die Erkrankung eine
    höhere Stelle, welche dem Verlaufe durch den Fallop
    schen Kanal angehört, so treten einige andere Sym
    ptome auf, die man auf die Mitbeteiligung der Chorda
    Tympani, des N. petrosus superficialis und des N.
    stapedius beziehen muss. Solche sind: 1. Abnahme
    der Geschmacksempfindung an der vorderen zwei
    Dritteln der Zunge (ausschließlich nach Annahme der
    Tampfempfindlichkeit daselbst), Trockenheit der Mund
    höhle auf der gelähmten Seite (Chorda Tympani);
    2. Schlaffheit des Zügelchens und Herabsetzung der
    Beweglichkeit der Gaumenbögen auf der Seite der
    Gesichtslähmung (N. petrosus superficialis); 3. Ab
    nahme des Hörigkeit, hie und mit subjektiven Ohr
    geräuschen verbunden (Nerv vom M. stapedius). Das
    Vorkommen eines oder mehrerer dieser Symptome
    gestattet, die erkrankte Stelle des Nerven in den
    Fallopischen Kanal zu verlegen und erschwert im
    allgemeinen die Prognose der Gesichtslähmung.
    Ist der Nervus F. noch in der Schädelhöhle oder im
    Meatus auditorius erkrankt, so wird zumeist eine
    Affektion des ihm anliegenden Hörnerven (und
    Vestibularnerven) nachweisen sein. Häufiger je
    doch ist das Zusammentreffen der Gehörstörung und
    der Gesichtslähmung ein Anleiden, Die Gehörsstörung
    ist dann die Folge eines krankhaften Prozesses im
    Felsenbein, welcher auf den dem Gehörorgan nach
    barlichen Nervus F. übergreift. Bemerkenswert ist
    die auch in einigen sorgfältig untersuchten
    Fällen Erkrankung des Nervus F. an der Schädel
    basis nicht zu Geschmacksstörung führt. Die Chorda
    Tympani, welche im Felsenbeinkanal dem Nerven ab
    dünnt, liegt, scheint, demnach ein dem F. fremder
    L. p. fremder zu sein, der sich peripherisch wie zentral
    wieder von ihm lostrennt. Eine gleichzeitige Er
    krankung beider Nervi faciales erzeugt die sogenannte
    F. p. diplegia, bei welchem Zustande die mimische
    Starre des Kranken einen höchst eigenthümlichen Ein
    druck hervorbringt. Die Diplegia f. kommt in sel
    tenen Fällen nebst doppelseitiger Abducenslähmung
    als congenitaler oder intra partum erworbener Zu
    stand vor. Aehnliche mimische Starre findet sich
    auch in jenen Fällen von primärer Erkrankung der
    Gesichtsmuskulatur, die nicht auf F.-Lähmung, son
    dern auf Muskelatrophie zu beziehen sind ( Muskel
    atrophie unter Arthritis). - Aetiologie: In
    erster Linie ist «Zug und Erkältung» für die F.-Läh
    mung verhältnismässig anzuführen, wenn man be
    denkt, dass der Kranke mitunter einige Stunden nach
    einem Gange in ein kaltes, zugiges Lokal nach einer
    Körperschwüle bei heftigem Luftzug u. dgl. eine
    «rheumatische» Gesichtslähmung auftritt. Die ihr
    zu Grunde liegende anatomische Veränderung wird
    einer perieuritischen Affektion des Nervenstranges
    in seinem knöchernen Kanal zugeschrieben. Die häufigste Lokalisation
    dieser rheumatischen Affektion scheint dicht gegen
    den Austritt aus dem Foramen stylomastoideum zu
    sein, doch deuten die Symptome (Chordaffektion)
    nicht selten darauf hin, dass sich der Prozess in
    den Fallopischen Kanal hinein erstreckt. Die Strecke
    des Nerven ausserhalb des Felsenbeins erkrankt
    ferner häufig infolge von direkten Traumen von
    Geschwulst- und Abszessbildung in der Parotiden
    gegend, durch grössere vergrösserte Lymphdrüsen
    u. dgl. Die Anlegung der Zunge verscheidet bei
     

  • S.

    Neugeborenen mitunter Gesichtslähmung, die aber
    eine günstige Prognose bietet. Es ist selbstverständ
    lich, dass durch Läsion des peripherischen F.-Astes
    (bei Tumoren, chirurgischen Operationen) partielle
    Gesichtslähmungen entstehen können. Endlich findet
    sich die F. neuropathisch bei Erkrankung des Nerven bei
    der in der Regel infektiösen Polyneuritis (s. diese).
    Das im Felsenbein gelegene Stück des Gesichts
    nerven kann von allen möglichen krankhaften Prozessen
    (Erkrankung, Fraktur, Blutung, Caries, syphilitische
    Periostitis) in Mitleidenschaft gezogen werden, jedoch
    aber am häufigsten bei Erkrankungen des inneren
    Ohres, der Otitis interna suppurativa; es ist auch bei
    einfachen Felsenbeinfrakturen zu beobachten.
    An der Schädelbasis ist der Gesichtsnerv allen jenen
    schädlichen Einwirkungen ausgesetzt, welche über
    haupt basale Hirnnervenlähmungen erzeugen, als:
    Syphilis, chronische Meningitis und eitrige Menin
    gitis, nach auch nach inneren Blutungen, durch Tumoren
    entfernt gelegen Tumor, durch ein Aneurysma.
    Die Nuklearkernkrankung des Nerven (mitunter doppel
    seitig) wird beobachtet bei der chronischen Bulbär
    paralyse, Blutungen und Tumoren der Oblongata.
    Eine Unterbrechung der motorischen Bahn in der
    Ponsregion kann neben gekreuzter Extremitäten
    lähmung eine ungekreuzte Gesichtslähmung erzeugen
    (Hemiplegie alterne von Gubler). Bei der zerebren
    len F.-Lähmung ist das Verhältnis zur Neubildung
    verhältnismässig selten. Neuerdings
    ist behauptet worden, dass die angeborene neuro
    pathische Disposition in der Aetiologie der periphe
    rischen F. Lähmung eine grosse Rolle spielt.
    Prognose: Ist die Lähmung eine rheuma
    tische, so besitzen wir in der elektrischen Unter
    suchung ein vorzügliches Hilfsmittel, die Prognose
    und Heilungsdauer der Gesichtslähmung zu beurteilen.
    Je nach dem Ergebniss der elektrischen Prüfung
    unterscheidet man leichte, schwere und Mittelformen
    der F.-Lähmung. (Die Elektrodiagnostik gewinnt bei
    der Gesichtslähmung darum so sehr an Bedeutung,
    weil der Nervenstamm die Aeste desselben und die
    einzelnen Muskeln mit grösster Leichtigkeit der
    elektrischen Untersuchung zugänglich sind.) Die
    leichte Formen der Gesichtslähmung fasst man jene
    Fälle auf, in denen die elektrische Erregbarkeit des
    Nerven und der von ihm versorgten Muskeln keine
    Veränderung zeigen; dieselben heilen ausnahmslos
    (von peripherischer Natur) nach wenigen Wochen. Bei
    schweren Formen der Gesichtslähmung sind im
    Gegenteil ausgezeichnet durch jene Veränderungen
    der elektrischen Erregbarkeit, welche man als
    «Entartungsreaktion» zusammenfasst. Da diese Ver
    änderungen und deren zuverlässiger Ablauf vor
    wiegend durch das Studium der Gesichtslähmung
    erkannt worden sind, mögen sie hier eine kurze
    Erwähnung finden. Bei der «Entartungsreaktion»
    ist der Effekt einer Reizung vom Nerven aus und
    der einer direkten Muskelreizung, sowohl son
    dern. Der Nerv zeigt schon wenige Tage nach Be
    ginn der Lähmung eine deutliche Abnahme seiner
    Erregbarkeit für galvanische und für faradische
    Ströme. Schliesslich (nach 10-14 Tagen) ist der
    Nerv völlig unerregbar geworden; die stärksten
    Ströme heben, wenn auf den Nerven appliciert,
    auf den Muskel wirkungslos. Anders verhält sich
    der Muskel. Parallel mit der Abnahme der Er
    regbarkeit vom Nerven aus nimmt seine Erregbar
    keit für direkte faradische Reizung ab und ver
    schwindet endlich völlig. Die direkte galvanische
    Erregbarkeit nimmt aber nur in der ersten Woche
    ab; in der zweiten Woche wird der Muskel für
    direkte galvanische Reizung erregbarer als ein
    normaler, reagiert aber nicht mit raschen, sondern
    mit trägen Zuckungen auf dieselbe. Man kon
    stant und wichtig erscheint es, dass der Muskel
     

    dann auch durch die Anode ebenso oder stärker
    erregbar ist als durch die normalerweise stärker
    reizende Kathode der elektrischen Ströme. Das Auf
    treten der Entartungsreaktion also ergiebt eine un
    günstigere Prognose, selbst für die rheumatische
    Gesichtslähmung. Die Herstellung erfolgt erst nach
    4–6 Monaten, kann auch eine unvollständige sein
    oder ganz ausbleiben. Mittelformen werden
    jene Fälle bezeichnet, in denen zwar die Muskeln
    die Entartungsreaktion zeigen (Verlust der fara
    dischen Steigerung der galvanischen Erregbarkeit,
    Veränderung der Zuckungsdauer), aber die Erreg
    barkeit der Nerven nicht erlischt. Diese Mittel
    formen geben zumeist bei elektrischer Behand
    lung eine günstige Prognose und heilen in 4–8
    Wochen. – Nach schweren Gesichtslähmungen
    stellen sich häufig Kontrakturen in den gelähmt
    gewesenen Muskeln ein, welche beim ersten Anblick
    den Eindruck einer bestehenden Gesichtslähmung
    auf der anderen gesunden Seite nähren
    können. Die Prüfung auf mimische Bewegung,
    die elektrische Untersuchung, sowie die Untersuchung
    des Widerstandes, den die in Kontraktur befind
    lichen Muskeln leisten, wird vor dieser Verwechs
    lung schützen. Wiederholt sind in die Kontraktur
    befindlichen Gesichtsmuskeln häufig von Zuckungen
    befallen. Der Veränderung der elektrischen Er
    regbarkeit gesellt sich eine Atrophie der ge
    lähmten Muskeln, welche in schweren Fällen und
    bei längerem Bestande der Erkrankung dicht ausge
    fällig ist. – In der Therapie der rheumatischen
    F.-Lähmung gebührt der Elektrizität der erste Rang.
    Diese fördert unzweifelhaft die Regeneration im
    Bereich des erkrankten Nerven; man kann oft sehen,
    dass unmittelbar nach jeder Sitzung eine Besserung
    der Mimikfalten eintritt. Ob der faradische oder gal
    vanische Strom Besseres leistet, lässt sich derzeit
    nicht entscheiden, man wird im allgemeinen jene
    Stromart anwenden, auf welche die Muskeln noch
    mit Kontraktion reagieren; ferner ist es ratsam, der
    elektrischen Durchströmung eine mechanische Be
    handlung der Muskeln (Massage) nachfolgen zu
    lassen. Auch die mimische Deformität wird durch
    Massage günstig beeinflusst. Selten veraltetet Formen
    von Gesichtslähmung ergeben noch Erfolg bei elek
    trischer Behandlung. Bei sekundären Kontrakturen
    hat man Massage und galvanische Durchströmung
    anzuwenden, den faradischen Strom zu vermeiden.
    Der frischen rheumatischen Lähmung wird man lokale
    Blutentziehungen und Diaphorese versuchen (warme
    Bäder, Fomentationen, Pilokarpininjektionen).
    Die Therapie der anderen verursachenden Formen
    von Gesichtslähmung wird sich selbstverständlich
    nach der im einzelnen Falle ermittelten Ursache zu
    richten haben.
    IV. N. facialis. a) Die Vena F. anterior bildet
    mit der Vena F. posterior (s. unten c) die Vena f. com
    munis (s. b). Der Art. maxillaris interna entsprechend
    beginnt die anterior an der Seite des Nasenwinkel
    als Vena angularis, und steigt zum Angulus maxillae
    herab. Sie nimmt die von den Lidern, der Nase,
    den Lippen, der Wange, dem Kinn und dem Gau
    men herkommenden Venen auf, desgleichen auch die
    Vena ranina. – b) Die Vena f. communis ent
    steht wie oben angegeben und läuft als kurzer Stamm
    vom Angulus maxillae schräg durch das Trigonum
    caroticum, zugweise zur Vena jugularis interna und
    nimmt dabei die Vena thyreoidea superior, die Ve
    nae pharyngaeae und die Lingualis auf. – c) Die
    Vena f. posterior bildet mit der anterior (s. a)
    die communis (s. b), entsteht an der Wurzel des
    Processus zygomaticus aus der V. temporalis super
    ficialis und media; zieht durch die Parotis zum An
    gulus maxillae hinab, teilt sich dort in zwei Aeste,
     

  • S.

    deren einer in die Jugularis externa, der andere in
    die anterior (s. a) übergeht. Die Vene führt das
    Blut aus der Schläfegegend, aus der Gegend vor dem
    Ohr, aus der Parotis und aus den Teilen des Ge
    sichts ab, aus denen die anterior nicht das Blut
    ableitet.