S.
Facialis, adj [lat. facies Gesicht]; (frz. facial; engl.
facialis; it. facciale), zum Gesicht gehörig.
I. Carotis Facialis externa s. Carotis III.
II. Dr. glandulae Faciales profundae liegen 2–3
an der Zahl, in der Fossa spheno-maxillaris und an
der Seitenwand der Schlundkopfes, nehmen als Vasa
inferentia die Lympfgefässe der Augen- und Nasen
höhle, sowie des Schlundkopfes und durch das Fora
men spheno-maxillare eignen Lymphgefässe des
Gehirns (Arnold) auf und senden ihre Vasa effe
rentia zu den Glandulae jugulares anteriores.
III. Nervus facialis (frz. nerf facial; engl. facial
nerve; it. nervo facciale); Gesichtsnerv. 1. Gehirnnerv.
A. Anatomische Verhältnisse: Der Nerv F.
entspringt aus einem seitlich und ventral gelegenen
Kerne des verlängerten Markes, in denselben Ebenen,
welche die Kerne des N. abducens und des N. acu
sticus enthalten. Seine Wurzelnfasern verlaufen vom
Kern aus nach innen und dorsal, bilden einen kom
pakten unter dem Ventrikelboden gelegenen Strang
(Kniestück des Nerven) umgreifen dann den Ab
ducenskern, wenden sich wieder nach aussen und ven
tral und treten am hinteren Rande des Brückenarmes
seitlich vom N. abducens und sehr nahe dem Hör
nerven aus dem Zentralorgan aus. Ob nicht ein
Theil der als P. bezeichneten Fasern direkt aus dem
Abducenskerne stammt, hat sich noch nicht ent
schieden lassen *). Der peripherische Verlauf des Ner
ven ist nicht minder verwickelt als sein zentraler. Der
Nervenstamm tritt zunächst neben dem Hörnerven,
mit dem er durch den N. intermedius Wrisbergii
verbunden ist, in den Meatus auditorius internus,
aus demselben in den Fallopischen Kanal des Felsen
beins, woselbst er an der medialen Wand der Pauken
höhle über der Fenestra ovalis zu liegen kommt
und tritt endlich durch das Foramen stylo-mastoideum
aus; er bettet sich in die Substanz der Parotis
ein und zerfällt in derselben in seine peripherere Ver
zweigung, welche den Namen Pes anserinus major
führt. Auf dem Wege durch den Knochenkanal
lösen sich bereits mehrere Zweige vom Nerv ab,
darunter der Nervenstamm, welcher vom Foramen spheno-maxillare zum Zweiten
Ast des Trigeminus und der sogenannte Chorda tympani,
welche eine rückläufige Zweigschlingung durch die Pauken
höhle hindurch, und sich dem Nervus lingualis vom
dritten Ast des Trigeminus anschliesst. Auch durch
diesen beiden Nerven steht der Gesichtsnerv noch durch
andere Aeste in anatomischer Verbindung mit
dem Trigeminus, Accessorius, Vagus und wahrnehm
lich auch Glossopharyngeus. Diese Verbindungen
mögen zum Theil nur scheinbar sein. Der Nervus
ist ein wesentlich motorischer Nerv und versorgt alle
äusseren Muskeln des Gesichtes und der Schädel
decke, die äusseren Ohrmuskeln, den M. stapedius,
*) Neueste Versuche Mendel’s scheinen in diese Frage
etwas Licht zu bringen. Dieselben führen zu dem Satz, dass
der Facialiskern wenigstens partiell sein müsse, wenn der
Kern des Abducens in den verschiedenen Ebenen des verlängerten
Markes liegen soll, und dass der Facialiskern nur in den vom
Facialiskerne stammenden Fasern direkt aus dem Abducenskerne
stammt, hat sich noch nicht ent
schieden lassen *). Der peripherische Verlauf des Ner
ven ist nicht minder verwickelt als sein zentraler. Der
Nervenstamm tritt zunächst neben dem Hörnerven,
mit dem er durch den N. intermedius Wrisbergii
verbunden ist, in den Meatus auditorius internus,
aus demselben in den Fallopischen Kanal des Felsen
beins, woselbst er an der medialen Wand der Pauken
höhle über der Fenestra ovalis zu liegen kommt
und tritt endlich durch das Foramen stylo-mastoideum
aus; er bettet sich in die Substanz der Parotis
ein und zerfällt in derselben in seine peripherere Ver
zweigung, welche den Namen Pes anserinus major
führt. Auf dem Wege durch den Knochenkanal
lösen sich bereits mehrere Zweige vom Nerv ab,
darunter der Nervenstamm, welcher vom Foramen
spheno-maxillare zum Zweiten Ast des Trigeminus
und der sogenannte Chorda tympani, welche
eine rückläufige Zweigschlingung durch die Pauken
höhle hindurch, und sich dem Nervus lingualis vom
dritten Ast des Trigeminus anschliesst. Auch durch
diesen beiden Nerven steht der Gesichtsnerv noch durch
andere Aeste in anatomischer Verbindung mit
dem Trigeminus, Accessorius, Vagus und wahrnehm
lich auch Glossopharyngeus. Diese Verbindungen
mögen zum Theil nur scheinbar sein. Der Nervus
ist ein wesentlich motorischer Nerv und versorgt alle
äusseren Muskeln des Gesichtes und der Schädel
decke, die äusseren Ohrmuskeln, den M. stapedius,
zu ergreifen.
einen Teil der Gaumenmuskulatur, den hinteren
Bauch des M. biventer und das Platysma Myoides.
Es führt ferner sekretorische Fasern für die Glan
dula submaxillaris und sublingualis, und durch die
ihm angeschlossene Chorda Tympani sensible und
Geschmacksfasern für den vorderen Teil der Zunge.
B. Erkankungen des Nervus F. Die Ge
sichtslähmung, die häufigste und in vieler Beziehung
interessanteste aller zur Beobachtung kommenden
Lähmungen ist, möge sie hier eine ausführlichere
Würdigung erfahren. Eine Gesichtslähmung (infolge
organischer Erkrankung des Nerven) kann a) zen
tral oder peripherisch bedingt sein. Im ersteren
Falle muss die Läsion die Reserve des Gesichtsnerven
auf ihrem zentralen Wege vom Pons nach aufwärts bis
zur Gehirnrinde betreffen; die Lähmung ist wegen
der im Pons erfolgenden Kreuzung aller motorischen
Hirnnervenbahnen ungleichzeitig zu den Sitz der
Läsion; erst letzterer Fall ist die Lähmung auf der
selben Seite wie die Läsion und kann 1. betreffen
1) den Kern des N. facialis (Nuklearlähmung); 2. die
Wurzelwinden desselben in der Oblongata; 3. den
Stamm desselben in der Schädelhöhle (intrakranielle
Lähmung) und 4. den peripherischen Verlauf (eigent
liche, peripherische Lähmung) im Foramen oder
ausserhalb desselben. Affektion des Nerven an einer
der vier aufgezählten Lokalitäten gibt ein im wesent
lichen einheitliches Bild, das der peripherischen
Gesichtslähmung, welches eine genauere Lokalisation
der Krankheitsursache nur mit Bezug auf einzelne
später anzuführende Züge gestattet. Das Wichtigste
bleibt die Unterscheidung einer zentralen Gesichts
lähmung von einer peripheren.
I. Die zentrale Gesichtslähmung hat fol
gende Eigenthümlichkeiten: a) sie ist meist keine hoch
gradige, an und für sich; b) sie betrifft in auffälliger
Weise nur die Muskeln um die Nasen- und Mund
öffnung und verschont die Muskeln um die Lidspalte
und die Stirnmuskeln; c) die elektrische Erregbar
keit des Nerven und der Muskeln ist unverändert;
d) Atrophie der betroffenen Muskeln tritt nicht
ein; e) die reflektorische Beweglichkeit der gelähm
ten Muskeln ist erhalten; f) die zerebrale F. pa
ralyse ist zumeist von anderen zerebralen Sympto
men am häufigsten von einer Ablenkung der vor
gestreckten Zunge nach der paretischen Seite, be
gleitet.
Der unter B angeführte Satz ist nicht dahin zu
verstehen, dass der M. orbicularis Oculi, die Stirn
brauen und der M. frontalis an der zerebralen Pa
ralyse in keiner Weise beteiligt sind. Ein gewisser
Grad von Schwäche in diesen Muskeln ist vielmehr
auch bei der zerebralen F.-Lähmung sehr häufig,
wenn nicht die Regel. (Die Lidspalte ist der afficir
ten Seite kann meist nicht so vollständig geschlos
sen werden wie die der anderen; fast immer ist das
Vermögen verloren gegangen, die eine Lidspalte vo
liert zu schliessen.) Aber diese Störungen sind noch
geringer als die im Bereich der Mundmuskeln; sie zei
gen sich nur beim Eintritt der zentralen Lähmung und
werden schon nach wenigen Tagen ausgeglichen.
Die zerebrale F.-Lähmung ist das häufigste und
gleichzeitig vieldeutigste Symptom eines Hirnleidens
oder der Beeinträchtigung einer Gehirnfunktions
sphäre, so dass der motorische Apparat der Gesichts
muskulatur für das empfindlichste Reagens auf die
Funktionstüchtigkeit der Gehirnhälfte erklärt werden
muss. Sie tritt bei Prozessen auf, welche sich sonst
nur durch psychische Symptome äussern, oder deutet,
wenn in der Kindheit erworben, auf einen ehemals
abgelaufenen Gehirnprozess hin (kindliche Encepha
litis, Hemiplegiker). Im Verein mit Zungen- und Be
wegungslähmung ist die zerebrale F.-Lähmung ein
konstanter Zug im Bilde der Hemiplegie, welche
S.
auf eine Schädigung der motorischen Bahn im
engeren Umfange zu beziehen ist. Mit der Häufig
keit der Gesichtslähmung bei organischen Gehirn
prozessen kontrastiren in auffälliger Weise deren
Seltenheit (oder vielmehr Ausbleiben) bei der funk
tionellen, hysterischen Lähmung. Das Fehlen der
zerebralen F.-Parese ist in der That das wich
tigste unterscheidende Moment zwischen der orga
nischen und der hysterischen Hemiplegie. Es kommt
allerdings auch bei letzterer eine Ungleichheit in
der Innervation beider Gesichtshälften zur Beobach
tung; dieselbe beruht aber nicht auf einer Parese,
sondern auf einem tonischen, durch klonische Zuckun
gen unterbrochenen Krampf der einseitigen Gesichtsmuskeln,
zu dem sich eine exzessive und krampf
hafte Abweichung der Zunge gesellt. Dieser ein
seitige Lippenmuskelkrampf der Hysterie tritt bald
auf der Seite der Hemiplegie, bald auf der gesun
den Seite auf; im letzteren Falle ergiebt sich das
auffällige Verhältniss, dass die vorgestreckte Zunge
nicht wie bei organischer Lähmung nach der kranken,
sondern nach der gesunden Seite hin abweicht.
Bei der Hysterie unter zerebraler F.-Parese ist in
des eine Vorsicht nicht ausser acht zu lassen. Es
kommt sehr häufig Ungleichheit in den Gesichts
zügen in der Tiefe der Nasolabialfalte, der Stellung
des Mundwinkel etc. vor, welche kein pathologische
Bedeutung haben, sondern als habituelle zu bezeich
nen und häufig als Ausdruck einer bloss morpholo
gischen Asymmetrie aufzufassen sind. Der Asym
metrien bestehen oft nicht nur in mimischen Ruhe
sondern zeigen sich auch bei mimischen Bewegun
gen, z. B. fehlt an einem durchweg verdächtigen
Merkmale, eine solche habituelle Ungleichheit von
einer zerebralen Parese zu unterscheiden.
II. Die peripherische F.-Lähmung hat fol
gende allgemeine Charaktere: 1. Sie kann leicht eine
hohe Intensität erreichen (F.-Paralyse) 2. sie betrifft
die oberen Gesichtsmuskeln ebensosehr wie die der
unteren Gesichtshälfte; 3. die elektrische Erregbar
keit des Nervus F. und der Muskeln ist verminder
(der einfachen Herabsetzung bis zum völligen
Erlöschen); 4. die gelähmten Muskeln atrophieren;
5. die reflektorische Beweglichkeit derselben ist auf
gehoben (reflektorische Lidschluss); 6. es können
neben den motorischen Symptomen einige andere auf
treten, welche sich aus der Anatomie des peripheri
schen F.-Stückes erklären. Das Bild einer schwe
ren peripherischen Gesichtslähmung ist in der Ruhe
etwa folgendes: Die gelähmte Gesichtshälfte erscheint
glatt und ausdruckslos, die Stirnfalten sowie die
Faltungen um die Lider fehlen, die Skora der Augen
ist in weiterem Umfange entblösst; die Nasolabial
falte ist verstrichen, der Mundwinkel hängt schlaff
herab, Nase und Mund sind nach der gesunden Seite
hin verzogen. Alle mimischen Bewegungen werden
nur von der einen Gesichtshälfte ausgeführt. Bei
minder schwerer Lähmung ist in der Ruhe wenig
zu bemerken, dagegen tritt die Lähmung hervor,
wenn man den Kranken mimische Bewegungen aus
führen lässt. Dazu zeigt sich, dass das Stirn auf
der gelähmten Seite nicht gerunzelt werden kann;
das Auge kann nicht gedrückt werden, sondern wird
beim Versuch eines Lidschlusses nach oben gerollt,
die Entblössung der Conjunctiva und das Fehlen
des zum Schutze des Bulbus wichtigen Lidschlusses
bedingt leicht kataralische Affektion der Conjunc
tiva, die Thränen werden wegen des Ectropium des
Unterlides nicht abgeleitet und fliessen über die
Wange herab. Das Auge sieht nicht im Schlafe
offen (Lagophthalmus). Der Nasenflügel der gelähm
ten Seite wird bei tiefer Inspiration nicht gehoben,
deshalb kann auch das Riechen erschwert sein. Pfeifen,
Ausblasen eines Lichtes u. dergl. ist unmöglich, die
Wange wird bei der Exspiration nach aussen auf
gebläht, kann wegen mangelnden Lippenschlusses
nicht aktiv aufgeblasen werden; die Sprache wird
undeutlich, beim Kauen werden die Bissen nicht
zwischen den Zähnen festgehalten und fallen gegen
die Wangen hin; dem Kranken steht leicht Speichel
auf der gelähmten Seite. Diese Symptome der Gesichts
muskulatur kommen zustande, wenn der Nerv
nach seinem Austritt aus dem Foramen stylomastoi
deum erkrankt ist. Betrifft die Erkrankung eine
höhere Stelle, welche dem Verlaufe durch den Fallop
schen Kanal angehört, so treten einige andere Sym
ptome auf, die man auf die Mitbeteiligung der Chorda
Tympani, des N. petrosus superficialis und des N.
stapedius beziehen muss. Solche sind: 1. Abnahme
der Geschmacksempfindung an der vorderen zwei
Dritteln der Zunge (ausschließlich nach Annahme der
Tampfempfindlichkeit daselbst), Trockenheit der Mund
höhle auf der gelähmten Seite (Chorda Tympani);
2. Schlaffheit des Zügelchens und Herabsetzung der
Beweglichkeit der Gaumenbögen auf der Seite der
Gesichtslähmung (N. petrosus superficialis); 3. Ab
nahme des Hörigkeit, hie und mit subjektiven Ohr
geräuschen verbunden (Nerv vom M. stapedius). Das
Vorkommen eines oder mehrerer dieser Symptome
gestattet, die erkrankte Stelle des Nerven in den
Fallopischen Kanal zu verlegen und erschwert im
allgemeinen die Prognose der Gesichtslähmung.
Ist der Nervus F. noch in der Schädelhöhle oder im
Meatus auditorius erkrankt, so wird zumeist eine
Affektion des ihm anliegenden Hörnerven (und
Vestibularnerven) nachweisen sein. Häufiger je
doch ist das Zusammentreffen der Gehörstörung und
der Gesichtslähmung ein Anleiden, Die Gehörsstörung
ist dann die Folge eines krankhaften Prozesses im
Felsenbein, welcher auf den dem Gehörorgan nach
barlichen Nervus F. übergreift. Bemerkenswert ist
die auch in einigen sorgfältig untersuchten
Fällen Erkrankung des Nervus F. an der Schädel
basis nicht zu Geschmacksstörung führt. Die Chorda
Tympani, welche im Felsenbeinkanal dem Nerven ab
dünnt, liegt, scheint, demnach ein dem F. fremder
L. p. fremder zu sein, der sich peripherisch wie zentral
wieder von ihm lostrennt. Eine gleichzeitige Er
krankung beider Nervi faciales erzeugt die sogenannte
F. p. diplegia, bei welchem Zustande die mimische
Starre des Kranken einen höchst eigenthümlichen Ein
druck hervorbringt. Die Diplegia f. kommt in sel
tenen Fällen nebst doppelseitiger Abducenslähmung
als congenitaler oder intra partum erworbener Zu
stand vor. Aehnliche mimische Starre findet sich
auch in jenen Fällen von primärer Erkrankung der
Gesichtsmuskulatur, die nicht auf F.-Lähmung, son
dern auf Muskelatrophie zu beziehen sind ( Muskel
atrophie unter Arthritis). - Aetiologie: In
erster Linie ist «Zug und Erkältung» für die F.-Läh
mung verhältnismässig anzuführen, wenn man be
denkt, dass der Kranke mitunter einige Stunden nach
einem Gange in ein kaltes, zugiges Lokal nach einer
Körperschwüle bei heftigem Luftzug u. dgl. eine
«rheumatische» Gesichtslähmung auftritt. Die ihr
zu Grunde liegende anatomische Veränderung wird
einer perieuritischen Affektion des Nervenstranges
in seinem knöchernen Kanal zugeschrieben. Die häufigste Lokalisation
dieser rheumatischen Affektion scheint dicht gegen
den Austritt aus dem Foramen stylomastoideum zu
sein, doch deuten die Symptome (Chordaffektion)
nicht selten darauf hin, dass sich der Prozess in
den Fallopischen Kanal hinein erstreckt. Die Strecke
des Nerven ausserhalb des Felsenbeins erkrankt
ferner häufig infolge von direkten Traumen von
Geschwulst- und Abszessbildung in der Parotiden
gegend, durch grössere vergrösserte Lymphdrüsen
u. dgl. Die Anlegung der Zunge verscheidet bei
S.
Neugeborenen mitunter Gesichtslähmung, die aber
eine günstige Prognose bietet. Es ist selbstverständ
lich, dass durch Läsion des peripherischen F.-Astes
(bei Tumoren, chirurgischen Operationen) partielle
Gesichtslähmungen entstehen können. Endlich findet
sich die F. neuropathisch bei Erkrankung des Nerven bei
der in der Regel infektiösen Polyneuritis (s. diese).
Das im Felsenbein gelegene Stück des Gesichts
nerven kann von allen möglichen krankhaften Prozessen
(Erkrankung, Fraktur, Blutung, Caries, syphilitische
Periostitis) in Mitleidenschaft gezogen werden, jedoch
aber am häufigsten bei Erkrankungen des inneren
Ohres, der Otitis interna suppurativa; es ist auch bei
einfachen Felsenbeinfrakturen zu beobachten.
An der Schädelbasis ist der Gesichtsnerv allen jenen
schädlichen Einwirkungen ausgesetzt, welche über
haupt basale Hirnnervenlähmungen erzeugen, als:
Syphilis, chronische Meningitis und eitrige Menin
gitis, nach auch nach inneren Blutungen, durch Tumoren
entfernt gelegen Tumor, durch ein Aneurysma.
Die Nuklearkernkrankung des Nerven (mitunter doppel
seitig) wird beobachtet bei der chronischen Bulbär
paralyse, Blutungen und Tumoren der Oblongata.
Eine Unterbrechung der motorischen Bahn in der
Ponsregion kann neben gekreuzter Extremitäten
lähmung eine ungekreuzte Gesichtslähmung erzeugen
(Hemiplegie alterne von Gubler). Bei der zerebren
len F.-Lähmung ist das Verhältnis zur Neubildung
verhältnismässig selten. Neuerdings
ist behauptet worden, dass die angeborene neuro
pathische Disposition in der Aetiologie der periphe
rischen F. Lähmung eine grosse Rolle spielt.
Prognose: Ist die Lähmung eine rheuma
tische, so besitzen wir in der elektrischen Unter
suchung ein vorzügliches Hilfsmittel, die Prognose
und Heilungsdauer der Gesichtslähmung zu beurteilen.
Je nach dem Ergebniss der elektrischen Prüfung
unterscheidet man leichte, schwere und Mittelformen
der F.-Lähmung. (Die Elektrodiagnostik gewinnt bei
der Gesichtslähmung darum so sehr an Bedeutung,
weil der Nervenstamm die Aeste desselben und die
einzelnen Muskeln mit grösster Leichtigkeit der
elektrischen Untersuchung zugänglich sind.) Die
leichte Formen der Gesichtslähmung fasst man jene
Fälle auf, in denen die elektrische Erregbarkeit des
Nerven und der von ihm versorgten Muskeln keine
Veränderung zeigen; dieselben heilen ausnahmslos
(von peripherischer Natur) nach wenigen Wochen. Bei
schweren Formen der Gesichtslähmung sind im
Gegenteil ausgezeichnet durch jene Veränderungen
der elektrischen Erregbarkeit, welche man als
«Entartungsreaktion» zusammenfasst. Da diese Ver
änderungen und deren zuverlässiger Ablauf vor
wiegend durch das Studium der Gesichtslähmung
erkannt worden sind, mögen sie hier eine kurze
Erwähnung finden. Bei der «Entartungsreaktion»
ist der Effekt einer Reizung vom Nerven aus und
der einer direkten Muskelreizung, sowohl son
dern. Der Nerv zeigt schon wenige Tage nach Be
ginn der Lähmung eine deutliche Abnahme seiner
Erregbarkeit für galvanische und für faradische
Ströme. Schliesslich (nach 10-14 Tagen) ist der
Nerv völlig unerregbar geworden; die stärksten
Ströme heben, wenn auf den Nerven appliciert,
auf den Muskel wirkungslos. Anders verhält sich
der Muskel. Parallel mit der Abnahme der Er
regbarkeit vom Nerven aus nimmt seine Erregbar
keit für direkte faradische Reizung ab und ver
schwindet endlich völlig. Die direkte galvanische
Erregbarkeit nimmt aber nur in der ersten Woche
ab; in der zweiten Woche wird der Muskel für
direkte galvanische Reizung erregbarer als ein
normaler, reagiert aber nicht mit raschen, sondern
mit trägen Zuckungen auf dieselbe. Man kon
stant und wichtig erscheint es, dass der Muskel
dann auch durch die Anode ebenso oder stärker
erregbar ist als durch die normalerweise stärker
reizende Kathode der elektrischen Ströme. Das Auf
treten der Entartungsreaktion also ergiebt eine un
günstigere Prognose, selbst für die rheumatische
Gesichtslähmung. Die Herstellung erfolgt erst nach
4–6 Monaten, kann auch eine unvollständige sein
oder ganz ausbleiben. Mittelformen werden
jene Fälle bezeichnet, in denen zwar die Muskeln
die Entartungsreaktion zeigen (Verlust der fara
dischen Steigerung der galvanischen Erregbarkeit,
Veränderung der Zuckungsdauer), aber die Erreg
barkeit der Nerven nicht erlischt. Diese Mittel
formen geben zumeist bei elektrischer Behand
lung eine günstige Prognose und heilen in 4–8
Wochen. – Nach schweren Gesichtslähmungen
stellen sich häufig Kontrakturen in den gelähmt
gewesenen Muskeln ein, welche beim ersten Anblick
den Eindruck einer bestehenden Gesichtslähmung
auf der anderen gesunden Seite nähren
können. Die Prüfung auf mimische Bewegung,
die elektrische Untersuchung, sowie die Untersuchung
des Widerstandes, den die in Kontraktur befind
lichen Muskeln leisten, wird vor dieser Verwechs
lung schützen. Wiederholt sind in die Kontraktur
befindlichen Gesichtsmuskeln häufig von Zuckungen
befallen. Der Veränderung der elektrischen Er
regbarkeit gesellt sich eine Atrophie der ge
lähmten Muskeln, welche in schweren Fällen und
bei längerem Bestande der Erkrankung dicht ausge
fällig ist. – In der Therapie der rheumatischen
F.-Lähmung gebührt der Elektrizität der erste Rang.
Diese fördert unzweifelhaft die Regeneration im
Bereich des erkrankten Nerven; man kann oft sehen,
dass unmittelbar nach jeder Sitzung eine Besserung
der Mimikfalten eintritt. Ob der faradische oder gal
vanische Strom Besseres leistet, lässt sich derzeit
nicht entscheiden, man wird im allgemeinen jene
Stromart anwenden, auf welche die Muskeln noch
mit Kontraktion reagieren; ferner ist es ratsam, der
elektrischen Durchströmung eine mechanische Be
handlung der Muskeln (Massage) nachfolgen zu
lassen. Auch die mimische Deformität wird durch
Massage günstig beeinflusst. Selten veraltetet Formen
von Gesichtslähmung ergeben noch Erfolg bei elek
trischer Behandlung. Bei sekundären Kontrakturen
hat man Massage und galvanische Durchströmung
anzuwenden, den faradischen Strom zu vermeiden.
Der frischen rheumatischen Lähmung wird man lokale
Blutentziehungen und Diaphorese versuchen (warme
Bäder, Fomentationen, Pilokarpininjektionen).
Die Therapie der anderen verursachenden Formen
von Gesichtslähmung wird sich selbstverständlich
nach der im einzelnen Falle ermittelten Ursache zu
richten haben.
IV. N. facialis. a) Die Vena F. anterior bildet
mit der Vena F. posterior (s. unten c) die Vena f. com
munis (s. b). Der Art. maxillaris interna entsprechend
beginnt die anterior an der Seite des Nasenwinkel
als Vena angularis, und steigt zum Angulus maxillae
herab. Sie nimmt die von den Lidern, der Nase,
den Lippen, der Wange, dem Kinn und dem Gau
men herkommenden Venen auf, desgleichen auch die
Vena ranina. – b) Die Vena f. communis ent
steht wie oben angegeben und läuft als kurzer Stamm
vom Angulus maxillae schräg durch das Trigonum
caroticum, zugweise zur Vena jugularis interna und
nimmt dabei die Vena thyreoidea superior, die Ve
nae pharyngaeae und die Lingualis auf. – c) Die
Vena f. posterior bildet mit der anterior (s. a)
die communis (s. b), entsteht an der Wurzel des
Processus zygomaticus aus der V. temporalis super
ficialis und media; zieht durch die Parotis zum An
gulus maxillae hinab, teilt sich dort in zwei Aeste,
S.
Villaret1888Handwoerterbuch
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