S.
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Hypnose. Es wäre ein Irrthum zu
glauben, dass es sehr leicht ist, die H. zu
therapeutischen Zwecken auszuüben. Die
Technik des Hypnotisierens ist im Genuß eine
ebenso schwierige ärztliche Leistung wie nur
immer sein möge. Der Arzt, die Hypnoti-
sirten will, sollte es von einem Meister in
dieser Kunst gelernt haben, und wird auch
dann nur eigene Fehler bedürfen, um an-
ders als in ganz vereinzelten Fällen Erfolge
zu erzielen. Als erfahrener Hypnotiseur wird
er dann mit jenem Ernst und jener Ent-
schiedenheit an die Sache gehen, die aus
dem Bewusstsein entsprungen, einen Näch-
liches, ja unter Umständen Nothwendiges, zu
unternehmen. Die Erinnerung an so viele
durch H. erzielte Heilungen wird an seine mit
einem gegen den Kranken eine Sicherheit
verleihen, welche dazu verfehlen wird, auch
bei letzterem die Erwartung einer aus-
erträglichen Heilerfolges hervorzurufen. Wer halb
unfähig sich an Hypnotisches fehlt, sich dabei
etwa selbst komisch vorkommt, durch Miene,
Stimm- und Geberden verräth, dass er von
dem Versuche nichts erwartet, wird keinenS.
897
HYPNOSE.
898
Grund haben, sich über seine Misserfolge zu
wundern und sollte diese Behandlungsme-
thode lieber anderen Aerzten überlassen, die
sie ausüben können, ohne sich in ihrem Arzt-
lichen Würde geschädigt zu fühlen, weil sie
sich durch Erfahrung und Vorliebe von der
Nützlichkeit und der Bedeutsamkeit der hyp-
notischen Beeinflussung überzeugt haben.
Man sehe: es sich nun zur Regel einem
Kranken die hypnotische Behandlung auf-
drängen zu sollen. Es ist unter dem Tufel
von ein Gebiet von hervorzuheben, aber in
dieser Sache Unkundigen Aerzten unterstücken
wahrhaftig verbreitet, dass die H. ein gefähr-
licher Eingriff sei. sollte man bei einem Patienten
diese Angabe Glauben schenkt, die H. er-
zwingen, so würde man wahrscheinlich schon
nach wenigen Minuten durch ihren Zufälle ge-
stört werden, die der Angst des Kranken und
der ihm peinlichen Empfindung, gewöhnlich
zu werden, entspringen, die aber ganz gewiss
als Folgen der H. angesehen würden. Wo
sich bei einem heftigen Widerstand gegen die
Vornahme der H. erhebt, da verzichte man
auf diese Methode und warte ab, bis der
Kranke unter dem Einflusse anderer Nach-
richten sich mit dem Gedanken, hypnotisirt
zu werden, angefreundet hat. Dagegen: es ist
gar nicht unmöglich, wenn ein Kranker er-
klärt, er ängstige sich nicht vor der H., aber
er glaubt nicht an den, oder er glaubt nicht,
dass sie ihm nützen könne. Man sagt ihm
dann: „ich fordere nicht Ihren Glauben, son-
dern bloss Ihre Aufmerksamkeit und etwas
Gefügigkeit zu Anfang“ und findet in dieser
unbestimmten Ahnung des Kranken meist
eine vortreffliche Voraussetzung. Andererseits
muss man behaupten: dass es Personen
giebt, die gerade durch ihre Beweglichkeit
und ihr Verlangen, hypnotisirt zu werden,
gehindert sind, in H. zu gerathen. Es stimmt
aber gar nicht zu einer ständigen Arzte,
dass zur H. „Glauben“ gehöre, es verhält
sich viel noch nicht anders. Man darf im
Allgemeinen von der Voraussetzung ausgehen,
dass alle Menschen hypnotisirt sind, nun
wird jeder einzelne Arzt eine grosse Un-
zahl Personen unter den Bedingungen seiner
Versuche nicht hypnotisirt können, auch
wenn nicht eben vorher von einem Misserfolg
gelegen ist. Mitunter gelingt dem einen Ver-
fahren nicht, was mit einem anderen unmög-
lich schien, und dasselbe mit von verschiedenen
Aerzten. Man weiss es nun niemals vorher,
ob ein Kranker an hypnotisiren sein wird
oder nicht, und hat auch keinen anderen
Weg es zu erfahren, als den Versuch selbst.
Da H. nicht gefährlich, die Missgeschick-
lich für die H. mit einer anderen Eigenschaft
eines Individuums in Beziehung zu bringen,
nichts zur H. des psychisch Kranke und
begeisterte meist nicht hypnotisirbar sind.
Bemerkenswerth nur sehr schlechte Variante
ist, dass Hysterische sich für H. nicht eignen.
Vielmehr und es gerade letzterer hat dem
die H. auf seine physiologische Eingriffe und
mit allen Anzeichen eines besonderen körper-
lichen Zustandes anführt, und ist wichtig, sich
ein vorläufiges Urtheil über die psychische
Individualität eines Kranken zu bilden. den
man der H. unterziehen will, aber hierfür
lassen sich allgemeine Regeln eben nicht auf-
stellen. Es erscheint nun da, dass es nicht
vortheilhaft ist, eine ärztliche Behandlung mit
H. zu beginnen, man muss sich dazu begeben,
vorerst die Eigenart des Kranken zu ge-
winnen, sein Misstrauen und seine Kritik sich
abzustumpfen zu lassen. Wer über einen grossen
Kreis der H. oder als Hypnotiseur verfügt,
kann allerdings dieser Vorbereitung entbehren.
Gegen welche Krankheiten soll man die H. in
Anwendung ziehen? Indications hierfür sind
Anwendung anzustellen als für unsere Be-
handlungsmethode, da die individuelle Re-
action bei der hypnotischen Therapie eine fast
ebenso grosse Rolle spielt, als die Natur der
zu bekämpfenden Uebelheld im Allgemeinen
wird man, es vermeiden gegen Symptome
unmittelbar zu behandeln, welche eine organische
Begründung haben, und diese Methode nur
gegen rein functionelle, nervöse Störungen,
Leiden psychischen Herkunft und der organischen
sowie andere Angewöhnungen verwerthen.
Man wird sich aber überzeugen, dass gar
manche Symptome organischer Krankheiten
der H. zugänglich sind, und dass die organische
Veränderung ohne die vor ihr auslösende
functionelle Störung bestehen kann. Bei der
gegenwärtig herrschenden Abneigung gegen
hypnotische Behandlung kommt man selten
dazu, die H. Anders anzuwenden, als nachdem
alle anderen Therapien erfolglos versucht
wurden, und man darf sein nicht derart
erfährt auf diese Weise, welches der eigene
Wirkungskreis der H. ist. Man kann natür-
lich auch zu differentialdiagnostischen Zwecken
Hypnotisiren, z. B. wenn man im Zweifel ist,
ob gewisse Symptome der Hysterie oder einer
organischen Nervenkrankheit angehören. Diese
Probe hat aber nur im Falle eines günstigen
Ergebnisses einigen Werth. Wir sollen den
Kranken kennen gelernt und die Diagnose
gestellt, so erhebt sich die Frage, ob man die
H. unter vier Augen vornehmen oder eine
Vertrauensperson zuziehen soll. Die Misserfolge
wird vom Schutze der Kranken vor Miss-
brauch der H. wie zum Schutze des Arztes
vor unschuldigen eines solchen erwünscht
bei Mädchen und Herzkranken Sie lässt
sich aber nicht allgemein durchführen. Die
Gegenwart einer Fremden, des Mannes und
sorgt, stört die Kranke oft sehr erheblich
und verringert entschieden den Einfluss des
Arztes, auch eignet sich der Inhalt der in der
H. zu ertheilenden Suggestion nicht immer
zur Mittheilung an Andere, der Kranken nah.
Stehende Personen. Die Zuziehung eines
zweiten Arztes hätte nicht diesen Uebelstand,
erschwert aber die Aufklärung des Behand-
lung sie sind, dass sie in der Mehrzahl der
Fälle unnöthig wird. Da in dem Arzte vor
allem darauf ankommt, durch die H. zu entzücken,
so wird er in der Mehrzahl der Fälle auf die
Zuziehung einer dritten Person verzichten
und ihr über etwaige Gefahr zu den anderen,
welche der Ausübung des ärztlichen Berufs
anhaften, vertrauen. Die Kranke aber wird sich
dadurch schützen, dass sie sich von keinemTherapeutisches Lexikon, 2. Aufl.
29
S.
899
HYPNOSE.
900
tigste hypnotisiren lässt, der ihr nicht in
völligem Vertrauens würde erscheint, da-
gegen gilt es von hohem Werth dass die
hypnotisirende Kranke anderer Personen
in
H. sieht, auf dem Wege der Nachahmung
vornimmt, wie sie sich zu verhalten hat, und von
Anderen erfährt, worin die Empfindungen des
hypnotischen Zustandes bestehen. Am
Klinik BERNHYIN's und im Ambulatorium
LIEBEAULT'S in Nancy, wo sich jeder Arzt die
Aufklärung holen kann, welcher Wundern
die hypnotische Beeinflussung fähig ist, wird
mit der H. unter vier Augen versucht. Kommt
Kranke, der zur ersten H. ankömmt, sieht
eine Weile zu, wie ältere Patienten
schlafen, während sie das Erwachen und nach
dem Erwachen das Verschwinden ihrer Krank-
heitssymptome zugeben. Es geräth dadurch
in einen Zustand psychischer Vorbereitung,
der ihn seinerseits tiefes H. versinken
lässt, sobald an ihn die Reihe kommt. Der
Uebelstand dieses Verfahrens liegt darin, dass
die Leiden jedes einzelnen vor einer grossen
Menge Anderer bekannt, was bei Heilung der
besseren Stände nicht anginge, immerhin
sollte ein Arzt, der durch H. heilt, nicht
auf diesen unnützen Hilfsapparat nicht ver-
zichten und, so oft es möglich ist, die zu
hypnotisirende Person zuerst einen oder
mehreren gelungenen hypnotischen Versuchen
beiwohnen lassen. Kann man nicht danach
rechnen, dass sich der Kranke durch Nach-
ahmung selbst hypnotisirt, sobald man ihm
das Zeichen dazu gibt, so hat man die Wahl
zwischen verschiedenen Verfahren, die H. ihr
zu bringen, denen allen gemeinsam ist, dass
sie durch gewisse körperliche Empfindungen
auf die Einschlafenden reagiren. Man verfährt
am liebsten so: Man setzt den Kranken in
einen bequemen Stuhl, bittet ihn, recht auf-
merksam zu sein und von nun an nicht
mehr zu sprechen, da er sich durch Reden
ein Einschlafen hindern würde. Etwaige be-
engende Kleidungsstücke werden abgelegt.
Unanwesende Personen in eine Gegend des
Zimmers verwiesen, wo sie dem Kranken
nicht gesehen werden können. Das Zimmer
wird verdunkelt, für Ruhe gesorgt. Nach
diesen Vorbereitungen setzt man sich dem
Patienten gegenüber und fordert ihn auf,
zwei Finger der rechten Hand des Arztes zu
fixiren und dabei recht auf die Empfindungen,
die sich entwickeln, zu achten. Man
lässt ihn ganz kurzer Zeit, etwa eine Minute, begin-
nend, dem Patienten die Empfindungen des
Einschlafens einzureden, z. B.: „Ich sehe schon,
bei Ihnen geht es rasch. Ihr Gesicht hat be-
reits einen starren Ausdruck angenommen.
Ihre Athmung hat sich vertieft. Sie sind ganz
ruhig geworden. Ihre Lider sind schwer, Ihre
Augen zwinken. Sie sehen nicht mehr deut-
lich. Ihre Glieder gleich ermüdet, darum
dann werden sich Ihre Augen schliessen und
Sie schlafen.“ Mit solchen und ähnlichen
Reden theilt man bereits mitten im Augenmerk,
wie man die Einrichtungen während der H.
würkt. Man suggerirt aber nur solche Empfin-
dungen und motorische Vorgänge, wie sie
während des hypnotischen Einschlafens spon-
tan vorkommen. Man kann sich davon über-
zeugen, wenn man eine Person vor sich hat,
die durch Fixiren allein H. zu versetzen
(H. (BEARLEY'sche Methode), bei der also die Er-
müdung der Augen bei Senkung derselben auf
der Schleimhaut der Nasenmuschel anzuwen-
den, hüte sich aber in beiden Fällen etwa
durch starke galvanische Schwellen zu in letze-
terem Falle gar Verkürzungen der Schleimhaut
zu erzeugen.
Man beobachtet: ihr Gesicht nimmt zuerst einen
starren Ausdruck an, die Athmung
vertieft sich, die Augen werden feucht, die
Augenwimperhaare eine odermatige Schlock-
bewegungen treten auf, endlich stellen sich die
Augäpfel aufwärts ein, die Lider senken
dann senken sich und die H. ist da. Die Zahl solcher
Personen ist sehr bedeutend; merkt man
dabei eine Sache vor: dass H. da, so muss
man gut zu sprechen oder nur gelegentlich
eine Suggestion machen. Man würde
sonst die sich selbst hypnotisirende Person
nur stören, und wenn die Reihenfolge der
Suggestionen nicht dem thatsächlichen Ablauf
ihrer Empfindungen entspricht, ihren Wider-
spruch regen machen. Im Allgemeinen ist es
aber vortheilhaft nicht auf die spontane Ent-
wickelung der H. zu warten, sondern sie durch
die Suggestion zu befördern. Nun müssen die-
selben energisch und in rascher Aufeinander-
folge ertheilt werden. Der Patient darf ge-
wissermassen nicht zur Besinnung kommen,
nicht die Zeit haben zu prüfen, ob er auch
stimmt, was ihm vorgesagt wird. Man braucht
nicht länger als 2-4 Minuten bis zum Ver-
schluss der Augen; haben sich dieselben nicht
spontan geschlossen, so drücke man sie zu,
lege sich über das Nichteintreten des spon-
tanen Augenschlusses erstaunt oder ungehalten
zu zeigen. Bleiben die Augen nun geschlossen,
so hat man zumeist einen gewissen Grad von
hypnotischer Beeinflussung erreicht. Es ist
nämlich eine von zwei Möglichkeiten,
entweder: der Patient werde in voller Un-
terlassung, erst durch Fixiren und Anhören der
Suggestion wirklich in H. gebracht worden,
dann verhält er sich nach dem Verschluss der
Augen nicht mehr viel als nur auf
Katalepsie, ertheilt ihm die Suggestion, dass
sein Leiden erfordert, und weckt ihn zur Zeit
auf. Nach dem Erwachen ist er entweder
amnestisch, d. h. er hat während der H.
Somnambul, oder er hat die volle Erinnerung
bewahrt und gibt Auskunft über seine Em-
pfindungen während der H. Nicht selten er-
scheinen ihm beim Aufwachen fremd, nach-
dem man ihm die Augen geschlossen hat. Das
zweite aber ist: wirkt jene Fixirung
bedeutend in der Regel blos, dass der Hypnoti-
sirte seinen Zustand noch selbst zu bearbeiten
im Stande ist und also seltsam, komisch findet.
Oder aber es hat keine Beeinflussung oder eine
nur sehr geringfügigen Grad einer solchen
stattgefunden, während der Arzt sich benahm,
als ob er eine gelungene H. vor sich hätte.
Dann vergegenwärtige man sich den Seelen-
zustand des Patienten. Er hat zu Beginn der
Fixirung über den Gedanken, Ruhe zu fiebern,
nicht mehr zu reden, kein Zeichen der Be-
stätigung oder des Widerspruches von sichS.
901
HYPNOSE.
902
dieser Zusagen eingeredet wird, er sei hypnotisirt,
erregt sich darüber, fühlt sich unbehan-
delt, dass er es nicht ändern darf, fürchtet
wohl vom Arzte irre geredet zu werden und
gestohlen ertheilen, weil er ihn für hypnotisirt
hält. Man muss ihn nun mit der H. in Er-
fahrung, dass er den Pakt, den man mit ihm
geschlossen, nicht einhält. Wenn er nicht
will, ist er die Augen zu
und sagt: „merkt unerwählt. Ich schlafe ja gar
nicht.“ Die Antwort würde jetzt sein: „die Au-
gen gehen, der Geübte verliert die Fassung
nicht bei solchen, nicht ungeschickten Rea-
tion, indem er ihm die Augen zumacht und
direkt: „bleiben Sie ruhig! Sie haben ver-
sprochen, nichts zu reden. Wir haben auch
Sie nicht „schlafen“. Das brauchen Sie auch
gar nicht zu thun. Nur ruhen Sie,
wenn ich Sie blos einschläfern würde. Sie
würden sich ja nicht verstellen, wenn ich
mit Ihnen rede. Sie schlafen nicht, aber Sie
sind hypnotisirt. Sie stehen unter meinem
Einfluss. Andere Dinge erzeugen einen
besonderen Eindruck auf Sie, machen und
beherrschen Sie.“ Nach dieser Aufklärung be-
ruhigt sich der Kranke gewöhnlich; man er-
theilt ihm die Suggestion, erspart es sich vor-
läufig, durch Kneten und Reiben des H. zu
suchen, und wird meist nach mehrmaliger
Wiederholung dieser Suggestionen in noch
einzelne der somatischen Phänomene, welche
die H. kennzeichnen, auftauchen sehen. In
diesen Fällen aber bleibt es für immer
zweifelhaft, ob der Zustand, den man hervor-
gerufen, den Namen einer H. verdient. Man
sieht nach Umständen welche nach Ertheilung
der Suggestion auf jene anderen Fälle be-
schränken, in denen die Suggestion spontan
wird oder in einen tiefen Grad der H. verfällt.
Man kann in solchen Fällen, die vor der H.
vielleicht nur den Anschein erregen, die
erstaunlichsten therapeutischen Erfolge er-
zielen, welche durch Suggestion im Wachzu-
stande nicht leicht zu erreichen sind. Es muss
aber von da auch hier auf uns an H. handeln,
die freilich oft mildere Wirkungen entfaltet,
als durch die in ihr erzielte Wirkung der
Suggestion. Man muss aber auch daraus
halten (3–6) versuchen weder eine Andeutung
von Erfolg, noch eines der somatischen Zeichen
der H. erzielt, so gehe man den Versuch mit
BEEINIGUNG ab. Haben mehrere Grade der H.
sogenannte Aesthenie für den Prak-
tiker geringen Werth besitzt. Von Ent-
scheidung an Wichtigkeit ist hiebei der Kranken
Sonnambul gewohnt ist oder nicht. H.
ob der in der H. geschaffene Bewusstseins-
zustand sich vor dem gewöhnlichen so scharf
absetzt, dass beim Erwachen die Erinnerung
an die während der Hypnose vorgefallenen thatsachen
in diesen Fällen kaum der Art zu verhandenen
Schranken oder sonstigen Symptomen der
Krankheit nicht mehr grossen Entschlüsse
heit widersprechen, die er in der Regel nicht
zu Stande bringt. wird in den meisten
Krankt. Ihm nach wenigen Minuten sagen
wird. „Sie sagten, ich hätte keine Schmerzen
mehr, habe ich die Augen zugethan und habe
jetzt noch. Das Bestreben des Hypnotiseurs
geht dahin, sich solche Widersprüche, die
seine Autorität erschüttern lassen, zu er-
spüren. Es wäre daher von grösster Wichtig-
keit für den Praktiker, wenn er wissen könnte,
welches das gestattete, jedermann in Som-
nambulismus oder leichte Grade gibt es dies.
nicht. Es ist der Hauptmangel der hypnotischen
Therapie, dass sie nicht einhält ist. Der
leichteste Grad der H. hängt nicht von dem
Verfahren des Arztes, sondern von der zu-
fälligen Reaction des Patienten ab. Es ist auch
sehr schwer, die H., in welche ein Kranker ver-
fällt, zu vertiefen: in der Regel gelingt dies
aber bei naiv an Wissbegierde des erfrischen.
Ist man mit der erreichten H. nicht zufrieden,
so wird man versuchen, dieselbe zu vertiefen.
Methoden scheinen, die oft stärken wirken oder
mehr wirken, wenn sie sich von der fixirungs-
seiben Verfahren abgewäscht hat. Solche
Verfahren sind: das 10-Minuten lang fort-
gesetzte Streichen mit einem Theile des Körpers
und Körper des Patienten, das eine
allmählig beruhigende und einschläfernde Wir-
kung hat, die Suggestion unter Durchleitung
einer schwachen galvanischen Ströme, der
eine deutliche Gesichtsschrumpfung erzeugt
(Anode als breite Binde auf der Stirne, Kathode
als Stirnband in der Hand) die dem
Eindruck der Fesselung und die galvanische
Empfindung wesentlich für H. mitführen. Man
muss aber überdies daran denken, dass H. sich
nicht nur mit den Zweck vor
Augen hält durch Gedankenausschalten das
Bild des Einschlafens zu wecken und die Auf-
merksamkeit durch eine sich gleichbleibende
Empfindung zu fixiren. Das Entscheidende und
werth der H. liegt in der Suggestion, die man
während derselben ertheilt. Diese Suggestion
besteht in der energischen Verneinung der
Leiden, über welche der Kranke geklagt hat.
Man ist in der Versuchung, in der Suggestion
können oder in dem Befehl es auszuführen.
Von Wichtigkeit als die die Verneinung oder
Verneinung wirkt ist, wenn man die H. er-
wartende Heilung an eine Handlung oder an
einen Befehl knüpft so hat die Heilung d. h.
Sie haben keine Schmerzen mehr an dieser
Stelle, ich will Sie wecken und die Schmerzen
ist weg. Streichen und Drücken des Kranken
Körpertheils während der H., der überhaupt
der Fixirung unbehandelbar er hat die völlige
Suggestion. Man erspart es sich, doch nicht.
den Hypnotiseur über die Natur seiner
Leiden aufzuklären. das Aufhören seiner
Leiden nur ihm zu begründen u. drgl.; dem
man hat zumeist keiner keinen psychischen Pati-
enten vor sich, sondern ein mit Kritik und
Willenskraft begabten keinen auf das muss
jetzt nur mehr Eindruck zu machen im Stande
ist. Am Ende muss der Zustand, den man H.
vorkommt H. vermeiden muss. dem Patienten
sprechen zu lassen, diese motorische Aeußerung
scharfen vernehmen. Je energischer dann die
ihr H. verbürgt, und weckt ihn auf. Sonnäm-
bul-Patienten lässt man ohne Sorge sprechen,
gehen, arbeiten, und erzielt den zeitgebildeten
psychischen Einfluss, wenn man sie an der H. über
ihre Suggestion befragen lässt, dieselbe leugnen.S.
903
HYPNOSE.
Herkunft ausfragt. Man fordert durch die
Suggestion entweder einen sofortigen Effect,
dies besonders bei der Behandlung von Läh-
mungen, Contracturen u. drgl., oder einen
pathognostischen, d. h. eine Wirkung, die man
für eine bestimmte Zeit nach dem Aufwachen
festsetzt. Es ist bei allen hartnäckigen Leiden
von grossem Vortheil, eine solche Periode der
Erwartung (selbst eine ganze Nacht) zwischen
Suggestion und deren Erfüllung einzuschieben.
Die Krankenbeobachtung zeigt, dass psy-
chische Eindrücke in der Regel eine gewisse
Zeit bedürfen, um eine körper-
liche Veränderung hervorzurufen (vergl. Neu-
rosen, pathogenetische). Jede einzelne Suggestion
ertheile man mit grosser Entschiedenheit,
dann jede Andeutung eines Zweifels wird
vom Hypnotiseur bemerkt und ungünstig
verwerthet; man lasse überhaupt keinen
Widerspruch aufkommen und berufe sich,
wenn man darf, auf seine Macht, Katalepsie,
Contracturen, Anästhesie u. drgl. zu erzeugen.
Die Dauer der H. richtet man nach dem
praktischen Bedürfniss ein; eine längere Ver-
weilung in der H. von mehreren Stunden
ist gewiss dem Erfolge nicht ungünstig.
Das Erwecken geschieht durch den Zuruf („Für
jetzt ist's gut,“ u. drgl.). Man versäume nicht,
bei den ersten H. zu versichern, dass man
ohne Kopfschmerzen, heiter und wohl auf-
wachen werde. Trotzdem kann man beobachten,
dass viele Personen selbst nach leichten H.
mit Kopfdruck und Müdigkeit erwachen, wenn
die Dauer der H. eine zu kurze war. Sie sind
vorzugsweise unaufgeklärt. Die Tiefe der
H. steht nicht in jedem Falle in directem
Verhältniss zum Erfolge derselben. Man kann
in den leichtesten H. grosse Veränderungen
hervorrufen und dafür im Somnambulismus
Misserfolge haben. Tritt der erwünschte Erfolg
nicht nach wenigen H. ein, so zeigt sich eine
weitere Misslichkeit, welche dieser Methode
anhaftet. Während kein Kranker ungeduldig
werden darf, wenn ihm durch die zwanzigste
elektrische Sitzung oder die ebensoviele
Flasche Mineralwasser noch nicht Heilung
gebracht wird, so ermüdet Arzt und Patient
bei der hypnotischen Behandlung weit früher,
in Folge des Contrastes zwischen den absicht-
lich vorgetragenen Suggestionen und der
trüben Wirklichkeit, intelligente Kranke kön-
nen es auch hier dem Arzte erleichtern,
sobald sie verstanden haben, dass der Arzt
während der Ertheilung der Suggestion gleich-
sam eine Rolle spielt, und dabei umsonst
Vortheil für sie zu erwarten ist, je energischer
der Arzt das Leiden in Abrede stellt. Bei
jeder fortgesetzten hypnotischen Behandlung
ist ein monotones Vorgehen sorgfältig zu ver-
meiden. Der Arzt muss stets eine neue An-
knüpfung für seine Suggestion, einen neuen
Beweis für seine Macht, eine neue Abänderung
der hypnotisirenden Prozedur erfinden. Darin
liegt auch für ihn, der vielleicht namentlich am
Anfange zuweilen eine grosse und endlich er-
schöpfende Anstrengung. Es ist kein Zweifel,
dass das Gebiet der hypnotischen Therapie
weit über das der anderen Heilmethoden ne-
uroser Erkrankungen hinausreicht.Vorwurf, dass die H. nur Symptome und diese
nur auf kurze Zeit zu beeinflussen vermöge,
ist ungerechtfertigt. Wenn die hypnotische
Therapie sich nur gegen Symptome und nicht
gegen krankhafte Processe richtet, so verfolgt
sie eben denselben Weg, den alle anderen
Therapien zu nehmen genöthigt sind. Hat
die H. Erfolg gehabt, so hängt der Bestand
der Heilung von denselben Factoren ab, wie
bei jeder auf andere Weise erzielten.
Hat es sich um Resterscheinungen eines ab-
geschlossenen Processes gehandelt, so wird
die Heilung eine dauernde sein; wirken die
Ursachen in ungeschwächter Kraft fort, welche
die Krankheitssymptome erzeugt haben, so
ist Recidive wahrscheinlich. In keinem Falle
schliesst die Anwendung der H. die einer
anderen, diätetischen, mechanischen oder
sonstigen Therapie aus. In einer Reihe von
Fällen, wo nämlich die Krankheitserschei-
nungen rein psychischen Ursprunges sind,
erfüllt die H. alle Anforderungen, die man an
eine causale Therapie stellen kann, und das
Ausfragen und Beruhigen des Kranken in
tiefer H. ist dann meist von glänzendstem Er-
folge begleitet. Alles, was über die grossen
Gefahren der H. gesagt und geschrieben wurde,
gehört in's Reich der Fabel. Wenn man vom
Missbrauch der H. zu unerlaubten Zwecken
absieht, eine Möglichkeit, die für jedes andere
wirksame therapeutische Mittel gilt, hat man
höchstens noch auf die Neigung schwer ner-
vöser Personen Rücksicht zu nehmen, nach
wiederholter H. auch spontan in H. zu ver-
fallen. Es liegt in der Hand des Arztes, den
Kranken diese spontanen H. zu verbieten, die
doch nur bei sehr empfänglichen Individuen
vorkommen dürften. Personen, deren Em-
pfänglichkeit so weit geht, dass sie wider
Willen hypnotisirt werden können, schützt
man auch in ziemlich ausreichender Weise
durch die Suggestion, dass nur ihr Arzt im
Stande sein werde, sie zu hypnotisiren.
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