Lähmung 1890-023/1900
  • S.

    Lähmung, die (frz. paralysie f [motrice];
    engl. paralysis, auch palsy; it. paralisi f).
    Unter L. (der motorischen Teile) versteht
    man die Aufhebung des Vermögens, durch
    Willenseinfluss eine Bewegung zu erzeugen.
    Ist dieselbe eine absolute oder hochgradige,
    so wird sie als Paralyse, sonst als Pa-
    rese, motorische Schwäche, bezeichnet. Je
    nach dem Orte ihrer Entstehung spricht
    man von cerebraler, spinaler und peri-
     

     

    pherischer L. Wiewohl eine durch genuine
    Erkrankung der Muskeln und Gelenke auf-
    gehobene Beweglichkeit gleichzeitig mit L.
    also wird die Ausdrücke L. doch sehr nur
    mit Bezug auf das Nervensystem gebraucht.
    Eine L. vom Nervensystem abzuleiten ist,
    kann von zwei verschiedenen Arten von Ver-
    änderung in demselben herrühren: erstens
    von einer Funktionseinstellung gewisser für
    die Entstehung der Bewegung wichtiger Hirn-
    teile, und zweitens von einer durch ana-
    tomische Verhältnisse gegebenen Unter-
    brechung der motorischen Leitung. Die
    Veränderung der ersteren Art wird sich
    durch keinerlei Methoden der anatomischen
    Untersuchung nachweisen lassen, sie ist eine
    rein funktionelle; die andere, sog. organische
    Veränderung muss als nachweisbar ange-
    nommen werden, ob sie nun bereits in die
    Tragweite der von uns zum Nachweis ver-
    wendeten Methoden fällt oder nicht.
    I. Die rein funktionellen L. en sind
    uns erst in sehr geringem Umfange bekannt.
    Es ist möglich, dass wir dieselben an ver-
    schiedenen Stellen des Nervensystems wer-
    den lokalisieren dürfen; gegenwärtig kennen
    wir aber genauer blos die **hysterische**
    L., bei welcher wir die Funktionseinstellung
    in die psychischen Funktionen dienenden Teile
    des Grosshirns verlegen können. Aus dieser
    Stelle sind nur die allgemeinsten Charaktere
    hysterischer L. en zu erwähnen: Die hyste-
    rische L. hat gewisse Aehnlichkeiten mit der
    später als kortikal beschrieben, zeichnet
    sich aber dadurch aus, dass sie kein Abbild
    der anatomischen Verhältnisse des Nerven-
    systems liefert, sondern sich nach den Be-
    grenzungen der Körperteile, wie sie uns
    durch die gemeine sinnliche Wahrnehmung
    bekannt sind, richtet, dass sie auf einen
    Körperteil leicht den höchsten Grad erreicht
    (Absolutheit), ohne auf einen anderen Teil der
    Körperperipherie überzugreifen (Ausschliess-
    lichkeit), dass sie nie einzelne Teile be-
    fällt, die bloss eine anatomische Selbständig-
    keit besitzen, sondern stets ganze Apparate,
    insofern sie bestimmten Funktionen dienen.
    Die hysterische L. ist in der That keine L.
    vom Körperlichen, sondern eine Aufhebung
    von Funktionen, oder sie besteht in einem
    Abhandenkommen eines ganzen Gliedes für
    die Willen und die Vorstellung des Kranken.
    Von der hysterischen L. ergriffen werden
    am häufigsten: einzelne Extremitäten, gleich-
    namige Extremitäten oder beide Extremi-
    täten einer Seite und der Sprachapparat,
    die Gesichtsmuskulatur, welche die feinsten
    Anzeichen bei L. en organischer Natur
    liefert, leidet fast nie bei der Hysterie. Ueber-
    dies ist für die hysterische L. charakteristisch,
    dass die Störungen der Sensibilität in der
    Regel die Motilitätsstörung an In- und Ex-
    tensität überwiegen, was bei organischen
    Läsionen nur ausnahmsweise vorkommt (s. a.
    Hysterie IV, 2 und 3).
    Es ist der wichtigste Schritt in der Dia-
    gnose einer L., die funktionelle von der
     

     

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    organisch bedingten Bewegungsstö-
    rung zu scheiden. Hat man erkannt,
    dass die L. von einer Art, die L. von einer
    anatomischen Unterbrechung im
    Nervensystem abhängt, so hat die Diagnose
    drei Fragen zu beantworten, welche zum
    Schaden der diagnostischen Klarheit nicht
    immer auseinandergehalten werden. Die
    erste Frage geht nach dem Sitz der Unter-
    brechung (der Lokalität der Erkrankung);
    die zweite nach dem Prozess, der die
    Unterbrechung verschuldet, und die
    dritte nach dem ätiologischen Moment
    desselben. Nur die Frage nach der Lokali-
    sation der Unterbrechung kann hier ohne
    Bezugnahme auf die speziell pathologischen
    Artikel behandelt werden. Unsere Kennt-
    nisse über den anatomischen Verlauf der
    motorischen Bahn lassen sich kurz dahin zu-
    sammenfassen: Es gibt ein verhältnismässig
    grosses Gebiet auf der Hirnrinde, von dem
    die Fasern für willkürliche Bewegung aus-
    gehen. Dasselbe umfasst die beiden Zentral-
    windungen, den **Lobus paracentralis** an der
    medianen Gehirnoberfläche, das über die
    **Sylvische Grube** hängende **Speculum** und
    das anstossende Stück der ersten Stirnwin-
    dung (vgl. Gehirn A.). Von diesen Rinden-
    gebieten aus zieht die motorische Faserung
    immer enger konvergierend durch den Mark-
    kern der Hemisphäre in die grosse Faser-
    strasse zwischen den Grosshirnganglien,
    die **innere Kapsel** (vgl. **Corpus striatum**).
    In der inneren Kapsel nimmt sie die vor-
    deren zwei Drittel des hinteren Schenkels
    ein. Die sensible Bahn, welche eben-
    falls vom **Parietalhirn**, ausserdem noch vom
    Hinterhaupt- und Schläfenlappen kommt,
    nimmt in der inneren Kapsel das hintere
    Drittel des hinteren Schenkels in Anspruch.
    Der kompakte Verlaufstück der motori-
    schen Bahn setzt sich nun durch den Hirn-
    schenkel in dem sie das mittlere Drittel
    einnimmt, fort in den **Pons** und tritt als
    Pyramide aus dem letzteren hervor. Auf
    dem Wege durch Pons und Oblongata lösen
    sich bereits die Fasern zu den motorischen
    Hirnnerven von der motorischen Bahn ab.
    Als Extremitätenbahn gelangen die Pyra-
    miden immer noch als kompaktes Bündel bis
    zur oberen Grenze des Rückenmarks, wo-
    selbst sie eine Umlagerung erfahren (Re-
    gion der **Pyramidenkreuzung**). Ein
    in inkonstantem Verhältnis mächtigerer An-
    teil begibt sich in den gekreuzten Vorder-
    strang, ein geringerer Anteil behält seine
    Lagerung als inneres Stück des Vorder-
    stränges bei (Türk’sches Bündel). Im
    Rückenmark nehmen beide Teile der Pyra-
    midenbahn allmählich nach unten ab, die
    Vorderstrangbahn erschöpft sich früher als
    die Seitenstrangbahn, beide, wie es scheint,
    durch Faserabgabe zu den Vorderhörnern
    des Rückenmarks, von denen aus die moto-
    rische Bahn sich durch die vorderen Wurzeln
    zur Peripherie fortsetzt. Ausser dieser langen
    motorischen Bahn gibt es gewiss noch andere
     

     

     

    Wege für die Innervation der Muskeln; es
    scheint aber nicht, dass dieselben bei der will-
    kürlichen Bewegung des Menschen in An-
    spruch genommen werden.
    II. Die **cerebrale Unterbrechung**.
    Es ist nun klar, dass eine Unterbrechung
    der beschriebenen motorischen Bahn auf
    ihrem Verlaufe von der Grosshirnrinde bis
    zur Pyramidenkreuzung stets dasselbe klini-
    sche Bild ergeben muss, nämlich das der
    **cerebralen Hemiplegie**: L. der willkür-
    lichen Muskulatur auf dem Sitz der
    Unterbrechung ungleichnamigen Körper-
    hälfte. Innerhalb dieses Verlaufstückes
    wird sich eine Unterscheidung zwischen der
    Unterbrechung des mehr kompakten Stückes
    von der inneren Kapsel abwärts und der
    Unterbrechung des diffuser ausgebreiteten
    Stückes im Hemisphärenmarke bis zur Rinde
    machen lassen. Die Hemiplegie der zweiten
    Art — kortikale und subkortikale
    Hemiplegie — wird einen unvollständigen
    Charakter haben und sich der monoplegischen
    L. annähern. Es kann so von der Rinde
    aus bloss die Innervation der Gesichtsmuskeln,
    der Zunge, einer oberen und einer unteren
    Extremität gestört sein. Doch dürfen diese
    kortikalen Monoplegien nicht sehr intensiv
    werden, wenn nicht wenigstens Andeutungs-
    weise auf die anderen Glieder derselben
    Seite übergreifen sollen. Sensibilitätsstörung
    kann die kortikale L. begleiten, ist aber
    nicht jedesmal vorhanden, wovon dieses Ver-
    halten abhängt, ist unbekannt. Unter-
    brechung im Gebiet des kompakten Ver-
    laufs der motorischen Bahn erzeugt das
    Bild der **cerebralen Hemiplegie** (vgl. Gehirn-
    druck). Klinisch ist hierzu zu bemerken,
    dass eine solche cerebrale Seitenlähmung
    gesetzmässigerweise nicht alle Muskeln der
    gekreuzten Seite befällt, sondern nur die
    Muskeln der Extremitäten und die Gesichts-
    muskeln um Mund und Nase. Die Muskeln
    um die Lidspalte (Augenfacialis), sowie die
    Rumpfmuskeln erleiden nur eine geringe
    Schwächung, zur L. der von Gehirnnerven
    versorgten willkürlichen Muskulatur (Kau-
    Schling-, Zungenmuskeln) ist eine besondere
    Lokulisation der Unterbrechung erforderlich.
    Endlich ist von Augenmuskellähmung infolge
    cerebraler Unterbrechung nichts bekannt,
    wenn man von der noch nicht sicher be-
    wiesenen **cerebralen Ptosis** absieht. Der
    Grund für dieses Verhalten wird zumeist
    in der doppelseitigen Innervation der bei der
    cerebralen Hemiplegie verschonten Mus-
    keln gesucht, könnte aber auch in der Natur
    der Beziehung des Grosshirns zu den ge-
    nannten Muskeln überhaupt gelegen sein.
    Andererseits ist hervorzuheben, dass auch
    die Muskeln der gleichnamigen Seite bei
    der cerebralen Hemiplegie eine Kraftab-
    schwächung davontragen. Für die **cere-
    brale L.** (mit Einschluss der kortikalen) ist
    ferner charakteristisch: 1. dass die Endglieder
    der Extremitäten stärker beeinträchtigt sind
    als die Rumpfglieder, 2. dass der Arm in
     

     

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    der Regel mehr leidet als das Bein, 3. dass
    die gelähmten Muskeln nur in geringem
    Masse infolge der Unthätigkeit atro-
    phieren, und 4. dass die elektrische Erreg-
    barkeit der Muskeln und Nerven unverändert
    bleibt. Ist die cerebrale L. eine beständige,
    so gesellt sich nach einiger Zeit zu ihr der
    Symptomenkomplex hinzu, der als den
    Ausdruck einer absteigenden Degeneration
    in der motorischen Bahn auffasst: Reflex-
    steigerung, spastische Kontraktur, mitunter
    auch echte Muskelatrophie. Sensibilitäts-
    störung gehört nicht zum Bilde der zere-
    bralen Hemiplegie, dagegen tritt bei Mit-
    verletztung des hinteren Drittels der inneren
    Kapsel ein — auch selbständig beobachteter
    Symptomenkomplex zur einseitigen Lähmung
    hinzu, der als zerebrale Hemiästhesie
    bezeichnet wird. In manchen Fällen von
    cerebraler L. ist man überdies imstande,
    den Ort der Unterbrechung innerhalb der
    Strecke von der inneren Kapsel bis zur
    Pyramidenkreuzung zu erkennen. Die zu
    dieser Bestimmung dienenden Lokalisations-
    zeichen sind teils von der Beteiligung be-
    nachbarter Gebilde, teils von dem Verlauf
    der motorischen Hirnnervenbahn hergenommen.
    So wird eine Unterbrechung in der Hirnschenkel-
    region den dort austretenden **N. oculomotorius**
    leicht affizieren können und der Hemiplegie
    eine gekreuzte Augenmuskellähmung hinzufügen;
    ähnlich wird bei einer Läsion im Bereich des
    hinteren Randes der Brücke durch Affektion
    des **N. abducens** (s. d.) eine mit der Hemiplegie
    gekreuzte des **M. rectus externus** auftreten.
    Eine Unterbrechung der motorischen Bahn
    im unteren Drittel der Brücke wird die Ge-
    sichtslähmung aus dem Bilde der Hemiplegie
    ausfallen lassen, da sich hier bereits die
    Fasern zum Facialiskern von der motorischen
    Bahn abgelöst haben, dagegen wird die
    Zungenablenkung an dieser Stelle noch vor-
    handen sein. Unmittelbar oberhalb der
    Pyramidenkreuzung kann die Hemiplegie
    überhaupt nur noch die Extremitäten be-
    treffen. Wegen der Annäherung der motorischen
    Bahn an die Mittellinie in der Brücken-
    und Oblongatengegend sind von Unter-
    brechungen in dieser Region eher doppel-
    seitige Lähmungen als von höher oben ge-
    legenen Krankheitsherden zu erwarten.
    L. nach **Apoplexie** s. a. **Massage**.
    III. **Spinale, akute, aufsteigende, Landry’sche L.**
    s. **Spinallähmung**; in betreff spinaler L.
    vgl. auch noch **spastische Spinal-Paralyse**;
    vgl. a. **Myelitis**, **Seitenläsion des Rückenmarks**.
    IV. **Peripherische L.** bezeichnet
    man im Gegensatz zu der zerebralen und
    spinalen die neuropathetische Bewegungs-
    lähmung der willkürlichen Muskeln, welche
    durch Affektionen der Hirn- und Rücken-
    marksnerven nach ihrem Austritt aus den
    nervösen Zentralorganen bedingt ist. Nach
    den veranlassenden Ursachen und nach
    deren örtlichem Angriffspunkte
     

     

    zeigt sie einen variablen Umfangbezirk.
    Am häufigsten tritt die periphere L.
    als sog. Partialie, auf bestimmte Ab-
    schnitte eines Körperteiles beschränkte, auf.
    Dies ist immer dann der Fall, wenn ein
    einzelner Nervenstamm oder nur ein Teil
    seiner Faserbündel von der lähmenden Ur-
    sache getroffen ist. Seltener werden Raum-
    lich weit getrennte Nervenbahnen durch
    denselben peripherischen Prozess leitungs-
    unfähig. Doch beobachtet man derartige
    L-
    z. B. bei multiplen Neuromen, der
    Polyarteriitis, dem chronischen Alkoholismus.
    Für gewöhnlich sind dann aber abgesehen
    von den zeitlichen Unterschieden in dem
    Erscheinen der L., die Grade der Bewegungs-
    störung in den verschiedenen Innervations-
    gebieten voneinander abweichend, hier
    herrscht etwa vollkommene Paralyse, dort
    nur leichte Parese vor. Noch seltener wer-
    den durch peripherische Prozesse Mon-,
    Hemi- und Paraplegieen von dem Charakter
    der cerebralen und spinalen bewirkt. Als
    ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal
    von diesen gilt das übliche, jedoch nicht als
    pathognostisch zu betrachtende Freibleiben
    des einen oder anderen Nervenstammes mit
    samt seinen Ästen da, selbst wenn der Krank-
    heitsherd das Plexusgebiet einnimmt, nicht
    alle die Extremität versorgenden Nerven in
    Mitleidenschaft gezogen, zu werden pflegen,
    noch weniger zu gleicher Zeit und in gleich
    grosser Masse. Am ehesten gehen noch

    Wurzel
    erkrankungen und Komplikationen
    mit an anderer Herkunft zu irrtümlichen
    Veranlassung. In der Ätiologie der
    peripherischen L. sind mechanische In-
    sulte, primäre und sekundäre Neuritis, Er-
    kältungen, Veränderungen der Zirkulation
    und Blutmischung, Gifte, akute und chro-
    nische Infektionskrankheiten anzuführen.
    Diagnostisch muss mit manchen Ein-
    schränkungen vor allem der Mangel kraft-
    haften Erscheinungen von seiten der nervösen
    Centralorgane, die Abgrenzung der L. auf
    einzelne Teile einer Extremität, die Beteili-
    gung der Sensibilität, der gleichzeitige Ver-
    lust der Reflexe und Mitbewegungen, sowie
    die Nichtbeteiligung an allen central be-
    dingten Krankhaften Bewegungsvorgängen
    neben den
    Em
    der willkürlichen Mus-
    keltätigkeit, der schnelle Eintritt von Tro-
    phischen und vasomotorischen Störungen, das
    eigenartige Verhalten der elektrischen Er-
    regbarkeit und der Nachweis der Entartung
    für den peripherischen Sitz entscheiden. Die
    elektrische Untersuchung bietet auch
    in manchen Fällen ein Mittel, die Läsions-
    stelle am Nerven genauer zu ermitteln, näm-
    lich dann, wenn auf Reizung des zentraler
    gelegenen Nervenstückes eine Reaktion aus-
    bleibt, während die Applikation des Reizes
    auf das peripherische Ende Zuckung her-
    vorruft. Die Prognose richtet sich in
    erster Linie nach der Natur der Läsionsur-

    sache.
    Grössere durch ein Trauma vernichtete

    Nerv
    en
    strecken regenerieren sich meist nicht,
     

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    kleinere wachsen zusammen oder können
    wiedervereint werden, peripherische L-
    nach Diphtherie (s. diphtherische L.), Typhus,
    Ruhr, Pocken u. s. w. heilen oft, Druckläh-
    mungen, rheumatische und toxische L-en
    geben gleichfalls häufig eine günstige Vor-
    hersage. Therapeutisch kommen opera-
    tive Eingriffe (Entfernung von Tumoren und
    Fremdkörpern, Exzision von Narben, Nerven-
    naht), Antiphlogose, Derivantien, Nervina,
    Tonica, Beseitigung des Grundleidens, anti-
    toxische Mittel, hypodermatische Kuren,
    allgemeine und lokale Bäder, Massage
    (s. d.), Heilgymnastik (s. d.), Elektrizi-
    tät in Frage.

    Auch die myopathische L. ist im eigent-
    lichen Wortsinn eine peripherische. Von
    der neuropathischen unterscheidet sie sich
    wesentlich dadurch, dass sie als kausales
    Moment, primäre Veränderungen in der
    elementaren Zusammensetzung des Muskels
    voraussetzt. Diese Veränderungen können
    durch mechanische Schädigungen, durch
    akute und chronische, stationäre und fort-
    schreitende Entzündungen, durch Ueber-
    greifen krankhafter Vorgänge aus dem inter-
    stitiellen Bindegewebe auf die fibrilläre Mus-
    kelsubstanz, durch einfache Atrophie der
    Fasern, durch Infektionskrankheiten, durch
    Vergiftungen herbeigeführt werden. Auch
    ein Teil der sog. ischämischen Lähmungs-
    miss nach dem Vorgang von Volkmann
    notwendig zu den myopathischen gerechnet
    werden. Immer kann von einer myopathischen
    L. aber nur dann die Rede sein, wenn der
    Funktionsverlust oder die Funktionseinbusse
    von dem kontraktilen Muskelgewebe aus-
    geht, die nervösen Endapparate aber zu-
    nächst intakt sind. Als hauptsächliche Er-
    kennungs- und Unterscheidungsmerkmale für
    die myopathische L. gelten: der Nachweis
    der Entstehungsursache, der Beginn des
    Leidens nur an einem oder wenigen Muskeln,
    das langsame Fortschreiten auf die Um-
    gebung, der bestimmt lokalisierte Schmerz
    und die Druckempfindlichkeit des erkrankten
    Muskels, das vorausgehende Atrophie vor
    der Paralyse, die dem gradweisen Faser-
    schwinden konforme Abnahme der elektri-
    schen Erregbarkeit, die fibrillären und fas-
    zikulären Zuckungen, der Befund der leicht
    und gefahrlos zu bewerkstelligenden mikro-
    skopischen Untersuchung.