Rezension [unsigniert] von: Bennett, Hughes ›Ataxie locomotrice ohne Erkrankung der Hinterstränge des Rückenmarks‹ 1885-225/1885
  • S.

    21. Ataxie locomotrice ohne Erkrankung der Hinterstränge des
    Rückenmarks.

    Von H u g h e s B e n n e t t (Lancet, 7. März 1885).

    Ein 48jähriger Mann zeigte alle Symptome der Tabes dorsalis, Inkoordination
    der Bewegungen ohne Verlust der Muskelkraft, typischen ataktischen
    Gang, R o m b e r g ’s Symptom, Herabsetzung der Sensibilität an den unteren
    Extremitäten, lanzinirende Schmerzen und Verlust des Kniephänomens.
    Post mortem fanden sich zahlreiche rothe Erweichungen des Grosshirns als
    Zeichen einer akuten diffusen Encephalitis, in der Medulla oblongata eine
    sarkomatöse Masse, welche die hinteren und zentralen Theile derselben infiltrirte,
    das Rückenmark durchaus normal mit Ausnahme des einen Vorderhorns
    in einer gewissen Höhe der Lumbargegend. Die Nervenwurzeln waren
    intakt, soweit sie innerhalb der Rückenmarkshäute verliefen. Ausserhalb derselben
    waren die hinteren Wurzeln des Brust- und Lendentheiles in Sarkommassen
    eingebettet, welche sich bis zum Halstheile des Markes erstreckten.
    In der Lendenregion waren auch die vorderen Wurzeln in geringem Maasse
    umwachsen. Die Dauer des Krankheitsverlaufes war eine kurze.

  • S.

    Dieser merkwürdige Fall zeigt klar, wie wenig gefestigt unsere
    Kenntniss von der Lokalisation der Tabes dorsalis ist. Er scheint dafür zu
    sprechen, dass das Bild der lokomotorischen Ataxie nur durch Unterbrechung
    der sensiblen Bahnen in den hinteren Wurzeln zu Stande kommt,
    erfolge dieselbe im Rückenmarke oder an der Peripherie wie in den Fällen
    von Dé p e r i n e oder zwischen beiden Endstationen wie in diesem Falle.