S.
I. Beiträge zur Aetiologie und Therapie der Tabes dorsalis,
namentlich über deren Beziehungen zur Syphilis.
Von E u l e n b u r g (V i r c h o w ’s Archiv 99. Band).
Die Statistik, auf Grund welcher E. der seit F o u r n i e r und E r b
schwebenden Frage von der ätiologischen Beziehung zwischen Syphilis und
Tabes näherzutreten unternimmt, umfasst 125 Fälle, welche während eines
Zeitraumes von 4½ Jahren in E.’s Beobachtung standen. Von diesen 125
Kranken waren 106 Männer, 19 Weiber; unter den Männern lieferte insbesondere
derS.
Eisenbahndienst ein hohes Kontingent, von den Weibern
waren nur 2 unverheiratet.Unter den 106 Männern fanden sich 28, bei welchen eine typische Sklerose
und konsekutive Syphilis vorausgegangen war; 11, bei denen nur ein
Ulcus molle ohne allgemeine Syphilis erhoben werden konnte; die Anzahl
der Kranken, bei denen sich in keiner Weise Syphilis nachweisen liess, betrug
67. Eine syphilitische Infektion war also in 36.8% der männlichen Kranken
eruirbar, bei welchem Ansatze das weiche Geschwür zur Syphilis gerechnet
erscheint. Bei den Frauen konnte Syphilis nur in einem Falle nachgewiesen
werden, in einigen anderen war sie geradezu auszuschliessen. Stellte man die
Tabesfälle, bei denen Syphilis vorhergegangen war, zusammen, so konnten
keinerlei Symptome namhaft gemacht werden, welche denselben im Gegensatze
zu den nicht syphilitischen Fällen gemeinsam gewesen wären.Auch den anderen ätiologischen Momenten wurde Aufmerksamkeit
geschenkt, und der Einfluss der Heredität schien in 15, der atmosphärischer
Schädlichkeiten allein in 62, solcher Schädlichkeiten und Strapazen
in 42, körperlicher Anstrengungen allein in 34, schwerer Gemüthsaffekte
in 16, Traumen in 6, akuter Krankheiten in 5 Fällen von Belang.Man wird E. kaum Unrecht geben können, wenn er nach dem Ergebnisse
dieser Statistik der Syphilis zunächst nur die Bedeutung eines depotenzirenden
oder für Tabes disponirenden Momentes zugestehen will, welche Rolle ja
auch die anderen als Aetiologie angeführten Noxen spielen. Ein besonderes
Gewicht legt er der Thatsache bei, dass Tabes bei Prostituirten nicht häufiger
vorkommt, sowie dass die vorausgegangene syphilitische Infektion prognostisch
und therapeutisch für die Tabes belanglos scheint.
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