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65. Zur Aetiologie der Cholera.
Von K l e b s (Korrespondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. 13, 1885).
Die Erscheinungen der Cholera erinnern an bekannte Vorkommnisse bei
Pilzvergiftungen, welche ja auch nicht selten von choleriformen Erscheinungen
eingeleitet werden. Aber auch bei diesen liegt die eigentliche Gefahr
nicht sowohl in den Veränderungen, welche sich an die Sekretionsstörung im
Darme anschliessen, sondern vielmehr in den tieferen Läsionen der zelligen
Elemente, welche alle Pilzgifte als hervorragende Protoplasmagifte mit sich
bringen. Solche Erwägungen führen dahin, auch für die Cholera anzunehmen,
dass neben der lokalen Wirkung der im Darme sich entwickelnden
Mikroorganismen Giftwirkungen auftreten und die schweren Allgemeinerscheinungen
bedingen.Thierversuche mit K o c h ’schen Choleravibrionen ergaben, dass es sich
bei der Cholera um die Wirkung eines chemischen Körpers aus der Klasse der
Alkaloide handelt. Seine Wirkung erstreckt sich zunächst auf die willkürliche
Muskulatur, im Anfange als Zittern in einzelnen Muskelgruppen, dann
von allgemeinen Krämpfen. Die erstere Erscheinung macht eine zentrale
Ursache nicht annehmbar. Sodann treten an den glatten Muskelfasern Erscheinungen
auf, die theils als Reizungs-, theils als Lähmungserscheinungen
aufgefasst werden müssen, Verengerung der Pupille, Anämie der oberflächlichen
Theile.Der K o c h ’sche Choleravibrio ist die eigentliche Ursache
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der Cholera. Bei der Choleratherapie muss diese infektiöse Eigenschaft der Vibrionen
in Betracht kommen. Dabei wären Versuche anzustellen, welche an
den Antagonismus des Atropin gegenüber dem Muscarin und anderen Trimethylammoniumbasen anknüpfen. Denn dazu scheint der aus Cholerakulturen
gewonnene Körper zu gehören.
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