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Beitrag zur Impftuberkulose.
Von B. K ü s s n e r (Deutsche Mediz. Wochenschrift 1883, Nr. 36).
Verf. suchte im Vereine mit P a u l i c k i die Frage experimentell zu entscheiden,
ob tuberkulöse Sputa, direkt in die Lungen gespritzt, andere Wirkungen
als nichttuberkulöse entfalten. Die Versuche wurden an Kaninchen
und Hunden in der Weise ausgeführt, dass die Trachea unter antiseptischen
Kautelen durch einen kleinen Schnitt blossgelegt, mit einem spitzen Messer
eröffnet und dann mittelst einer Spritze die fein zerriebenen und mit Wasser
verdünnten Sputa eingebracht wurden. Die Muskel- und Hautwunde wurde
vernäht und heilte ausnahmslos gut, mitunter bildeten sich käsige Abszesse
in der Tiefe des Operationsfeldes. Die Thiere wurden 3–10 Wochen nach
der Operation am Leben erhalten, einige starben an frischer Pneumonie und
Pleuritis.
Als das Ergebniss dieser Versuche wird bezeichnet, dass tuberkulöse Sputa
ausnahmslos Tuberkulose hervorriefen, nichttuberkulöse niemals. Längeres
Kranksein wurde bei keinem Thiere beobachtet, der Ernährungszustand blieb
ein vortrefflicher, etwas Husten war das einzig Abnorme, was die Thiere während
des Lebens darboten. Die pathologischen Veränderungen beschränkten
sich stets auf die Lunge, allgemeine Miliartuberkulose wurde nie erzeugt.
Die Erkrankung in den Lungen schien stets progredient zu sein, und waren
um so besser ausgeprägt, je länger das Thier gelebt hatte. Beobachtet wurden
ziemlich feste, transparente Infiltrate, in deren Mitte opake, gelbliche Tuberkelknötchen
sichtbar waren, später wurden diese Infiltrate mürbe, gelblich
undurchsichtig, oft exquisit käsig. In einem Falle fanden sich ein paar
erbsengrosse Kavernen mit käsigem Inhalte. Bei den mit nicht tuberkulösem
Sputum behandelten Thieren waren die Lungen meist intakt, einige Male
durch Pneumonie hepatisirt oder von einem pleuritischen Ergusse komprimirt;
in solchen Fällen waren auch grosse, unregelmässig ausgebuchtete, mit
Eiter erfüllte Kavernen vorhanden.
Es zeigten sich nur solche Sputa zur Erzeugung der tuberkulösen Infiltrate
fähig, welche K o c h ’sche Bacillen, gleichgiltig in welcher Menge, enthielten:
Reichlich Bacillen enthielten auch die frischen transparenten Infiltrationen
und eingesprengten Knötchen, die käsigen Stellen waren bacillenfrei.
Auch in den fast ganz tuberkulös aussehenden Krankheitsprodukten
der mit tuberkulösem Sputum behandelten Hunde fehlten die Bacillen. Im
Kaverneninhalte, sowie in dem Gewebe der nichttuberkulösen Thiere waren
keine Bacillen zu entdecken.
Wenn die tuberkulösen Sputa vor ihrer Einspritzung in die Trachea mit
antiparasitären Mitteln behandelt wurden, zeigte sich bei geringem Gehalte
der Mischung an letzteren keine deutliche Abschwächung der Wirkung. Bei
stärkerem Gehalte (1.5–2%) schien die Tuberkelentwicklung schwächer
auszufallen. Letztere Versuche sind noch nicht abgeschlossen.
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