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21. Ein Fall von akuter Leberatrophie.
Von To m k i n s und D r e s c h f e l d (Lancet, Nr. XIV, 1884).
Ein 22jähriger Mann wurde nach etwa zweiwöchentlichem Unwohlsein in
die Manchester Infirmary aufgenommen mit mässigem Fieber, leichtem Ikterus
und schwerer Benommenheit. Der Ikterus nahm zu, mehrmals trat Erbrechen
ein, die Leberdämpfung war verkleinert, jedoch nicht in dem Maasse,
um den Verdacht auf Leberatrophie zu erregen. Anamnestisch wurde erhoben,
dass der Kranke in einer Gummiwaarenfabrik beschäftigt war, niemals
an Syphilis gelitten hatte, auch nicht dem Alkoholgenusse ergeben war. Er
hatte keine Gelegenheit gehabt, mit Phosphor zu arbeiten. Er starb am dritten
Tage in tiefem Coma und die eine halbe Stunde nach dem Tode ausgeführte
Sektion ergab eine sehr bedeutende, gleichmässige Verkleinerung der
Leber, einige Blutaustritte unter dem Perikardium und Peritoneum, keine
Zeichen von Entzündung im Darmtrakte. Die Leber hatte für das freie Auge
das Ansehen einer Muskatnussleber, war jedoch intensiver roth und zeigte
einige durchaus schmutzig-gelbe Stellen. Die Untersuchung ergab, dass in
letzteren die Leberzellen gänzlich untergegangen waren, in den rothen Stellen
waren sie an der Peripherie der Läppchen erhalten, im Zentrum durch
fettigen Detritus ersetzt, die Arterien waren verdickt, das Gewebe zwischen
den Läppchen reichlicher als normal entwickelt. Färbung mit Anilinfarben
zeigte zahlreiche, ziemlich grosse Mikrokokken, welche die Arterien und die
Kapillaren zwischen den Leberzellen fast verstopften. In dem zu Grunde
gegangenen Gewebe der gelben Leberpartien fanden sich dieselben Mikrokokken
nur spärlich.
In zwei früher beschriebenen Fällen von weiter vorgeschrittener akuter
Leberatrophie hatte D r e s c h f e l d keine Kokken auffinden können.
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