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68. Cocaïn bei der Morphiumentziehung.
Von E r l e n m e y e r (Centralbl. f. Nervenheilkunde Nr. 13, 1885).
1. Cocaïn in Dosen bis 0.1 pro die injizirt, liess das zerebrospinale Nervensystem
gänzlich unbeeinflusst; weder die Zentren der willkürlichen Bewegung,
noch die der bewussten Empfindung zeigten die geringste Funktionsstörung:
es trat weder Krampf, noch Lähmung, weder psychische Erregung,
noch Betäubung oder Schlaf auf.
2. Cocaïn in Dosen von 0.005 und darüber injizirt, wirkte lähmend auf
die Zentren des Gefässsystems. Diese Gefässlähmung machte sich bemerklich:
durch Vermehrung der Pulsfrequenz, Erweiterung der Arterien, Abnahme
der arteriellen Spannung, Ausbruch von Schweiss, Steigerung der
Temperatur. Diese gefässlähmende Wirkung war stets eine äusserst flüchtige.
3. Cocaïn erzeugte subjektiv das Gefühl von Wärme, die theils in die Magengegend
lokalisirt, theils als mehr allgemeiner Natur bezeichnet wurde. Bei
leerem Magen entstand ein unangenehmes, fast schmerzendes Druck- oder
Krampfgefühl im Epigastrium. Bei Dosen von 0.05 oder bei häufiger wiederholten
kleineren Dosen traten in höchst unangenehmer Weise Angst- und
Ohnmachtsgefühle auf.
Die einzige Wirkung von längerem Werthe, die dem Cocaïn zukommt, ist
die Verminderung der Sucht und des Verlangens nach Morphium. Dieselbe
ist aber nicht konstant und scheint erst nach fortgesetzter Cocaïnbehandlung
gleichzeitig mit der Temperatursteigerung aufzutreten.
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