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bei den wachen, ebenso wie bei den schlafenden Thieren 1:10 betrug.
Verf. glaubt, dass die obige Differenz des Blutgehalts des Kopfes
wesentlich auf das Gehirn zu beziehen ist. Es bestände darnach während
des Schlafes in den meisten Hirntheilen Anämie, wobei nicht aus-
geschlossen ist, dass einzelne auch im Schlaf noch thätige Theile
sich im Zustand relativer Congestion befinden. Ziehen (Jena).Ph. Knoll. Ueber die Augenbewegungen bei Reizung einzelner Theile d s
Grosshirns (Wiener Akad. Sitzb. XCIV. III. Abth. Octoberheft, 1886).
Es bediente sich Verf. dieser Untersuchung der mechanischen und
der elektrischen Erregung, liess aber nur den Erfolg der mechanischen
Reizung als massgebend gelten. Die Augenbewegungen verzeichnete
er nach der Methode, welche in der Abhandlung „Ueber die nach
Verschluss der Hirnarterien auftretenden Augenbewegungen“ angegeben
ist. Bei mechanischer Reizung der am Kamelhaar freigelegten Gross-
hirnoberfläche beobachtete er nun häufig beiderseits gleichsinnige oder
entgegengesetzt gerichtete Augenbewegungen, welche aber nicht an
die Verletzung einer bestimmten Rindensphäre geknüpft waren. Viel-
mehr muss er diese Augenbewegungen als reflectorische auffassen, da
sie in allen Fällen in gleicher Weise auch durch schwache Tastreize
(Anblasen, Streichen mit der Hand) zu erzielen waren. Woran bei
einem Thiere die mechanische Reizung des Grosshirns nicht im Stande
war, Augenbewegung auszulösen, so erwiesen sich auch Tastreize
dafür unwirksam. Schwache Morphiumdosen konnte in vielen Fällen
diese Reflexe hervorrufen. Elektrische Reizung des Grosshirns erzeugte
in allen Fällen Augenbewegungen und zwar war der mechanische Reiz
wirksam war, bei geringerer, wo jener Reiz unwirksam war, erst bei
erheblicherer Stromstärke. Die Wirkung war auch hier nicht auf bestimmte
Puncte des Grosshirns beschränkt, war aber von der Region des Partial-
hirns, welche Ferrier dafür bezeichnet, schon bei geringerer Stromstärke
(besonders Rollenstant) zu erzielen. Neben den Augenbewegungen
zeigten sich bei Anwendung des Reizminimums Bewegungen der
Kaumuskeln und der Ohren.
Die durch schwache elektrische oder durch mechanische Hirn-
reizung ausgelösten Augenbewegungen bestanden meist in jähem Ueber-
gang in eine Zwangstellung, aus der die Rückkehr in die Ruhelage
langsam erfolgte. Die reflectorischen Augenbewegungen nach Haut-
reizung bestehen auch nach Exstirpation des Grosshirns fort. Ueber
die Natur der durch stärkere elektrische Hirnreizung erzeugten Augen-
bewegungen äussert K. keine bestimmte Meinung.
Augenbewegungen erzielte K. auch constant durch mechanische
und elektrische Reizung des Kleinhirns, ohne einen Einfluss der Stelle
der Kleinhirnverletzung auf die Richtung der Augenbewegung ermitteln
zu können. Die Bewegungen der Augen zeigten sich besonders häufig als
Nystagmus und als Uebergang in die Herrings-Magendie'sche Schiel-
stellung (das eine Auge gegen Kiefer und Nase, das andere gegen
Stirne und Schläfe). Mechanische und elektrische Reizung der vorderen
Vierhügel (letztere bei derselben Stromstärke wie bei Kleinhirnreizung)
erzeugte ebenfalls unumgängliche Augenbewegungen, enthüllte aber keine
gesetzmässige Beziehung einzelner Stellen der Vierhügel zu einzelnen
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Augenbewegungen, wie eine solche nach Adamük bei Hunden besteht.
Nach Abtragung der Vierhügel konnte K. noch diagonale Augen-
bewegungen durch Verletzung der Oblongata, Verschluss der Hirnarterien
u. s. w. erzeugen. Dagegen waren nach dieser Operation die Reflexe
von der Haut auf den Bewegungsapparat des Auges nicht mehr zu
erzielen. K. hält es für wahrscheinlich, dass das Kleinhirn und Theile
des vorderen Vierhügels in besonderer Beziehung zur Innervation der
Augenmuskeln stehen, weil Verletzung dieser Regionen regelmässig zu
sehr ausgeprägten und anhaltenden Augenbewegungen führt. Ein sicherer
Schluss wird durch die Natur der Versuche, welche allenthalben
sensible Erregung ins Spiel bringen, verhindert.
Sigm. Freud (Wien).Ph. Knoll. Ueber die nach Verschluss der Hirnarterien auftretenden
Augenbewegungen (Wiener Akad. Sitzb. III. Abth., Octoberheft, 1886).
Die Resultate seiner an Kaninchen ausgeführten Experimental-
untersuchung fasst der Autor selbst folgendermassen zusammen: 1. Es ist
kein gesetzmässiger Ablauf der bei Hirnanämie auftretenden Augen-
bewegungen festzustellen. Alle äusseren Augenmuskeln können dabei
in mannigfaltiger Combination in Thätigkeit treten. 2. Die Augen-
bewegungen stellen sich dabei zur Zeit der intensivsten Erregung des
vasomotorischen und Athemncentrums ein, sind aber nicht an die Ein-
tritt einer ganz bestimmten Kreislaufs- oder Athmungserscheinung
geknüpft. 3. Vorübergehende Anämisirung des Gehirns hinterlässt
einen Zustand desselben, in welchem es auf Reize leichter durch
Augenbewegungen, insbesondere durch Nystagmus reagirt als sonst.
Schnellreizung und leichte Erregung der Hautnerven ruft unter diesen
Umständen Augenbewegungen, namentlich Zwangstellung, mehrmals
hintereinander erfolgende Zuckungen hervor. Die durch Verschluss
der Hirnarterien ausgelösten Augenbewegungen haben beim Kaninchen,
einem Thier mit getrennten Gesichtsfeldern beider Augen, doch im
Allgemeinen den Charakter associrter Augenbewegungen.
Zur graphischen Verzeichnung der Augenbewegungen bediente
sich der Autor eines von ihm selbst angegebenen Apparates, im
Wesentlichen eines leichten Doppelhebels für jedes Auge, der mit
einem Ende durch eine feine Pincette in die Cornealwölbung eingehakt
wurde, dessen anderes Ende zwei Schreibrohre trug, von denen der eine
die horizontalen, der andere die verticalen Bewegungen des Hebels
zu verzeichnen hatte. Reine Rollungen des Auges um seine Achse,
Vor- und Zurücktreten des Bulbus konnten auf diese Weise nicht
graphisch dargestellt werden. Sigm. Freud (Wien).Zeugung und Entwickelung.
J. Paneth. Zur Frage nach der Natur der Sarcoplasten (Anat. An-
zeiger II, 5, S. 136).
Gegenüber der Ansicht S. Mayer's und Barfurth's, dass die von
Margo entdeckten Sarcoplasten nicht Gebilde seien, welche sich zu
Muskelfasern entwickeln, sondern Zerfallsproducte darstellen, hält Verf.
in Uebereinstimmung mit Margo an der Auffassung fest, dass die
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