Rezension von: Knoll, Ph[ilipp] ›Über die Augenbewegungen bei Reizung einzelner Theile des Großhirns‹ 1887-221/1887
  • S.

    Nr. 8.                                    Centralblatt für Physiologie.                                    189

    bei den wachen, ebenso wie bei den schlafenden Thieren 1:10 betrug.
    Verf. glaubt, dass die obige Differenz des Blutgehalts des Kopfes
    wesentlich auf das Gehirn zu beziehen ist. Es bestände darnach während
    des Schlafes in den meisten Hirntheilen Anämie, wobei nicht aus-
    geschlossen ist, dass einzelne auch im Schlaf noch thätige Theile
    sich im Zustand relativer Congestion befinden.                                                                       Ziehen (Jena).

    Ph. Knoll. Ueber die Augenbewegungen bei Reizung einzelner Theile d s
    Grosshirns (Wiener Akad. Sitzb. XCIV. III. Abth. Octoberheft, 1886).
     

    Es bediente sich Verf. dieser Untersuchung der mechanischen und
    der elektrischen Erregung, liess aber nur den Erfolg der mechanischen
    Reizung als massgebend gelten. Die Augenbewegungen verzeichnete
    er nach der Methode, welche in der Abhandlung „Ueber die nach
    Verschluss der Hirnarterien auftretenden Augenbewegungen“ angegeben
    ist. Bei mechanischer Reizung der am Kamelhaar freigelegten Gross-
    hirnoberfläche beobachtete er nun häufig beiderseits gleichsinnige oder
    entgegengesetzt gerichtete Augenbewegungen, welche aber nicht an
    die Verletzung einer bestimmten Rindensphäre geknüpft waren. Viel-
    mehr muss er diese Augenbewegungen als reflectorische auffassen, da
    sie in allen Fällen in gleicher Weise auch durch schwache Tastreize
    (Anblasen, Streichen mit der Hand) zu erzielen waren. Woran bei
    einem Thiere die mechanische Reizung des Grosshirns nicht im Stande
    war, Augenbewegung auszulösen, so erwiesen sich auch Tastreize
    dafür unwirksam. Schwache Morphiumdosen konnte in vielen Fällen
    diese Reflexe hervorrufen. Elektrische Reizung des Grosshirns erzeugte
    in allen Fällen Augenbewegungen und zwar war der mechanische Reiz
    wirksam war, bei geringerer, wo jener Reiz unwirksam war, erst bei
    erheblicherer Stromstärke. Die Wirkung war auch hier nicht auf bestimmte
    Puncte des Grosshirns beschränkt, war aber von der Region des Partial-
    hirns, welche Ferrier dafür bezeichnet, schon bei geringerer Stromstärke
    (besonders Rollenstant) zu erzielen. Neben den Augenbewegungen
    zeigten sich bei Anwendung des Reizminimums Bewegungen der
    Kaumuskeln und der Ohren.
     

    Die durch schwache elektrische oder durch mechanische Hirn-
    reizung ausgelösten Augenbewegungen bestanden meist in jähem Ueber-
    gang in eine Zwangstellung, aus der die Rückkehr in die Ruhelage
    langsam erfolgte. Die reflectorischen Augenbewegungen nach Haut-
    reizung bestehen auch nach Exstirpation des Grosshirns fort. Ueber
    die Natur der durch stärkere elektrische Hirnreizung erzeugten Augen-
    bewegungen äussert K. keine bestimmte Meinung.
     

    Augenbewegungen erzielte K. auch constant durch mechanische
    und elektrische Reizung des Kleinhirns, ohne einen Einfluss der Stelle
    der Kleinhirnverletzung auf die Richtung der Augenbewegung ermitteln
    zu können. Die Bewegungen der Augen zeigten sich besonders häufig als
    Nystagmus und als Uebergang in die Herrings-Magendie'sche Schiel-
    stellung (das eine Auge gegen Kiefer und Nase, das andere gegen
    Stirne und Schläfe). Mechanische und elektrische Reizung der vorderen
    Vierhügel (letztere bei derselben Stromstärke wie bei Kleinhirnreizung)
    erzeugte ebenfalls unumgängliche Augenbewegungen, enthüllte aber keine
    gesetzmässige Beziehung einzelner Stellen der Vierhügel zu einzelnen
    Centralblatt für Physiologie.                                    16

  • S.

    190                                    Centralblatt für Physiologie.                                    Nr. 8.

    Augenbewegungen, wie eine solche nach Adamük bei Hunden besteht.
    Nach Abtragung der Vierhügel konnte K. noch diagonale Augen-
    bewegungen durch Verletzung der Oblongata, Verschluss der Hirnarterien
    u. s. w. erzeugen. Dagegen waren nach dieser Operation die Reflexe
    von der Haut auf den Bewegungsapparat des Auges nicht mehr zu
    erzielen. K. hält es für wahrscheinlich, dass das Kleinhirn und Theile
    des vorderen Vierhügels in besonderer Beziehung zur Innervation der
    Augenmuskeln stehen, weil Verletzung dieser Regionen regelmässig zu
    sehr ausgeprägten und anhaltenden Augenbewegungen führt. Ein sicherer
    Schluss wird durch die Natur der Versuche, welche allenthalben
    sensible Erregung ins Spiel bringen, verhindert.
                                                                           Sigm. Freud (Wien).

    Ph. Knoll. Ueber die nach Verschluss der Hirnarterien auftretenden
    Augenbewegungen (Wiener Akad. Sitzb. III. Abth., Octoberheft, 1886).
     

    Die Resultate seiner an Kaninchen ausgeführten Experimental-
    untersuchung fasst der Autor selbst folgendermassen zusammen: 1. Es ist
    kein gesetzmässiger Ablauf der bei Hirnanämie auftretenden Augen-
    bewegungen festzustellen. Alle äusseren Augenmuskeln können dabei
    in mannigfaltiger Combination in Thätigkeit treten. 2. Die Augen-
    bewegungen stellen sich dabei zur Zeit der intensivsten Erregung des
    vasomotorischen und Athemncentrums ein, sind aber nicht an die Ein-
    tritt einer ganz bestimmten Kreislaufs- oder Athmungserscheinung
    geknüpft. 3. Vorübergehende Anämisirung des Gehirns hinterlässt
    einen Zustand desselben, in welchem es auf Reize leichter durch
    Augenbewegungen, insbesondere durch Nystagmus reagirt als sonst.
    Schnellreizung und leichte Erregung der Hautnerven ruft unter diesen
    Umständen Augenbewegungen, namentlich Zwangstellung, mehrmals
    hintereinander erfolgende Zuckungen hervor. Die durch Verschluss
    der Hirnarterien ausgelösten Augenbewegungen haben beim Kaninchen,
    einem Thier mit getrennten Gesichtsfeldern beider Augen, doch im
    Allgemeinen den Charakter associrter Augenbewegungen.
    Zur graphischen Verzeichnung der Augenbewegungen bediente
    sich der Autor eines von ihm selbst angegebenen Apparates, im
    Wesentlichen eines leichten Doppelhebels für jedes Auge, der mit
    einem Ende durch eine feine Pincette in die Cornealwölbung eingehakt
    wurde, dessen anderes Ende zwei Schreibrohre trug, von denen der eine
    die horizontalen, der andere die verticalen Bewegungen des Hebels
    zu verzeichnen hatte. Reine Rollungen des Auges um seine Achse,
    Vor- und Zurücktreten des Bulbus konnten auf diese Weise nicht
    graphisch dargestellt werden.                                                                       Sigm. Freud (Wien).

     

    Zeugung und Entwickelung.

     

    J. Paneth. Zur Frage nach der Natur der Sarcoplasten (Anat. An-
    zeiger II, 5, S. 136).
     

    Gegenüber der Ansicht S. Mayer's und Barfurth's, dass die von
    Margo entdeckten Sarcoplasten nicht Gebilde seien, welche sich zu
    Muskelfasern entwickeln, sondern Zerfallsproducte darstellen, hält Verf.
    in Uebereinstimmung mit Margo an der Auffassung fest, dass die