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252 Centralblatt für Physiologie. Nr. 11.
Leube. Ueber Herderkrankungen im Gehirnschenkel in der Gegend
des hinteren Vierhügelpaares (Deutsches Arch. f. kl. Med. XL, 2, S. 217).
L. analysirt einen eigenthümlichen Symptomencomplex, der
ihm gestattete, bei Lebzeiten die Diagnose auf Herderkrankung in
der oben genannten Localität zu stellen. Bei einer 50jährigen Kranken
fanden sich, von Allgemeinerscheinungen abgesehen, Parese der linken
Extremitäten mit Anästhesie derselben (bei Freibleiben der Zunge und
des Facialis), Steigerung der linksseitigen Sehnenreflexe, rechtsseitige
Paresis und zu Ausgang der Krankheit Erweitung der rechten Pupille.
Die beiden letzteren Symptome wiesen auf die Vierhügelgegend hin;
die Betheiligung blos einzelner Aeste des N. oculomotorius liess eine
Schädigung des Nerven an der Gehirnbasis ausschliessen. Interessant
ist die Art und Weise der Schädigung der langen Körperbahn. Die
Extremitäten erscheinen paretisch, die Gesichtsmuskeln aber frei, da-
gegen ist die motorische Störung der Extremitäten mit Anästhesie
verbunden. Die Anordnung der Fasern, ihrer langen, zum Gehirn
führenden Bahnen, scheint also in der Vierhügelgegend eine andere
zu sein als in der inneren Kapsel. In letzterer sind die Fasern besser
nach der Function geschieden (motorisch-sensibel), so dass eine Läsion
in der Regel eine vollständige motorische, oder sensorische, oder
gemischte Hemiparese erzeugen muss. In der Vierhügelregion scheinen
die motorischen Fasern desselben Körperteils den sensiblen näher zu
liegen, so dass gemischte, aber unvollständige Hemiparesen zu Stande
kommen können. Dieses Verhältniss ist anatomisch durch die Nahe-
lagerung der Schleife (welche die sensiblen Fasern führt) an die
Pyramidenbahn (welche die klinisch als rein motorisch betrachtet
müssen) begründet. — In L.'s Falle fanden sich mehrere hämorrhagische
Herde, welche in der Kernregion des N. oculomotorius und in der
Schleifenschichte sassen. Ausserdem war die Gl. pinealis, welche L.
mit Unrecht als nicht nervöser Natur hinstellt, vergrössert und verkalkt.
Sigm. Freud (Wien).
bsb11549788
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