Rezension von: Obersteiner, Heinrich ›Der Hypnotismus mit besonderer Berücksichtigung seiner klinischen und forensischen Bedeutung‹ 1888-204/1888
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    Physiologische Psychologie.    
    Oberstainer. De Hypnotismus mit besonderer Berilcksichtigung seiner    
    klinischen und forensischen Bedeutung (Klinische Zeit- und Streit-    
    fragen, Wien 1887).    
    Die 80 Seiten starke Schrift stellt sich die Aufgabe, in möglichster    
    Kürze den Standpunkt zu charakterisiren, auf welchen die Lehre rom    

     

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    Nr. 23.    Centralblatt für Physiologie.    633    
    Hypnotismus durch die Untersuchungen der letzten Jahre gebracht    
    worden ist und daraus für den Arzt die Nothwendigkeit abzuleiten,    
    sieh mit diesem Gegenstande niher vertraut zu maclhen. Auf Grund    
    reichster Literaturkenntniss und eigener Erfahrung bellandelt O. die    
    Methode zur Herbeiführung der Hypn0se, die Erscheinungen wührend    
    der Hypnose auf dem Gebiete der Motilität, der Sensihilitit, in der    
    vegetativen Sphäre und die physische Phänomene, sowie die That-    
    sacben und Probleme, die sich an die sogenannte ,Suggestion" knüpfen,    
    ferner die therapeutisehe Verwendung der Hypnose, welche zu einer    
    ansehnlichen Rolle in der 'Therapie der Neurosen berufen scheint, und    
    die forensisehe Bedeutung der hypnotischen Zustünde. Besonders her-    
    vorzuheben ist der wissenschaftlich correcte Standpunkt les Autors,    
    der sorgtiltüg vermeidet, als unmöglich oder als 0genhatt zurûckzu-    
    weisen, was über_den Kreis seiner eigenen Erfahrungen hinausgeht    
    und jedesmal die Frage nach der Wahrheit einer helhaupteten, noch    
    als wunderbar erscheinenden Thatsache von. der Frage nach ihrer Er-    
    klärbarkeit durch unsere gegenwirtigen physiologischen Anschauungen    
    trennt. n Betreffder Beeinffussung des Nervensystems iureh den    
    Magneten vertritt 0. den Standpunkt, dass ein ,magnetischer Sinn"    
    lem Mensclhen zuzusprechen sei, dessen Empfindungen in der Norm    
    unter dem Schwellenwerthe bleiben, unter krankhaften Verhältnissen    
    (Hypnose, Hysterie) denselben aber übersteigen. Eine, wie dem Ref.    
    seheint, unzutreffende Bemerkung macht ). über die berühmıten Ver-    
    suche von Babinski bei Charcot, in welchen eine Suggestion von    
    einer hypnotisirten Person auf eine andere durch V'ermittelung eines    
    agneten übertragen wird. Wenn man aunehmen müsse, dass ein    
    Magnet unter Umständen auf einen Menschen einwirkt, so dürfe es    
    nicht als absonderlich erscheinen, wenn dieser Menseh wieder einen    
    weiten    beeindusst, so wie ein magnetisirtes weiches Eisenstück die    
    Higenschaft erhilt, ein zweites anzuziehen. Diese Analogie verringert    
    nämlich nicht die Wunderbarkeit der Thatsache, da»s ein Nerven-    
    system durch andere Mittel als dureh die uns bekannten sinnlichen    
    Wahrnehmungen ein anderes Nervensystem beeinftussen kann. Man    Man    
    muss vielmehr zugeben,_dass eine Bestütigung dieser Versuche unserer    
    Weltanschauung etwas Neues, bisher nicht Anerkanntes hinzufügen und    
    gleichsam die (irenzen der Persönlichkeit hinausrücken wiürde.    
    Sigm. Freud (Wien).