Rezension von: ›Übertragung der Tuberkulose‹ 1885-273/1885
S.

69. Uebertragung der Tuberkulose.

(Allgemeine med. Central-Zeit. Nr. 53, 1885.)

F e r n e t (Progrès méd. 26. Dez. 1885) gelangt auf Grund sorgfältig gesammelter
Thatsachen zu folgenden Schlüssen:

1. Die Genitaltuberkulose kann Folge einer direkten Ansteckung durch
geschlechtlichen Verkehr sein.

2. Schmerzlos verlaufende Blennorrhagie und Leukorrhöe sind verdächtig
und auf Bacillen zu untersuchen.

3. Geschlechtlicher Verkehr von Ehegatten, deren einer tuberkulös ist,
ist gefährlich.

4. Die Genitaltuberkulose kann Quelle einer allgemeinen sekundären
Infektion sein und muss energisch behandelt werden.
Nach V a l l i n (Journ. des soc. scient. Nr. 3, 1885) sind gewisse Erosionen
am Collum uteri vielleicht erweichte tuberkulöse [1478] Granulationen
und durch das Utero-Vaginalsekret solcher Frauen kann eine Uebertragung
stattfinden.

Ein kräftiger junger Mann acquirirte ein Ulcus molle mit nachfolgenden
Bubonen von einer Frau, mit welcher er nicht zusammen lebt. Abmagerung,
Phthisis, Tod nach 4–5 Monaten. Zur gleichen Zeit wird die Frau von einer
heftigen Hämorrhagie befallen und stirbt nach 2 Monaten an Phthisis.

Thierversuche mit tuberkulosem Sputum (S i r e n a u. P e r n i c e ,
Gaz. degli ospitali Nr. 25, 1885) ergaben ein negatives Resultat, wenn das
bacillenhältige Sputum den Thieren in die Luftwege gebracht wurde. Dasselbe
Sputum aber erzeugte, in die Bauchhöhle von Meerschweinchen gespritzt,
allgemeine Tuberkulose.