Zur Kritik der „Angstneurose“ (Fortsetzung) 1895-006/1895.2
  • S.

    Nr 28.
    Aussenseite beweist. Sehr leicht kommt die Luxotion bei
    schon früher bedeutend protrndirten Augäpfeln zu Stande,
    wie es bei der Graves'schen Krankheit beobachtet und von
    Pain beschrieben wurde. In solchen Fällen lässt sich die
    Reposition auch sehr leicht ausführen.

    Ausser diesen und ähnlichen iranmatischen Wirkungen
    wurde die I‚uxatinn in zwei Weiter unten angeführten Fällen
    bei der Geburt durch den Druck der Zange auf die Seiten-
    theile des kindlichen Kopfes beobachtet. So viel über die
    Aetiologie,

    Was die Diagnose betritl't, so sind in unserem Falle und
    anderen analogen gewiss keine Schwierigkeiten aufgelreten.
    Zuweilen kann die Diagnose auch ziveifelhai't werden, Wie es
    ausser einer Beobachtung von Lan genheck, die später an-
    geführt wird, hauptsächlich der Fall von Graei'e beweist,
    in welchem bei einem 24jährigen Mann nach einem Schlag
    mit einem Stück llolz Luxatlon des Bulbus mit Amaurose
    entstanden isL Mit Rücksicht darauf diagnosticirte selbst
    Grael'e eine Avulslo bulbi. Später entstand durch Vereite-
    r|mg Phthisis bulhi und der Kranke wurde entlassen

    Nach einem Jahre kam der Kranke zurück mit einem
    wallnussgrossen, aus der Augenhohlo prominirenden Tumor,
    auf dessen Ende der phthlsiscln‘ Bulbus hervorragte Es war
    hier ein intruorlntn.les Melanosarcom im Spielc, welches vor-
    erst einen Exophthalmus verursachte. Der Kranke ging nach
    Exstirpation des Tumors an Metastasen zu Grunde.

    Der ophthallnoskopische Befund war in Fällen, welche
    in dieser Richtung untersucht werden sind, wie in unserem
    Falle negativ.

    Die Atrephia N. optici, welche vorerst im Blasswerden
    der temperalcn Hälfte der Papille sich tinssert, pflegt sich
    erst nach verhältnissmässig längerer Zeit, selbst wenn der
    N. options zerrissen wurde, einmstellen: bei Continuitäts-
    trennung knapp am Bullius, beschreiben manche Autoren eine
    eigenthümliche 'l‘riibnng der lletina und Verschwommenscin
    dcr Gchissc. Diese Verhältnisse beweisen klar, dass die Diagnose
    auf Läsion oder lntactheit des N. opticus erst im weiteren
    Verlaufe des Prozesses zu stellen ist. Kehrt dann die Licht-
    empiindung wenigstens einigermassen zurück, so kann ge—
    schlossen werden, dass die Masse der Nervenfasern keine
    Läsion erlitten hat und dass vielmehr nur durch blosse Er-
    schütternng oder durch (Zimpression durch ein Exsudat die
    Leitung beeinträchtigt wurde.

    (Schluu hilgt.)

    Zur Kritik der „Angstneurose“.
    Von
    Dr. Sign. Proud.
    (Fulllfllxung!)

    “'enn mir Jemand nachweisen will, dass ich in vor—
    stehender Betrachtung die Bedeutung der banalen ätitilogi»
    schen Momente ungehiihrlich zurückgesetzt habe, so muss er
    mirBeohachtnngen entgegcnhaltcn, in denen mein specifisches
    Moment vermisst wird, also Fälle von Entstehung der Angst-
    neurose nach psychischem Shock bei (im Ganzen) normaler
    Vita sexualis. Marl urtheile nun, ob der Fall von Löwen—
    feld diese Bedingung erfüllt. Mein geehrter Gegner hat sich
    diese Anforderung otlenbar nicht klar gemacht, sonst würde er
    uns über die Vita Sexualis seiner Patientin nicht so v lig im
    llnklaren lassen. Ich will es bei ‚ ile lassen, dass der Fall
    der 30jiihrigen Dame clienhar mit einer H_sierie colnplic'lrt
    ist, an deren psychischer Ableilliarkeit ich um u-crngsleu
    zweifle; ich gebe d|e Augstneurose neben dieser Hysterie natüp
    lich ohne Einspruch zu. Aber ehe ich einen Fall für oder
    gegen die Lehre von der sexuellen Aetiologie der Nt‘uroscn
    verwerthe, muss ich das sexuelle Verhalten der Patientin eine
    gehender als Lüwenl'eld hier studirt haben. Ich werde

    ') Siehe Wiener klinische nundsehnu ist .

    Wiener klinische Rundschau 1595

    mich nicht mit dem Schlusse begnügen: da die Dame zur Zeit
    des psychischen Shocks kurz noch einer Entbindung war,
    dürfte der Coitus interruptus iin letzten Jahr keine Rolle ge-
    spielt huben und somit sexuelle Noxcn hier entfallen. Ich
    kenne Fälle von Augslnnurose bei jiihrlieh wiederholter Grit-
    vidität, weil (unglaublicher Weise) von dem befruchtenden
    Cnitus an jeder Verkehr eingestelltwurtlß, so dass die kinder—
    relche Frau all‘ die Jahre über an Enibehrung litt. Es "ist
    keinem Arzte unbekannt, dass Frauen von sehr wenig |iotenten
    Männern eoncipiren, die nicht im Stande sind, ihnen fle-
    l'riedigung zu verschaffen, und endlich gibt es, womit gerade
    die Vertreter der Hemditlttsiltiologie rechnen sollten, Frauen
    genug; die mit einer oongenitalen Angstneurose behaftet sind,
    d. h. die eine solche Vita Sexualis mitbringen, respective ohne
    nachweisbare äussere Störung entwickeln, wie man sie sonst
    durch Coitus interruptus und ähnliche Noxen erwirbt. Bei einer
    Anzahl dieser Frauen kann man eine hysterische Erkrankung
    tler Jugeutüahre eruiren, seit welcher die Vita sexuelle gestört
    und eine Ablenkung der Sexualspannung om Psychischen
    hergestellt ist Frauen mit solcher Sexualität sind einer wirk-
    lichen Befriedigung selbst durch normalen Coitus unfähig und
    entwickeln Angstneurose entweder spontan oder nach dem
    Zutritt weiterer wirksamer Momente, Was von alledem mag
    in dem Falle Lowenfeld‘s vorgelegen haben? loh weiss
    es nicht, aber ich wiederhole, gegen mich beweisentl ist
    dieser Fall nur, wenn die Dame, die auf einmaligen Schreck
    mit einer Angstueurose antwortete, sich vorher einer normalen
    Vita sexuelts erfreut haL

    Wir können unmöglich ätiologlsche Forschungen aus der
    Anamnese betreiben, wenn wir die Anamnese so hinnehmen,
    wie der Kranke sie gibt, oder uns mit dein hegniigen, was
    er uns preisgeben will. Wenn die Syphilodologen die Zurück-
    ftihrung einen Initialatfectes an den Genitalien auf sexuellen
    Verkehr noch von der Aussage des Patienten abhängen liessen,
    würden sie eine ganz stattliche Anzahl ron Chanch bei an-
    geblich virginalen Individuen iron Erkältung herlelten können,
    und die Gynäkologe Binden kaum Schwierigkeiten, das Wunder
    der Parlhenogenesis an ihren unverheiratetcn Clienlinnen zu
    bus tigen. Ich holte, es wird dereinst durchdringen dass
    auch die Neuropathologen bei der Erhebung der Anamnese
    grosser Neuroseu von ähnlichen ätiolngischen Vorurlheilon aus—
    gehen dürfen.

    2. Ferner sagt Lowenl‘eld. er habe wiederholtAngst»
    Zustände auftauchen und verschwinden gesehen. \WJ eine
    Aenderung iin sexuellen Leben sicher nicht statthzitte, dagegen
    andere Factoreu im Spiele waren.

    Ganz dieselbe Erfahrung habe ich auch gemacht, ohne
    dass sie mich bein't hätte. Auch ich habe die Angstzufu‘lle durch
    psychische Behandlung, Allgemeinbessenlng u.dgl. zum Schwin-
    den gebracht. Ich habe natürlich daraus nicht geschlossen, das.
    der Mangel an Behandlung die Ursache der Angstanr.ile war.
    Nicht etwa, dass ich Löweni'eld einen derartigen Schluss
    unterschiebcn wollte; ich will mit obiger schcrzhaiter Be—
    merkung nur zindeulcn, dass die Sachlage leicht cnm|ilißil't
    genug sem kann, um den Einwand von Löwcnieltl völlig
    zu entwerthcn. Ich habe es nicht schwer gefunden, die hier
    vorgebrachle Thatsache mit der Behauptung der spocilischcn
    Aetiologic der Angstncnrcse zu vereinigen. ‚iinn u—inl mir
    gerne zugestelien. dass es üti0l<igi5qh wtrksame Momente gibt,
    die, um ihre Wirkung zu titten, in einer gewissen lnlensitllt
    (oder Quantität) und über einen gewissen Zeitraum wirken
    mussen, die, sich also summiren; die Alkohnlwirkung ist ein
    Vorbild für solche Verursachuug durch Sum|nntmn. Demnath
    wird es einen Zeitraum geben dürfen, in dem die specifisclle
    Aetiolngie in ihrer Arbeit begriffen, aber deren Wirkung noch
    nicht. manifest ist. Während solcher Zeit ist die Person nach
    nicht krank, aber sie ist zur besliilllnten Erkrankung, in un-
    sel'eni Falle zur Angstneurose, disponirt, und nun wird der
    Zutritt einer banalen Nuxe die Ncnrcse nusltlsun k0llllon,
    gerade so wie eine weitere Steigerung in der Einwirkung der
    specifischcn Noxe. Man kann dies auch so ausdrth cu: cs

     

  • S.

    436

    Wiener klinische Rundschau 1895.

    Nr. 28.

    reicht rlieht hin, dass das specifisohe ittiologische Moment
    vorhanden ist, es muss auch ein bestimmtes Mass davon voll
    werden, und bei der Erreichung dieser Grenze kann eine
    Quantität specilischer Noxe durch einen Betrag bhnaler Schäd-
    lichkelt ersetzt werden. Wird letzterer wieder weggenomrnen,
    so befindet man sich unterhalb einer Schwelle; die Krankheits-
    erscheinungen treten wieder zurück, Die ganze Theraple der
    Neurosen beruht darauf, dass man die Gesammtbelastung des
    Nervensystems, welcher dieses erliegt, durch sehr verschieden-
    nrtige Beeinflussungen der ätlclogischen Mischung unter die
    Schwelle bringen kunt]. Auf Fehlen oder Existenz einer 511%
    cifischen Aetiulogie ist uns diesen Verhältnissen kein Schluss
    zu ziehen.

    Das sirld doch gewiss einn’urfsfreie und gesicherte Er-
    wägungcn. Wein sie noch nicht genügen, der möge folgendes
    Argument auf sich wirken lassen. Nach der Ansicht Ltlwcn-
    feld ‘s und so vieler Anderer ist in der Heredititt die Aetinlogie
    der Angstzustände. Die Hemdtlitl ist nun gewiss einer Aen-
    tlerung entzogen; wenn Angstncuruse durch Behandlung ge-
    heilt wird, sollte man nun mit L Ö w en [c ld schliessen dürfen,
    dass die Hercditiit nicht die Actiologie enthalten kann.

    Uebrigens, ich hätte mir die Vertheidigung gegen die
    beiden angeführten Einwändc von Lüwenfeld ersparen
    können, wenn mein geehrter Gegner meiner Arbeit selbst
    grössere Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Die beiden Ein»
    Wendungen sind in meiner Arbeit selbst vorgesehen und be-
    antwortet (_p. 59 lt); ich kannte die Ausführungen von dort
    hier nur wiederholen, ich habe mit Absicht selbst die nämlichen
    Krankheitsfälle hier neuerdings analysirt. Auch die ätialngisr-‚lieu
    Formeln, auf die ich eben vorhin Werth legte, sind im Texte
    meiner Abhandlung enthalten. Ich will sie hier nochmals
    wiederholen Ich behaupte‘ Es gibt für die Angstneurnse
    ein specifisches ätlologisches Moment, welches
    in seiner Wirkung von banalen Schädlichkeiten
    zwar quantitativ vertreten. aber nicht quali-
    tativ ersetzt werden kann. Ferner: Dieses speci-
    fischelldoment bestimmt VurAilem dieForm der
    Neurose; ob eine neurotische Erkrankung überhaupt
    zu Stande kommt, hängt von der Gesammt-
    belastung des Nervensystems (im Verhältniss
    zu dessen Tragfähigkeit) ab. In der Regel sind die,
    Neumsen überdeterminirt, d. h. es wirken in "nur
    Aetrolugie mehrere Factor-eu zusammen.

    3. Um die Widerlegung der nürhsn-n Bemerkungen
    Litwenfeld‘s brauche ich mich weniger zu bemühen, da
    dieselben einerseits meiner Lehre wenig anhaben, andererseits
    Schwierigkeiten hervorheben, die ich als vorhanden anerkenne.
    I.Gwenield sagt; -Die Frend‘sche Theorie ist aber ganz
    und gar ungenügend, das Auftreten und Ausbleiben der Angst-
    unfiille im Einzelnen zu erklären. Wenn die Angslzusuinde‚
    i. e. die Erscheinungen der Angstnetlrose, lediglich durch sub—
    corticalc Aufspcieherung der somatisclren Sexualerregung und
    ahnurme Verwendung derselben zu Stande kommen würde,
    so musste Jeder mit Angstzuständen Ilehaltete, so lange keine
    Aenderungen in seinem sexuellen Leben eintreten, von Zeit
    zu Zeit einen Angstanfall haben, wie der Epileptischc seinen
    Anfall von grand und petit mal haL Dies ist aber, wie die
    alltägliche Erfahrung zeigt, durchaus nicht der Fall. Die -'lngst-
    anfalle treten Weit überwiegend nur bei bestimmten Anlässen
    ein; wenn der Patient diese meldet oder durch irgend eine
    Vorkehrung deren Einfluss zu paralysiren weiss, so bleibt er
    von Angstanfiillcn verschont, er mag dem Congressus inter-
    ntptus oder derdlistruenz andauernd huldigen oder sich einer
    normalen Vita scxualis erfreuen.»

    Darüber ist nun sehr viel zu sagen. Zunächst, dass
    I.liwenleld meiner Theorie eine Folgemng aufnlithigt, die
    sw nicht zu acceptiren braucht, Dass es bei der Aufspcir‘hr-
    rung der som schon‚5cxualerrcgung so zugeben müsse, wie
    hei «ler Allhhul'ung des Holzes zum epileptlschen Kranipl', ist
    eine allzu detaillirte Aufstellung, zu welcher ich keinen Anlass
    gngrbrn hallo, und ist nicht die cin2lge, die sich dnrlrietut. Ich

    brauche nur anzunehmen, dass das Nervensystem ein gewisses
    Mass von somatisohev Sexualerregung‚ auch wenn diese von
    ihrem Ziel abgelenkt sei. zu bewältigen verlnüge, und dass
    Störungen nur dann entstehen, wenn das Quantum dieser
    Erregung eine plötzliche Steigerung erfährt, und die Anforde-
    rung Lowenfeld’s wäre beseitigt. Ich habe mich nicht
    getraut, meine Theorie nach dieser Richtung hin auszubauen,
    hauptsächlich darum, weil ich keine slcheren Stützpunkte auf
    dem Wege dahin zu finden erwartete. Ich will blos andeuuen,
    dass wir uns die Production von Sexualspannung nicht un-
    abhängig von ihrer Veransgabung vorstellen dürfen, dass im
    normalen Sexualleben diese Production bei Anregung durch
    das Sexualobject sich wesentlich unders gestaltet als bei
    psychischer Ruhe u. dgl.

    Zuzugcben ist. dass die Verhältnisse hier wohl anders
    liegen als bei epileptischcr Kraillpfneigung, und dnss sie
    aus der Theorie der Aulspeicherung sornutiscller Sexualerregung
    noch lllcht lin Zusuunnenhimgc nbzuleiten sind.

    Der weiteren Behauptung L o we n fcl (PS, das die Angst-
    zuslitntlu nur bei gewissen Anlässen auftreten, bei deren Ver—
    meidung sie ausbleibcn, gleichglltig, welches die Vita. sexualis
    dcs Betreh'enden sein mag, ist entgegcnzuhalten, dass Löwen-
    feld hierbei ollellbar nur dic Angst dcr Phobien im Auge
    hat, wie auch die an die citirle Stelle gekni'lpften Beispiele
    zeigen. Von den spontanen Angstnnl‘tillen, deren Inhalt
    Schwindel, Herzklnpfen, Athernnoth, Zittern, Schweiss u. dgl.
    ist, spricht er gar nicht. Das Auftreten und Ausbleiben dieser
    Angstanfiille zu erklären, scheint meine Theorie aber keines-
    wegs unttichtig. In ciner ganzen Reihe solcher Fälle von
    Angstneurose ergibt sich nämlich wirklich der Anschein
    einer Pcrindicitirt des Auftretens von Angstzustlinden ähnlich
    der bei Epilepsie beobachteten, nur dass hier der Mechanis-
    mus dieser Periodicitlit durchsichtiger wird. Bei näherer Er-
    forschung findet man nämlich mit grosser Regelmässigkclt
    einen aufregenden sexuellen Vorgang auf (d. b. einen solchen,
    der im Stande st, somalische Sexualspannung zu entbinden),
    an Welchen si mit Einhaltung eines bestimmten, oft ganz
    consuanten Zeitintervalles tier Angstanfall anschließt. Diese
    Rolle spielen hei ;rhstinenten Frauen die menstruale Erregung,
    die gleichfalls periodisch wiederkehrenden nächtlichen Pollu«
    tionen, vor allem der (in seiner Unvoll tändigkeit schädliche)
    sexuelle Verkehr selbst, der diesen samen Wirkungen, den
    Angstanfällen, die eigene Periodicität überträgt. Kommen
    Angsianl‘u'lle, welche die gewohnte Periodiciutt durchbrecheu,
    so gelingt ist zumeist, 'e auf eine tielegenheitsursache von
    scilenerem und unregelmussigem Vorkommen zurückzuführen,
    ein vereinzelles sexuellcs Erlebniss, Lecture, Schunslellung
    u. dgl. Das Intervall, das ich erwähnt habe, betragt einige
    Stunden bis zu zwei Tagen; es ist. dasselbe, mit welchem
    bei anderen Personen auf dieselben Verfilmungen hin die
    bekannte Senlalmigrn'ne auftritt, die ihn sicheren Beziehungen
    zum Symptomencolnplex tler .'tngstneumse haL

    Daneben gibt es reichlich Fälle, in denen der einzelne
    ‚\ngstzustand durch das llinzutreten eines bannlen Monicutes,
    durch Aufregung beliebiger Art.provocirt wird. Es gibt also ftir d’
    Aetiologie des einzelnen Angstanfallee dieselbe Vertretung me
    fur dir. \’erursnchung der gesamlnten Neurose. Dass die Angst
    der Phobien anderen Bedingungen folgt, ist nicht sehr ver-
    uulnderllch: die Phobien haben ein complieirtcres Gefüge als
    die einfach solnutischcn Aligslnntälle. Bei ihnen ist die Angst
    mit einem bestimmten Vorstellungs- oder Wahrnehmungs-
    inhalt verknüpft, und die hru-eekuug dieses psychischen ln-
    llnltes ist die Hauptbedingung für dus Aultrelen dieser AngsL
    Die Angst Wird dann tanbundem, ähnlich wie z. B. die
    Sexualspnnnung durch die Erwuckung libldinoser Vorstellungen;
    aber dieser Vorgang ist allerdings in seinem Zusammenhang
    mit der Theorie der Angslncurose noch nicht aufgeklärt.

    Ich sehe nicht ein, weshalb ich streben sollte, Lücken
    und Schwächen meiner Theorie zu verbergen. Die Hauptsache
    an dem Problem der Phobien scheint mlr zu sein, dass
    Phobien bei normaler Vita sexualis — d. i. bei

     

  • S.

    Nr. 28.

    Nichterfüllung der specifisehen Bedingung von Sun-ung der
    Vita sexualis im Sinne einer Ablenkung des Soniatischcn vom
    Psychischeu ‚ überhaupt nicht zu Stande kommen.
    Mag sonst am Mechanismus der Phobien noch so Vieles dunkel
    sein, meine Lehre ist erst derlegi, wenn man mir Phobien
    bei normaler Vito sexualis oder selbst bei nicht specifisch
    bestimmter Störung derselben nuchweist.

    (Schluß folgt.)

    lin tler lit'i‘hrilriiliiii illill'lllll [Illilt das llolntln Phil. ‘Elnli ln Png.

    Ein Beitrag zur Cusnistik der Mediustlnnl-
    tumoren.
    Von
    Dr. Franz lin-nik, Seeuntlürurzt.
    (Einfluss-)

    Kehren wir nun zu der Diagnose zurück Beim Deuten
    eines Falles untersuchen wir ein Organ nach dem anderen
    und wenn wir im Besitze des Gesammibildes sind, so ver»
    gleichen wir dasselbe mit dem von bekannten pathologischen
    Zuständen; nicht ohne Einfluss bleibt dabei auf unsere ende
    giitige Diagnose, die Demonstration von Fällen, Abbildungen
    von Kranken und ihre Beschreibung, bei denen die Krankheit
    typisch auftritt. Darin liegt der Schwerpunkt tler Cssuistik,
    Aus diesem Grunde wollen w" aus der neueren Literatur
    einige unserem Falle ähnlichel‘ e Einführen, welche überdies
    dadurch interessant sind, dass ihre Einzelnheiton zur Ergänzung
    des Gosammtbildes der Mediastinalgeschu'ülste dienen können:

    In hohem Grade interessant in diusnr Richtung sind die von
    Curschinann und Besnnqon publinirtan Fülle. In der Bilder—
    sammlung der Leipzignr Klinik befindet sich din Abbildung und
    Beschreibung des von i: nrnnh rnnnn beobachteten 41 jährigen
    Kerkennnistura, der mit einem Camian des vorderen Madiaslinum
    behaftet war. Die vom Mediastinuni zur “'irhslsäule ausntnhlem
    den Schmerzen man die unten Symphnnn der Krankheit.
    Späler int Pmese des Stimmhsndes auf. welche Cnriiehinnnn
    aul den Druck nut den linken Roeurrurls von Seite der Tumors zurück—
    mim. Auch der Plaxua bmhinlin war von einer earcinamutös m‚
    fillrirten Dn'isn mprinriri.

    Letztere Complinlion war die Ursache nouralgisclter an+
    slruhlunder Sehrnerun und Zucknngen in der obemn Gliedmassß
    nnd fihrre später eine complete Plrese der Extremität herbst. An
    der vordurnn unteren Hulstläche, dann an den oberen Thorax»
    partien nur ein dichtes venöm Netz zu hrnrnrlrnn, welches mit
    den ud maximum erweiterten Venen unter dem Schlüsselhein am
    Ober— und Vorden.mie zusammenhing

    Dies erklärt der Autor durch eine Staullng in der oberen
    thluna. Die Stamm; hltte Inch im Gesichte und in der Gegend der
    Schilddrüse eine nurnhul'te Schwellung zur Folge. Din Ding'nose
    wurde durch die Section veriiicirl Der Tumor ging von der innen»
    fläche des Mauutminrl rterni nur.

    Besuneon huabmhtetu ein mediastina.les Carcinom bei
    einer 78jährigen Frau. bei der die Geschwulst den rechten Bron»
    chus perforirtß und in den oberen Partien dns vorderen Mediastinum
    sich entwickelt». Die Mediantinallymphdrllsen waren sehr vergröser
    Nenii phreniei und Nervus reeurrens blieben intiwt‚ der rechte Brust—
    lellsuok beherbergte einen Litsr hämorrhagischen Exsuclates und das
    parietsle ill-it wur van linsengrossen Knfitehen durchsetzt. Im
    Oberlappeu besland pneumonische Infiltration im lleputisations—
    stxdium.

    Ein lehrreiches Beispiel eines mit rechtsseillger Fleuritis
    complicirlen Mediustinnltuinors führt Leul:ie an:

    Das Hervorsteehende dieses Falles bestand darin. dass man
    durch Percussion dus Wnclistlluui der Neubildung verfolgen kannte
    und dass der Tumor schliesslich uns der Brustllühle in die Fuss:
    jugulnris wueherte und somit dem Tastsinn zugänglich wurde.

    35 Siehe Wiener klinische Rundschau uns, Nr. 27.

    Wiener klinische Rundschau 1895.

    _»ffi _ " 437

    hni dem 22jlt.hrlgeu‚ von Kurzuthinigkeit. Ilenpslpitntiuncn
    geplugten Patienten traten npilter Schlingbesehwerdon und Aphnnin nut.

    Der obere Theil der Sternumr wir hier aufilllend vorge-
    wöllit und die oberflächlichen Venen der oberen rechten Brusthtli'to
    hadeutend erweitert und geschliugelt. Gyno-e und Oudem der Ge-
    richten an der ruchteu Seite und der rechten Hund rind auch in
    diesem Falle zu Entwickeln“; gekommen, Vor dem Tode wurde
    in der Höhe den dritten intercost.alruumee ein rtenotirchu Brom
    ehlnlgsrttnreh hörbar. Bei der Section lnnd man diese Symptome
    erklärt durch die Entwickelung einer enormen Medilstinlllarcoms
    rnrwlagend der Nchten Seite mit Comprenion der Trnchen. Die
    Vena nnnnytnn dem. wur von der Neubildung volhuindig‚ die
    rechts Lunge in hohom Grade comprlm'rt.

    _ Während des Lebens diagnosti rte auch L‘ltteu einen
    m]edlastinalen Tumor bei einem 20j rigen Menue. Hier ent—
    wickelte sich ausser sehr deutlichen, auf eine Beengung der
    oberen llohlvene hinweisenden Symptomen (Cyanose, Oedem‚
    Venemlilamtinn) auch lltl.lnßfl‘ll’dgl50llc Dlutliese. An der Stelle,
    wo behul's Aspiration des plcurliischen Exsudates die Thorax»—
    centese ausgeführt wurde, kamen Sugillationeir zum Ver-
    schein. Das Blut nahm leuktirnischen Chunkler an. Bei der
    Section fand man ein grosses kleinzelliges Sax-com.

    Die hier angeführten Beispiele bctrafen alle Tumoan
    des lvon:leren Mediastinums, Als Beispiel eines vom hinteren
    lilcdmstinum ausgehenden Tumors sei noch der von Hammer
    publicirte Fall erwähnt: '

    Der Patient war 49 Jahre alt und er wurd.) sine Stone»
    des linkrn anchui diagnosticirt‚ Bei der Section entdeckte man
    in der Höhe des eratnn Bruhtwi‘rheln im hinteren Medlnrtinum eine
    kluiiiiuustgrasle Gerehwulst. welche dicht vor den) Brustwirtiol-
    körper ing und nah vorne wucllernd, die hinlere Trachenlwnnd in
    der Huhu der Bifurntion periorlrtu Der linke Bronchus war etwas
    mehr wie der rechts um (ihr Nsubildirng ausgefüllt Von der
    Wirbelsäule liess sich der hbclrerige Tumor leicht nblosnn und an
    seinem Durchschnitt kamen mehrere huselnnragmsse Knoten sum
    Vom-heiu, welche nichts underes waren lilr die von der Neubildung
    infiltrirten L‚rnphdriiren Mikroskopisch wurde ein alroulam gm.-
    zelliges Snrcoin diagnostieirt.

    Verwerthen wir nun die einzelnen in unserem Falle be-
    obachteten Symptome. Die vor und während der ganzen
    Dauer der Krankheit bestehende Apyrexie sprach gegen eine
    einfache PIeuritis Gegen die letztere sprach weiters auch der
    schletchende Beginn der Erkrankung und der vollständige
    Mangel pleuritischer Schmerzen. Auch der Umstand, dass unter
    dem |Inkcn Sehlusselbein eine bedeutende Dämpfung bestand,
    nbwohl der Kranke durch einige Monate die Ruckenlage ein-
    nahm, sprach gegen die Plenritis, denn es stand zu erwarten,
    dass sich das Exsudal verruöge seiner Schwere in den unteren
    Partien angesiinilnelt hätte.

    Der Kranke bot das Bild einer ungemein schweren
    “fallen, die psychische Depression, Todesangsl, dann Dyspuoe,
    welche evidenl. durch das Wuchern der Neubiltlung in das
    Lungengewebe bedingt war, nahmen gar nicht mb.

    Auffallend war auch, dass nach der Function die Ham-
    menge bedeutend abgenommen hutte

    Vor der Operation schwankte die Diui'cse zwischen
    1000—650gr, sank dann in den emten 6 Tagen nach der
    Operation auf 700—400 gta

    Eine Vorwül.bung an der vorderen Fläche des Thorax
    war bei unserem Kranken nicht zu eonstatiren und dies hängt
    wahrscheinlich damit zusammen, dass der t'ragliche Tumor
    nicht eine cinlieiiliche‚ gleichmäßig naeh allen Richtungen sich
    ausdehnende Gaehwulst daistellte, sondern dass vielmehr
    hinter dem Sicmum grosse zusammenhängende Geschvrulst-
    massen wucherten und sieh in der Richtung gegen die Tmeheal-
    hifurcation erstreckten.

    Die Pulsbesehlcunigung erklärten wir uns durch die
    Parese der cardialen Vagusl'asern.

    Ein von Herrn Hofralh Eisalt beschriebener Fall wies
    ebenfalls diese Erscheinung auf: Die 42 Jahre alte Frau litt
    an Carcinom der rechten Lunge und reehtrseitiger enurlntiver