Eine Beziehung zwischen einem Symbol und einem Symptom 1916-003/1916.2
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    SEPARATABDRUCK =
    INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT FUR ARZTLICHE PSYCHOANALYS < ャ
    herausg. von Prof. S. Freud, redig. von Dr. S. Ferenczi, Dr. О. Rank u. Prof. E. Jones. Jee
    IV. Jahrgang 1916. Verlag von Hugo Heller & Co. in Leipzig und Wien, 1. Bauernmarkt 3
    Abonnementspreis ganzjährig M 18.— = К 21.60.
    2.

    Eine Beziehung zwischen einem Symbol und einem Symptom.
    Von Sigm. Freud.

    Der Hut als Symbol des Genitales, vorwiegend des minnlichen, ist durch
    die Erfahrung der Traumanalysen hinreichend sichergestellt. Man kann
    aber nicht behaupten, daß dieses Symbol zu den begreiflichen gehört. In
    Phantasien wie in mannigfachen Symptomen erscheint auch der Kopf als Sym-
    bol des männlichen Genitales, oder wenn man will, als Vertretung desselben,
    Mancher Analytiker wird bemerkt haben, daB seine zwangsleidenden Patienten
    ein Maß von Abscheu und Entrüstung gegen die Strafe des Kópfens äußern
    wie weitaus gegen keine andere Todesart, und wird sich veranlaBt gesehen
    haben, ihnen zu erklären, daß sie das Geküpftwerden wie einen Ersatz des
    Kastriertwerdens behandeln, Wiederholt sind Träume jugendlicher Personen
    oder aus jungen Jahren analysiert und auch mitgeteilt worden, die das Thema
    der Kastration betrafen, und in denen von einer Kugel die Rede war, welche
    man als den Kopf des Vaters deuten mußte. Ich habe kürzlich ein Zeremo-
    niell vor dem Einschlafen auflösen können, in dem es vorgeschrieben war,
    daB das kleine Kopfpolster rautenfórmig auf den anderen Polstern liegen und
    der Kopf der Schlafenden genau im langen Durchmesser der Raute ruhen
    sollte. Die Raute hatte die bekannte, aus Mauerzeichnungen vertraute Be-
    deutung, der Kopf sollte ein månnliches Glied darstellen,

    Es könnte nun sein, daß die Symbolbedeutung des Hutes sich aus der
    des Kopfes ableitet, insofern der Hut als ein fortgesetzter, aber abnehm-
    barer Kopf betrachtet werden kann. In diesem Zusammenhang erinnerte ich
    mich eines Symptoms der Zwangsneurotiker, aus dem sich diese Kranken eine
    hartnäckige Quälerei zu bereiten wissen. Sie lauern auf der Straße unaus-
    gesetzt darauf, ob sie ein Bekannter zuerst durch Hutabnehmen gegrüßt hat,
    oder ob er auf ihren GruB zu warten scheint, und verzichten auf eine Anzahl
    von Beziehungen, indem sie die Entdeckung machen, daß der Betreffende sie
    nicht mehr grüßt oder ihren Gruß nicht ordentlich erwidert. Sie finden solcher
    GruBschwierigkeiten, die sie nach Stimmung und Belieben aufgreifen, kein
    Ende. Es ändert an diesem Verhalten auch nichts, wenn man ihnen vorhält,
    was sie ohnedies alle wissen, daß der Gruß durch Hutabnehmen eine Er-
    niedrigung vor dem Begriifiten bedeutet, daß ein Grande von Spanien z. В. das
    Vorrecht genof in Gegenwart des Königs bedeckten Hauptes zu bleiben, und
    daß ihre GruBempfindlichkeit also den Sinn hat, sich nicht geringer darzu-
    stellen, als der andere sich diinkt. Die Resistenz ihrer Empfindlichkeit gegen
    solche Aufklärung läßt die Vermutung zu, daß man die Wirkung eines dem
    Bewußtsein weniger gut bekannten Motivs vor sich hat, und die Quelle dieser
    Verstärkung könnte leicht in der Beziehung zum Kastrationskomplex gefunden
    werden.

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