S.
Aus der Universitätsfrauenklinik in Giessen.
Dr. Heinrich Kayser, erster Assistenzarzt der Klinik: Ueber den
Einfluss des Salipyrins bei Gebärmutterblutungen. (Sonder-
abdruck aus der Deutschen Medicinischen Wochenschrift 1893,
Nr. 43.)
Das Salipyrin Riedel, welches aus Salicylsäure und Antipyrin
besteht, hat bekanntlich schon seit längerer Zeit den therapeutischen
Hilfsmitteln der inneren Kliniker angehört.
Was die Frauen anlangt, so hat Verfasser principiell
nur die Blutungen bei krebsigen Processen der Gebärmutter und
Geburts- resp. Abortblutungen ausgeschlossen, eine Ausschliessung,
welche sich schon aus dem therapeutischen Handeln in der
Klinik ergeben muss. Selbstverständlich konnte bei solchen Frauen,
bei denen es sich um besonders reichliche Blutungen und daraus
resultirende bedrohliche Anämie handelte, nur von einem kurzen
Versuch mit Salipyrin die Rede sein; dieser Versuch musste in
diesen Fällen — es sind deren drei — bald dem eingreifenden
Verfahren, der Abrasio der blutenden Gebärmutterschleimhaut,
weichen. Ob in diesen drei Fällen ein längerer Salipyrin-Gebrauch
die Blutung zum Stehen gebracht haben würde, mag dahingestellt
sein. Rechnet Verfasser diese drei Fälle zu Ungunsten des Sali-
pyrin, so kann er denselben aus der Zahl der anderen Fälle
füglich nur noch einen vierten anfügen.
Das sind vier Fälle, bei welchen das Salipyrin keinen Nutzen
gebracht hat. In den anderen zwölf beobachteten Fällen lässt sich
eine günstige Wirkung des Mittels nicht verkennen.
Es handelte sich um Blutungen bei Frauen im Alter von
28–48 Jahren. Die klinische Diagnose lautete in drei Fällen:
Metritis und Endometritis uteri, in zwei Fällen Stenosis orificii
interni mit consecutiver Metritis und Endometritis, in je einem
Falle Entzündung der Anhänge, alte Perimetritis resp. Retroflexio
uteri mit Endometritis hämorrhagica resp. endlich Myoma sub-
mucosum. In allen diesen Fällen konnte eine recht gute Wirkung
des Salipyrins bezüglich Dauer und Stärke der Menses beobachtet
werden, Schmerzen, soweit solche mit den Blutungen in Zusammen-
hang standen, wurden durch Salipyrin niemals beeinflusst. Bei vier
der Patientinnen war die Wirkung eine nachhaltige, die fünfte PatientinS.
klagte später wieder nach Aussetzen des Salipyrins über dieselbe
Stärke und Dauer der Blutungen.
Nach diesen Beobachtungen glaubt Verfasser dem Salipyrin
einen gewissen günstigen Einfluss auf die Gebärmutterblutungen
zusprechen zu dürfen, indem letztere durch das Mittel bezüglich
ihrer Stärke und Dauer, soweit sie mit der Menstruation in Zu-
sammenhang stehen, eine Einschränkung erleiden; Blutungen, welche
nicht an die Periode gebunden sind, hörten, falls es sich nicht um
solche bei krebsigen Processen oder grösseren Tumoren und
Geburts- und Abortblutungen handelt — hierüber liegen keine
Untersuchungen vor — nach längerem Salipyrin-Gebrauch auf.
Schmerzen, welche bei den Menses und bei den Blutungen über-
haupt vorhanden sind, werden durch das Mittel nicht beeinflusst.
Einen besonderen Werth scheint das Mittel bei den Blutungen,
welche dem Climacterium häufig vorangehen, zu besitzen. Eine
Dauerwirkung des Salipyrins lässt sich bis jetzt noch nicht mit
Sicherheit feststellen.
Um namentlich über letzteren Punkt in's Klare zu kommen,
bedarf es noch vielfacher Untersuchungen. Die Empfehlung des
Mittels ist aber um so eher angezeigt, als beim Gebrauch desselben
bis jetzt üble Nebenwirkungen noch nicht beobachtet sind. Ver-
fasser hörte nur zwei Patienten über etwas Sausen vor den
Ohren und Glockenläuten sich beschweren, Klagen, die übrigens
bei den grösseren Blutverlusten auch durch diese ihre Erklärung
finden können.
Was die Dosirung des Mittels anlangt, so möchte Verfasser
nach diesen vorläufigen Untersuchungen pro dosi 1, pro die 3 g
empfehlen. Man beginnt die Darreichung bei menstruellen Blutungen
am besten tags vor oder mit dem Eintritt der Menses.
Das Mittel wird in Pulverform oder auch recht praktisch
in der Form der Tabilettae compressae wie sie von Dr. KADE (Berlin)
dargestellt werden, gegeben.
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bsb11506712
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