Rezension von: Koch, J[ulius] L[udwig] A[ugust] ›Das Nervenleiden des Menschen. Zur Belehrung, zu Rat und Trost‹ 1895-203/1895
S.

J. A. K. **Koch**: Das Nervenleiden des Menschen. Zur
Belehrung, zu Rath und Trost. Verlag von Otto Maier, Ravensburg, 1895.

Ein gewiss ernsthaft gemeintes und warm empfundenes Büchlein, für
den Laien wohl nicht aufklärend genug, für den Fachmann befremdend durch
consequente Religiösität, die vor dem dualistischen Gegensatz von Leib und
Seele und vor der Aufhebung des Determinismus nicht zurückscheut. In der
Aetiologie der Nervosität steht demnach an erster Stelle die «Gottes-
freundung der Seelen» und ebendort muss auch der Einwand berück-
sichtigt werden, dass selbst «der frommste Christ nervenleidend
werden kann». Mit dem «Trost», den der Titel des Buches verspricht,
wird man also auf die Religion verwiesen? Die «Belehrung» besteht in der An-
leitung, alle jene Störungen der seelischen Leistung, die nicht volle Psychosen
sind (die Unterscheidung dieser Beiden wird übrigens nicht gelehrt) mit dem
schlecht klingenden und schlecht passenden Namen «**psychopathische Min-**
**derwerthigkeit**» zu bezeichnen. Am wenigsten wäre gegen den, an ver-
schiedenen Stellen refránartig wiederholten «Rath» einzuwenden, der lautet:
**Man gehe zum Arzte!**

Sigm. Freud.