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Physiologie der Sinne.
V.Urbantschitsoh.Ueber den Einfluse von Trigeminusreizen auf den Tast-
Temperatursinn der Gesichtshaut (Pflüger's Arch. XLI, 1887, S. 46).
Bei Personen, welche an Erkrankungen des Mittelohres leiden,
beobachtet man auffallend häufig (in mehr als der Halte der zur
Untersuehung unter allen Cantelen brauchbaren Falle) eine eránde
rung in der Emptindlichkeit der Gesichtshaut auf der Seite der Or
erkrankung. Diese Veränderung besteht häufiger in einer Herabsetzung,
seltener in einer Steigerung der Empfindlichkeit im Vergleich mit der
gesunden Seite, erstreckt sich auf die Tast-, Druek- und Temperatur-
empfindung. zeigt sich am deutlichsten an der üusseren Haut des
Ohres selbst, ferner an Wange, Stirn und Unterkieter und wird gegen
die Medianlinie hin geringfugig. Während der Behandlung oder nach
Heilung des Mittelohrleidens macht die veränderte Empfindlichkeit
der normalen Platz, und zwar gesehieht diese Wiederherstellung Fon
der Medianlinie her gegen die Ohrgegend hin. Die Sensibilitäts-
sehwankungen der einzelnen »fficirten Hautstellen können sich un-
abhängig von den Veründerungen der Empfindlichkeit an ibnen nahe
gelegenen Stellen vollzielen. Bei Prüfung der Druckempfindlichkeit
erwies es sich U. als zweckmässig, auf die taktilen Nachempfindungen
zu achten, welehe als primäre oder als secundäre auftreten und bei
Ohrenleiden gleichfalls Unterschiede vom normalen Verhalten zeigen.
Die Prüfung auf Temperaturempfindlichkeit stellte U. in der Weise
an, dass er bestimmte,_bei welcher Temperatur das zur rütung aur
die Haut aufgesetzte Instrument nicht mehr die Empfindung des
Lauen und noch nicht die des Kühlen hervorrief. Der Unterschied in
der Temperaturempfindung beider Seiten zeigte sich dabei abhängig
Von den zur Prüfung Verwendeten Temperaturgraden. Der Autor
schliesst aus seinen ausführlich mitgetheilten Beobachtungen, dass
entzündliche orgänge im Alittelohr den Tast und Temperatursinn
der Haut erheblich zu beeinfussen vermögen. Dies erfolge auf dem
Wege des Reflexes vom 'Trigeminus aus auf die Tast- und Temperatur
centren. (Bichtiger wäre es zu sagen, auf dem Wege der , Bahnung
und Hemmung, denn die Bezeichnung ,Reflex"_ ist für eine Wechsel-
wirkung zwischen centrifugalen und centripetalen Bahnen zu reserviren.)
Reizungen der sensiblen Mittelohrnerven durch Lutteintreibung, Ein
tiührung von Bougies in das Mittelohr ete. ergeben auch stets eine
füchtige Steigerung in der Empfindlichkeit der vorher minder empfind-
lichen Gesichtshaut der afficirten Seite. Sigm. Freud (Wien).
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