S.

VII. Jahrgang.
Wien, 8 October 1893.
Nr. 41.

„Internationale Klinische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag
in einem Umfange von 1 bis 11/2 Druckbogen. Pränumerations-
preis für den Jahrgang (52 Nummern) in Oesterreich 16 fl.
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handlungen an. In Wien selbst ist die „Internationale
Klinische Rundschau“ direct, bei Herrn Alfred
Holder, k. u. k. Hof- und Universitäts-
Buchhändler, I., Rothenthurmstrasse 15, sowie in der
Administrationskanzlei der „Internationalen
Klinischen Rundschau“ I., Lichtenfelzsgasse 9, zu
beziehen. Für das Ausland erbitten wir, die Abonnenten,
sich direct an Herrn Alfred Holder,
„Intern. Klin. Rundschau“ Wien I, Rothenthurmstr. 9,
zu wenden. 

INTERNATIONALE
KLINISCHE RUNDSCHAU

Centralblatt für die gesammte praktische Heilkunde, sowie für die Gesammtinteressen der ärztlichen Standes.
Debit Alfred Holder, k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien, I. Rothenthurmstrasse 15.


INHALT: Originalartikel, Berichte aus Kliniken und Spitälern. Epilepsie, Syphilis und Tuben. Von Dr. Paul Bloq, Laboratoriums-Vorstand an der
Sapêtrière, in Paris. — Aus der therapeutischen Klinik des Prof. Dr. M. Semmola in Neapel. Aetiologie, Pathogenese und Behandlung der
Pneumonie. Von Dr. Nicola Perone in Neapel. (Fortsetzung.) — Besprechungen. Die neueste Auflage der „Arzneimittellehre“ von Dr. B. Krijes. — Die wichti-
gen klinisch-wissenschaftlichen Notizen. Bericht über die 65. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Nürnberg. Prof. Ferdinand
Hueppe: Ueber die Ursachen der Gährungen und der Fäulnisserscheinungen. Prof. Carl Weigert: Ueber die anatomischen Ursachen der Lungenphthise.
Prof. C. A. Ewald: Ueber diagnostische Studien zur Choleratrage. Herausgegeben von S. Stricher. — Kosmetik für Aerzte. Dargestellt von Dr.
Heinrich Fuschka, Docent an der Wiener Universität. — Correspondenzen. I. Ueber Tuberculose. II. Galdermacher-Apparat. III. Briefkasten. — Gerichts-
arzt von Dr. W. Böhme. — Hausmittel von Dr. H. Wartenberg: Beitrag zur Behandlung der chronischen Kehlkopfkatarrhe. — Präfard. Ueber den
Einfluss der Körperlage gegen eine Lappenpneumonie. — Dreyfus-Brisac. Zur Behandlung der Influenza. — Dr. Mauclaire (Paris). Ueber die Bedeutung
der Tuberculose für die klinische Chirurgie. — Dr. V. Gürgevska (Constantinopel). Ueber die Malariabehandlung bei der Verkleinerung der Milz. — Baillie.
Ueber Luftröhren- und Tonsillenkränken. — Wieschank. — Maxard Morhon: Ueber den Einfluß der Specifica auf die syphilitischen Affectionen des
Ohres. — Dr. T. C. R. (Paris): Ueber einen Fall von Carcinom des Uterus und der Scheide. — Dr. Antonio Dalli (Mailand). Ueber Arsenik auf den
experimentellen Diabetes. — Bavaidi: Ueber einen Fall von Akromegalie mit Autopsie. — Laurello (Mailand): Ueber die den Kommaßbacillen ähnlichen
Bacterien in Fäcesgemischen und deren Behandlung. 
Beilage: «Therapeutische Blätter» Nr. 1893.
 


Originalartikel, Berichte aus Kliniken und Spitälern.

Epilepsie, Syphilis und Tuben.*)

Von
Dr. Paul Bloq,
Laboratoriums-Vorstand an der Salpêtrière in Paris.

Die Patientin, deren Krankengeschichte ich jetzt mit-
theilen will, ist von sehr grossem geschichtlichem und interessantem
Schul-Interesse. Charakteristisch bei den Affectionen, die wir bei
dieser Patientin zu einander zugesellt haben, verdienen be-
sondere Beachtung bei der Beleuchtung klinisch
ihrer permanenten Vorkommens zu anerkennen, so wie gewissen eige-
einer besonderen Art der Darstellung von Syndromen,
einer besonderen Aufgabe zukommen,
nut den Doctrinalien so wie auch aus den therapeutischen Be-
aus dem dogmatischen
zweifellos ergeben wird.
Frau X ... im 58. Jahre, wird von mir zu einer
Consultation am 5. April 1893 mit meinem Collegen
Dr. J. C. Krijes, aus Neuilly-sur-Perret, zugewiesen. Patientin
steht unter Beobachtung.
Unter den hereditären Antecedentien entdecke ich nur
allgemeine und nichts Besonderes, ausser einem Falle
mit Geistesruhe. Die Patientin nennt übrigens ihre Familie
nur unvollkommen.
Die Patientin selbst bot seit ihrem vierzehnten Lebens-
jahre, der Zeit, zu der sie zu menstruiren begann, epileptische
Krisen dar.
Die Epilepsie war charakterisirt durch Geistesabwesenheit,
stotternde und starke Convulsionskrisen. Diese periodisch
sich über einige Zeit hinweg ansammelnden und zwar verhält-
gewann nicht lange mehr.

Seit einer sehr langen Zeit, die sie nicht näher bestimmte,
sich bei ihr eine besondere Erscheinung heraus, welche
in die Kategorie der Synkopes episodiques der hereditären
von Prof. MAGNAN gehören. Diese Erscheinungen
wurden in unzweifelhaften Fällen namentlich an Agaropho-
von ihm selbst beobachtet.
Im Jahre 1878 – vor 15 Jahren – acquirirte sie Syphilis,
die sich durch die gewöhnlichen Symptome kund gab, wie
z. B. Plaque muquense, Alopecia u. s. w. Seit dieser Zeit
leiden die Syphilispatienten selten an ihren Krankheiten
wenn sie nicht mehr als fünf Jahre alt sind, davon zeigten
eine wenigstens schwache Linderung.
Im November 1891 bekam sie eine durchaus charakteri-
stische, nächtliche Cephalalgie, die sich über einige Zeit mit
Diplopie complicirte. Sie unterzog sich hierauf einer inten-
siven Behandlung, machte mercurielle Inunctionen, von einem
Jodekalium innerlich, und nach dem Einflusse dieser Behandlung
schwanden diese Symptome nach Ablauf von ungefähr zwei
Monaten.
Die specifische Behandlung wurde nichtsdestoweniger dies-
mal während eines Zeitraumes von vielen Wochen kräftig fort-
gesetzt, so dass fast zwölf Monate nach dieser Be-
handlung aufgegeben hatte. Im Juni 1892 – traten die
ersten Zeichen der Geisteserkrankung auf, deren wegen sie unserem
Institut zugeführt hat.
Zuerst wurde die Kranke von blitzartigen Schmerzen er-
griffen und darauf bot sie die Erscheinungen von Taubesinn
in den untern Extremitäten dar; endlich wurde sie von einem
paroxysmischen Anfall erfasst und hierüber beim Herantritt
des Arztes, der nur beschwerlich war, immer schwerer und
schwerer.
 

*) Vertrag, gehalten auf der Sitzung der Clinik und der Therapeutik
94. Mai 1893. Mitgetheilt von Leon Leisewitz.
16. August 1893. Mitgetheilt von Leon Leisewitz.